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Riesenräder und Visibilität

17.10.2011  |  Robert Rethfeld
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Ende September 2011 fand in Wien der "Kongress zur Österreichischen Schule der Nationalökonomie" statt. Anlässlich einer Abendveranstaltung wurde der Saal für uns geöffnet, in dem die Tanzveranstaltungen des Wiener Kongresses durchgeführt wurden (heute befinden sich dort die Räumlichkeiten der Wiener Capitalbank). "Der Kongress tanzt“ ist ein geflügeltes Wort aus der damaligen Zeit. Marschall Blücher soll die damaligen Verhandlungen mit den Worten charakterisiert haben: "Der Kongress gleicht einem Jahrmarkt in einer kleinen Stadt, wo jeder sein Vieh hintreibt, es zu verkaufen und zu vertauschen".

Genauso würde es sich im Falle der Auflage eines "Wiener Finanz-Kongresses" verhalten. Politik ist hauptsächlich die Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Das Abschneiden eines größeren Kuchens bleibt dem Verhandlungsgeschick überlassen.

Angesichts der Klagen über die hohe Verschuldung oder den "Moral Hazard" der Zentralbanken (z.B. Aufkauf von spanischen bzw. italienischen Staatsanleihen) sollte man sich an Bert Brecht erinnern: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Je mehr der Druck der Finanzmärkte auf die Politik steigt, desto weniger spielt die Moral eine Rolle. Moral wird als erstes geopfert. Die Fed kauft, die japanische Zentralbank kauft, und auch die EZB wird im Falle des Falles mehr Anleihen kaufen. Sehr viel mehr.

Man sollte seine Gedanken nicht einengen. Geld ist virtuell. Geld sind Zahlen auf Bankkonten bzw. einige wenige Papierschnipsel. Geld ist kein Versprechen. Geld kann in beliebiger Höhe erstellt werden, begrenzt allein durch den Willen der für die Geldpolitik Verantwortlichen. Demjenigen, der glaubt, eine Zentralbank könne pleite gehen, sei gesagt: Dies ist zwar theoretisch denkbar, nicht aber praktisch. Dann werden eben ein paar Regeln geändert oder es wird eine neue Institution geschaffen, die die EZB auffängt.

Auch gilt: Es ist das eine, Inflation oder gar Hyperinflation in einzelnen Staaten zu erzeugen (Zimbabwe, Argentinien, Türkei). Es ist etwas völlig anderes, eine solche Hyperinflation im gesamten EU-Raum auftreten zu lassen. Japan ist ein Beispiel dafür, wie selbst eine 50-Prozent-Finanzierung des Staatsbudgets ausschließlich aus der Neuverschuldung nicht zu hohen Inflationsraten führt.

In unserer Wochenend-Kolumne vom 24. September http://tinyurl.com/5tefukm postulierten wir "einen ersten wichtigen Tiefpunkt in zeitlicher Nähe". Die US-Indizes markierten ihre Tiefpunkte am 4. Oktober, der DAX konnte am 4. Oktober bereits ein höheres Tief erzielen. Am Abend des 5. Oktober schrieb ich meinem Geschäftspartner Alexander Hirsekorn die folgende E-Mail: "Ich habe heute zum ersten Mal das Gefühl, dass der Markt hier bullish werden könnte. Schau Dir mal an, wie der S&P 500 steigt. Nicht hektisch, sondern stetig.

Bullentrends lassen die Investoren hinein, so war es heute mittag in den USA. Bei Markteröffnung zwischen 15:30h und 16:00h gab es ein Doppeltief, der bequem zum Einstieg einlud. In hektischen Phasen zuvor gab es ein Gap up oder ähnliches, man kam nicht herein. Versorger fallen, Telekoms fallen, Consumer Discretionary fällt (alles defensive Sektoren). Nasdaq zeigt relative Stärke. Was sein kann: Die Märkte steigen den "Wall of Worry" - durchaus langsam, aber kontinuierlich. Wenn ab 20:00h nicht mehr abverkauft wird, ist dies ein gutes Zeichen."

Am 6. Oktober vor Börsenöffnung veränderten wir unsere Markteinschätzung für die Aktienmärkte von neutral auf bullish. Es war das erste Mal in 2011, dass wir einen „Case“ für eine positive Entwicklung aufbauen konnten. Damit hält unsere Serie, wonach wir in den vergangenen fünf Jahren jeden wichtigen unteren Wendepunkt korrekt identifiziert haben.

Unser Late Day Index hilft bei der Beurteilung der Lage an den Aktienmärkten. Ende September bildete sich gegenüber Mitte August ein höheres Tief aus.

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Die Käufe ab 20:00h signalisierten das Interesse des smarten Geldes am Wiedereinstieg.

Wie geht es jetzt weiter? Gibt es Anzeichen dafür, dass es sich bei der aktuellen Rallye lediglich um eine Bärenmarktrallye handelt? Die gibt es. Auffällig ist das geringe Handelsvolumen im Anstieg. Die Märkte klettern die Mauer der Angst, ohne dass großartig zugegriffen wird. Wir hatten am 6. Oktober für den S&P 500 einen Zielbereich von 1.250 bis 1.260 Punkten angegeben. Davon ist der Index noch etwa 30 Punkte entfernt.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass sich die Märkte spätestens im ersten Halbjahr 2012 nochmals Richtung Süden bewegen werden. Das August-Tief sollte getestet werden.

Und wenn es so läuft wie in den vergangenen Jahrhunderten, dann sollte der "Nach-Jahrhundertwende-Pessimismus" der vergangenen 11 Jahre spätestens zur Mitte der laufenden Dekade einer optimistischen Grundeinstellung weichen. Verfolgen Sie die Entwicklung der Finanzmärkte in unserer handelstäglichen Frühausgabe.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de



P.S.: Wir schauen hinter die Märkte und betrachten diese mit exklusiven Charts! Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.



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