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Die vergebliche Suche nach dem stabilen Wert

05.08.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Wer kennt ihn nicht: den Wunsch nach einem stabilen Wert, nach einer Anlageform, die ihren Wert über die Zeit bewahrt? Ein Wert, der nicht vom Auf und Ab der täglichen, minütlichen, oder gar sekündlichen Wertfeststellung auf den Finanzmärkten abhängt. Ein Wert, auf den man sich verlassen kann, der überdauert. Doch eben dieser Wunsch, so menschlich und verständlich er auch sein mag, ist nicht erfüllbar, er ist unerreichbar. Nicht einmal durch das Halten von Gold lässt er sich erfüllen.

Es gibt nämlich schlichtweg keinen unveränderlichen Wert. Diese Erkenntnis erschließt sich, wenn man sich zwei Aspekte vor Augen führt, die untrennbar mit dem menschlichen Daseins verbunden sind: (1) Der Mensch handelt, und zwar fortwährend, ein "Nicht-Handeln" ist für ihn (denk-)unmöglich; und (2) der Wert ist immer und überall subjektiv, d. h. der Wert wird immer und überall individuell bestimmt, er entsteht gewissermaßen im "Auge des Beschauers". Diese (zugegebenermaßen philosophisch anmutenden, jedoch unverzichtbaren) Überlegungen sollen im Folgenden näher betrachtet werden.

Menschliches Handeln bedeutet, ganz allgemein gesprochen, das Ersetzen eines Zustandes durch einen anderen Zustand; es bedeutet, das eine zu tun und das andere zu lassen. Menschliches Handeln ist also ständiges (Aus-)Wählen zwischen Alternativen. Die Aussage, dass der Mensch handelt, ist dabei eine logische Erkenntnis, die sich nicht widerlegen lässt: Man kann nicht argumentieren, dass der Mensch nicht handelt. Denn würde man verneinen, dass der Mensch handelt, so wäre das ja bereits ein Akt des menschlichen Handelns - und man hätte sich selbst widersprochen. Die Erkenntnis, dass der Mensch immer und überall handelt - ob er nun handelt, indem er etwas tut, oder ob er handelt, indem er sich entscheidet, etwas nicht zu tun -, ist nicht nur unumstößlich wahr, sondern sie hat auch weitreichende praktische Folgen.

Denn die (logische, nicht widerlegbare) Erkenntnis, dass der Mensch handelt, bedeutet gleichzeitig auch, dass sich seine Vorlieben, seine Urteile und vor allem auch seine Reaktionen auf sich verändernde Lebensumstände und -bedingungen fortwährend ändern. Dass der handelnde Mensch immer in gleicher Weise handelt und reagiert, ist (logisch) nicht denkbar. So zu denken, würde bedeuten, dass das menschliche Handeln einer perfekten Voraussicht unterliegt, dass es also so etwas wie Unsicherheit über künftige Er-eignisse nicht gibt.

Doch die Vorstellung perfekter Voraussicht (das Nichtvorhandensein von Unsicherheit) ist denkunmöglich: Denn gäbe es so etwas wie perfekte Voraussicht (also eine Welt ohne Unsicherheit), so könnte der Mensch nicht handeln: Alles Künftige wäre vorgegeben und könnte nicht durch menschliches Handeln - also die Wahl, das Eine zu tun und das Andere nicht zu tun - beeinflusst werden. Doch, wie vorangehend erläutert, es ist eben nun einmal nicht denkmöglich, dass der Mensch nicht handelt. Unsicherheit ist folglich eine Kategorie der Logik des menschlichen Handelns. Stimmt man zu, dass der Mensch handelt, so gelangt man auch zu dem Schluss, dass es so etwas wie einen stabilen Wert nicht geben kann.


Wert

Wert ist eine subjektive Kategorie. Ob ein Kunstwerk als schön oder nicht schön empfunden wird, ob ein Buch als wertvoll oder wertlos angesehen wird, obliegt allein dem Betrachter. Keine Sache, kein Ding hat so etwas wie einen "Wert an sich". Ob etwas einen Wert hat, hängt allein davon ab, ob es jemanden gibt, der einer Sache oder dem Ding einen Wert beimisst. Und jemand wird einer Sache oder einem Ding einen Wert beimessen, wenn sie ihm aus seiner persönlichen Sicht heraus einen Nutzen stiftet. Mit anderen Worten: Der Wert bestimmt sich stets aus dem Nutzen, dem eine Sache jemanden stiftet.

Dies gilt natürlich und gerade auch für das Geld. Die Anzahl der Geldeinheiten, die für ein Gut auf einem Markt gezahlt werden, ist nichts anderes als Ausdruck der subjektiven Werte, die ihnen die Handelnden beimessen. So zeigt zum Beispiel ein vollzogener Tausch bei einem Marktpreis für 1.400 USD pro Feinunze Gold, dass für den Käufer die Feinunze Gold mehr Wert war als 1.400 USD, und dass sie für den Verkäufer weniger Wert war als 1.400 USD. Jeder tauschte das ein, was er als weniger wertvoll empfand, und erhielt dafür das, was er als wertvoller erachtete.




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