“Market Corner“: Wie der Goldmarkt beherrscht wird
13.08.2013 | Theodore Butler
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Obgleich es dem größten konzentrierten Gold-Long-Trader, JP Morgan, gelungen war, die Einführung von Obergrenzen für Spekulativpositionen (das einzige bislang bekannte Heilmittel gegen marktdominante Positionierung) zu untergraben, so haben wir doch eine ganz gute Vorstellung davon, was die CFTC als maximal zulässigen Marktanteil für einen einzelnen Akteur betrachtet. Die Behörde hatte eine Formel vorgeschlagen, der zufolge ein einzelner Trader nicht mehr als 2,5% bis 3% an den großen Terminmärkten halten sollte, bis diese Regelung per Gerichtsbeschluss unterbunden wurde. Aus diesem Grund hält JP Morgan jetzt eine konzentrierte Position am COMEX-Gold-Terminmarkt, die mindestens zehnmal so groß ist wie die von der CFTC vorgeschlagene Positionsobergrenze. Da die Namen der einzelnen Trader nicht in den COT oder Bank Participation Reports angegeben werden, könnte man nun behaupten, dass JP Morgan nicht die Bank ist, die den COMEX-Goldmarkt durch eine dominante, marktbewegende Position manipuliert. Aber auch das wäre nicht entscheidend, denn irgendjemand manipuliert den Markt auf diese Weise. Nach Bereinigung der Marktanteile (nach Abzug der Spread-Positionen) vereinen die vier größten Trader insgesamt fast 42% des COMEX-Gold-Futures-Marktes auf sich.
Auch wenn man eine Gleichverteilung dieses tatsächlichen Netto-Marktanteils von 42% auf die vier größten Trader unterstellen würde - also rund 10% auf jeden einzelnen Trader - dann würden auch diese Einzelpositionen für sich betrachtet immer noch marktdominierende, manipulative Positionen - “market corners“ - darstellen. Dann müsste man auch ganz eindeutig von geheimen Absprachen unter diesen Akteuren ausgehen, weil diese Positionen gleichzeitig etabliert wurden. Sollte JPM tatsächlich nicht jenen 25%igen Marktanteil halten, dann müsste dem Management JP Morgans unverantwortliches Handeln gegenüber den eigenen Aktionären vorgeworfen werden, weil sie ungestraft Manipulationsanschuldigungen gegen ihr Unternehmen durchgehen ließen.
Und schließlich noch Folgendes: Die Tatsache, dass JP Morgan seit Dezember am Comex-Goldmarkt von einer “Short-Market-Corner“ zur derzeitigen “Long-Market-Corner" übergewechselt hat, straft auch alle Behauptungen der Bank Lügen, sie würde nur im Auftrag ihrer Kunden Absicherungsgeschäfte betreiben. Welche Art von Absicherung könnte es wohl erforderlich machen, dass man eine “Short-Corner“ des Marktes innerhalb von neun Monaten in eine “Long-Corner" verkehrt?
Derartige Marktmanipulationen sind von sehr großer Bedeutung; sie dienen ja nicht ohne Grund auch als markthistorische Meilensteine. Hinsichtlich des kontrollierenden Marktanteils ähnelt die aktuelle “COMEX-Gold-Corner" in vielerlei Hinsichten vergangenen Marktmanipulationen dieser Art; die bestehenden Unterschiede machen die aktuelle “Gold-Corner" aber zu etwas ganz Besonderem. So endeten zum Beispiel alle bisherigen “market corners“ noch bevor die Welt erfuhr, dass der betreffende Markt tatsächlich auf diese Weise gelenkt wurde. Alle bisherigen “corners" mussten im Nachhinein öffentlich rekonstruiert werden. (Falls ich mit meiner Einschätzung der Situation nicht völlig daneben liege) haben wir in diesem Fall aber Logenplätze mit Blick auf eine “market corner“, die sich vor unseren Augen in Echtzeit ereignet. Das ist eine unglaubliche Besonderheit.
Bei JP Morgans aktueller “market corner” gibt es auch noch einen anderen großen Unterschied: Er tritt deutlich und nachweisbar aus den eigens von der CFTC veröffentlichten Daten hervor. Meinem Wissen nach existierten zu Zeiten der Hunt-Brothers-Silbermanipulation noch keine COT und im Fall der Sumitomo-Kupfermanipulation erfolgte der Handel meist über die LME und nicht über die COMEX. Die aktuell von JP Morgan betriebene “Gold-Corner“ ist nicht aufgrund von zugespielten Geheiminformationen in die Diskussion geraten, sondern aufgrund von Daten, die von staatlichen Organisationen regelmäßig veröffentlicht werden. Sagen wir, wie es ist: Ich könnte gar nicht mehr Outsider sein, als ich es bin.
Die “market corners“ der Vergangenheit zeichneten sich dadurch aus, dass sich normalerweise Aufsichtsbehörden auf der einen Seite und außenstehende Spekulanten oder Einzeltrader auf der anderen gegenüberstanden. Soweit ich mich erinnern kann, wurden “market corner" niemals in einem Umfeld aufgelöst, in dem Sektor-Insider und vor allem die Börsen mit der CFTC im Konflikt standen. Normalerweise standen die Aufsichtsbehörden, die Börsen und die Sektor-Insider alle auf einer Seite und die der Marktmanipulation Beschuldigten (wie die Hunt Bros) auf der anderen Seite. Bei der aktuellen “market corner” durch JP Morgan, trägt die COMEX (die sich im Eigentum der CME Group befindet) im Grunde genauso viel Schuld an den Entwicklungen, da sie diese zuließ. Falls die CFTC gegen JP Morgan vorgehen würde, ergäbe sich also eine ganz andere, bislang nicht dagewesene Konstellation.
Es steht außer Frage, dass die Kursmuster der letzten neun Monate immens einträglich für JP Morgan waren. Eine “short-corner” am Goldmarkt bei 1.700 $ und jetzt, nach mehreren hundert Dollar Verlusten, eine “long-corner“! Reiner Zufall oder schwerwiegende Indizien für Manipulation? Entweder ist JP Morgan unter den Trading-Institutionen der größte Glückspilz der Geschichte, oder die Bank übt unzulässige Kontrolle auf den Goldmarkt (und den Silbermarkt) aus. Dass Marktmanipulationen dieser Art mehrfach durchgeführt wird, hat es noch nie gegeben; und dennoch zeigen die Daten, dass JP Morgan genau das gemacht hat und macht.
Überhaupt keine Glückspilze waren hingegen die Opfer der wiederholten Manipulationen durch JP Morgan. Die Opfer der erfolgreichen “Short-Corner“ des Goldmarktes sind in erster Linie in der Gold-Bergbauindustrie zu finden: Aktionäre, Angestellte und alle anderen, denen durch vorsätzliche Abwärtsmanipulation der Kurse Schaden entstand, einschließlich Metallinvestoren sowie Regionen und Staaten, die von den Steuereinnahmen abhängig sind. So viele Geschädigte mit so wenigen Nutznießern.
Eine zentrale Frage ist, warum die CFTC nicht auf die deutlichen Indizien reagiert, die zeigen, dass JP Morgan den Goldterminmarkt durch dominante Marktpositionierung manipuliert. Eine Erklärung (zu der ich lange Zeit tendierte) ist, dass die Behörde nicht weiß, wie sie die von ihr veröffentlichten Daten interpretieren soll. Ich habe ihnen allerdings eine "Malen-nach-Zahlen"-Anleitung für die Interpretation ihrer eigenen Daten gegeben.