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Clive Maund: Unsicherheit und gefährliche Muster

01.12.2011  |  The Gold Report
- Seite 2 -
Clive Maund: Wenn der Markt, in diesem Fall der Edelmetallsektor, nach einem großen Aufwärtstrend anfängt, seitwärts zu tendieren und dabei einen Reihe immer breiterer Schwünge vollzieht - was beim AMEX, Gold BUGS und den PHLX Gold/ Silver- Indizes der Fall war - dann sollte man am besten einfach zitieren, was Robert D. Edwards und John Magee dazu geschrieben haben - die Autoren der "Bibel" der technischen Analyse "Technical Analysis of Stock Trends". Zitat:

"Steht das 'Symmetrische Dreieck' für ein Bild des 'Zweifels', das auf Klärung wartet, und das 'Viereck' für ein Bild des kontrollierten 'Konflikts', so könnte man sagen, dass eine sich ausweitende Formation (broadening formation) für einen Markt steht, dem intelligente Unterstützung fehlt und der außer Kontrolle geraten ist - in der Regel beschreibt das also eine Situation, in der die 'allgemeine' Investorenschaft wilden Gerüchten ausgesetzt ist, von ihnen abhängt und von ihnen durchgeschüttelt wird. Wir sagen aber nur, dass diese Formierung einen solchen Markt nahelegt! Manchmal lassen sich solche ausweitenden Kursmuster auf genau diese Marktbedingungen zurückzuführen, manchmal jedoch bleiben die Gründe hierfür unklar oder unauffindbar.

Aber die Tatsache, dass derartige Chart-Bilder im Regelfall immer nur gegen Ende eines langen Bullenmarktes oder in seiner finalen Phase auftauchen, verleiht unserer Charakterisierung dieser Muster Nachdruck. Nach 20 Jahren Chart-Analyse, und der Beobachtung der Folgereaktionen auf diese ‚Broadening Patterns‘, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass sie definitiv bärische Wirkung haben. In einer solchen Situation nähert sich der Markt - auch wenn weitere Kursgewinne nicht ausgeschlossen sind - einer gefährlichen Phase an. In Märkten, die einen solchen Chart aufzuweisen haben, sollte man keine neue Engagements (Käufe) eingehen und alle vorhergehenden Engagements sollten bei der erstbesten Gelegenheit sofort umverteilt oder liquide gemacht werden."


The Gold Report: In Ihrer These vom Niedergang der Weltwirtschaft spielt auch die US-amerikanische Politik eine Rolle. Auf clivemaund.com schrieben Sie: "[Amerikanische] Politiker beugen sich dem öffentlichen Druck dahingehend, dass man den Forderungen, die Defizite müssten nun ernsthaft angegangen werden, Gehör schenkt. Damit sind auch die Grundvoraussetzungen für eine ökonomische Implosion gegeben." Wenn Sie in der Fed oder der Obama-Administration säßen, mit welchen Maßnahmen würden Sie eine "ökonomische Implosion" abwenden?

Clive Maund: Ich würde genau dieselben Maßnahmen ergreifen, die bisher unternommen wurden - also Zeit schinden, Probleme auf die Zukunft abwälzen, in der Hoffnung, dass irgendein anderer Depp, das noch größere Chaos ausbaden wird. Bisher war das die politische Agenda; und die nukleare Option - also die Rückführung der Defizite - wird nur in Betracht gezogen, weil die Politiker dahingehend immer stärker den Druck der Wählerschaft zu spüren bekommen. Der beste Weg zur Vermeidung einer solchen Implosion: Man hätte überhaupt gar nicht erst zulassen dürfen, dass diese Schuldenberge unbeherrschbar werden. Aber dazu hätte es Beschränkung und Opfern bedurft, etwas, auf das man damals nicht eingestellt war. Man wollte die "Party jetzt und hier", zum Teufel mit den späteren Konsequenzen. Jetzt rutschen sie, oder besser gesagt wir, in das tiefe Loch, das sie für uns gegraben haben.


The Gold Report: Könnte es noch eine Neuauflage von QE geben - also QE 3?

Clive Maund: Ja, könnte es. Aber damit wird nur eine inflationäre Depression geschaffen, der später sowieso eine deflationäre Depression folgen wird. Man nimmt die Verantwortung dann wieder nicht auf sich; man ließe die deflationären Kräfte nicht zur Entfaltung kommen, damit sie die notwenigen Aufräumarbeiten machen. Letztendlich wird sich die Deflation aber durchsetzen, ob man will oder nicht. Die politischen Entscheidungsträger versuchen, Wasser im Sieb zu tragen! Die Ökonomien sind derart geplagt von den Verzerrungen, die mit exzessiver Verschuldung und exzessiv niedrigen Zinssätzen einhergingen, dass man so viel Geld drucken kann, wie man will: Man wird die Wirtschaft nicht mehr aus dem Dreck ziehen.


The Gold Report: Das zur wirtschaftlichen Situation in den USA. Schauen wir auf Europa. Die Umlaufrenditen für eine 10-jährge Staatanleihe Italiens sind jetzt auf über 7% gestiegen, Spanien konnte jüngst nicht sein angestrebtes Auktionsvolumen erreichen, weil die Finanzierungskosten stiegen. Zusatzrendite-Investoren fordern 10-jährige Anleihen aus Frankreich, Belgien und Österreich, anstatt deutsche Bonds mit gleichen Laufzeiten, sie alle stiegen auf Rekordstände seit Einführung des Euro. Das beflügelt ganz sicher nicht das Vertrauen der Investoren. Was denken Sie?

Clive Maund: Die europäischen Spitzenpolitiker bezeichne ich schon seit Langem als eigennützige Clowns, und genau das sind sie auch. Seit Jahren graben sie emsig einen gewaltigen Krater unter Europa, jetzt stürzt es ein und keiner kann das aufhalten. Sie haben weder das Geld noch die Fähigkeit zu kooperieren, um zu verhindern, dass Europa in Chaos und Auflösung abstürzt.

Die ansonsten unlösbaren Schuldenprobleme Europas würden sich nur lösen lassen, wenn man ganz einfach alle Schulden zu Null abschreibt und den Gläubigern sagt: "Pech gehabt, Ihr seht keinen Cent." Danach würde Chaos herrschen, und die Banken würden zusammenbrechen etc.; aber das ist wirklich der einzige Weg - reinen Tisch machen, Schlussstrich ziehen und ganz neu anfangen. Das werden sie natürlich nicht machen. In den USA wird man stattdessen versuchen, weiter große Institutionen zu retten und die Verluste großer Gläubiger wie Banken und von Großunternehmen zu sozialisieren. Die Rechnung wird der Öffentlichkeit aufgedrückt - in Form von Austeritätsmaßnahmen und Steuererhöhungen. Es ist interessant, über die Gründe nachzudenken.

Warum stellen die europäischen Führer die Interessen der Großunternehmen vor die Interessen ihrer eigenen Wählerschaft? Weil die Großunternehmen viel mehr Macht über sie haben als die Wählerschaft. Das Big Business entscheidet im Grunde darüber, ob sie eine Chance im Amt haben oder nicht, und wie sich ihre Karrieren entwickeln werden, wenn sie einmal im Amt sind. Wir alle wissen vom Lobbysystem in den USA und auch von der Überzeugungskraft der Wahlkampfspenden, und man darf davon ausgehen, dass ganz ähnliche Anreizsysteme in Europa existieren. Der Öffentlichkeit bleibt nichts anderes als das Wahlrecht und die Möglichkeit des Protestes, die aber nur dann zur ernstzunehmenden Kraft wird, wenn die Massen gemeinsam in ausreichender Zahl auf die Straßen gehen.

Austeritätsmaßnahmen werden nicht funktionieren; sie werden nur die Wirtschaftsaktivität und die Steuereinnahmen verringern, die Schulden werden also weiter steigen und die Abwärtsspirale wird noch mehr Schwung bekommen. Die politischen Entscheidungsträger Europas reden sich doch nur ein, man werde diese Schuldstände irgendwann doch noch abzahlen können. Bildlich gesprochen, gleichen sie dabei einem Menschen, der, obwohl ihm ein Kühlschrank um den Hals hängt, versucht zu schwimmen - er geht unter und seine einzige Hoffnung ist, den Kühlschrank vom Hals zu bekommen. Und die einzige Hoffnung, die ihnen noch bleibt, ist die komplette Abschreibung der Schulden, egal, was danach erstmal passieren wird. Wenn sie dahingehend zu stur bleiben, wird Europa untergehen und die werden USA untergehen und mit ihnen der Rest der Welt obendrein.


The Gold Report: Wie sollten sich Anleger vor einem Einbruch der Weltmärkte schützen?

Clive Maund: Barmittel, Bear Exchange-Traded Funds und vielleicht Optionen.




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