Antal Fekete: Gold-Backwardation und der Einsturz der Tacoma Bridge (Teil 1/2)
06.09.2013
- Seite 2 -
Daily Bell: Warum wird der Goldpreis in London gefixt? Sollte die Preisfindung für Rohstoffe tatsächlich so aussehen?Antal Fekete: Natürlich wird der Goldpreis in London nicht festgestellt. Es ist eher wie eine Schnappschussaufnahme mit der Behauptung, man habe mit ihr auch die Landschaft eingefroren. Eine andere Frage ist aber, inwieweit sich das Londoner Goldfixing auch gut für Manipulationen der Goldpreise eignet und “um die Pferde richtig scheu zu machen“.
Daily Bell: Werden Gold und Silber manipuliert, oder ist die aktuelle Marktbereinigung Folge zu hoher Markterwartungen?
Antal Fekete: Meine persönliche Position ist, dass die Manipulation der Gold- und Silbermärkte, falls diese geschieht, weitaus weniger bedeutend ist, als sie von den Marktbeobachtern dargestellt wird. Nichtsdestotrotz glaube ich aber, dass Bernanke, nachdem er vier Jahrzehnte lang die Beobachtung des Phänomens der langfristig sinkenden Goldbasis vernachlässigt hatte, plötzlich aufwachte und die extrem schwerwiegende Gefahr einer permanenten Gold-Backwardation erkannte. Der Grund für die Bereinigung am Markt für Gold-Futures sind wahrscheinlich nicht die, wie Sie es nennen, zu hohen Markterwartungen, sondern wahrscheinlich Bernankes verspätete Erkenntnis, dass die Gefahr einer permanenten Backwardation gegeben ist - und sein Versuch, die "Pferde richtig scheu zu machen".
Daily Bell: Sollten Gold und Silber mit anderen Geldformen in einen Wettbewerb treten, um der Welt einen freien Geldstandard zu geben?
Antal Fekete: Ich habe nicht viel Respekt für Hayeks Position, dass man die Wahl des monetären Standards “dem freien Markt überlassen“ sollte. Der Markt hat ja schon gesprochen. Hayek war kein Freud des Goldstandards. Er verstand auch nicht wirklich Mengers Punkt, demzufolge Gold vom Markt schon den Status des handelsfähigsten Gutes zugestanden bekam, indem er den Grenznutzen des Goldes langsamer sinken ließ, als den aller anderen Substanzen. Es ist unnötig, die Welt noch einmal durch die Qualen des Todeskampfs der uneinlösbaren Währungen zu schicken. Gold würde das Fiat-Geld mit Links schlagen, wäre das Papiergeld per Gesetzeszwang nicht zum ‘gesetzlichen Zahlungsmittel‘ erhoben worden.
Daily Bell: Einzig und allein Gold sollte also Geld sein?
Antal Fekete: Das wäre nicht praktisch: Man benötigt Geld für große Zahlungen, beispielsweise zum Kauf von Landgebieten wie Louisiana und Alaska; und dann benötigt man Geld, um kleine Einkäufe zu tätigen und die Löhne der Arbeiter zu zahlen. Es gibt also Bedarf für Gold und für Silber. Es wäre jedoch ein schwerer Fehler, den Wechselkurs zwischen beiden festzulegen, so wie es in den USA geschah, als der Kongress das Münzgesetz von 1792 (Coinage Act) verabschiedet hatte.
Wichtig ist aber, dass dieser Fehler NICHT von den Gründungsvätern der Republik begangen wurde. Die Verfassung der USA schrieb den Bimetallismus NICHT vor. Es wurde ein Geldstandard eingeführt, dieser allerdings auf Grundlage des konstitutionellen Silber-Dollars. Auch der Gold Eagle wurde (ohne ihn direkt zu nennen) eingeführt, das machte ihn aber nicht zur allgemeinen Standardmünze. Die US-Verfassung überließ die Entscheidung, zu welchem Wechselkurs der Gold Eagle mit dem Standard-Silberdollar abgegolten werden sollte, dem Markt. Das US-Münzgesetz von 1792, für das sich besonders Alexander Hamilton, damaliger US-Finanzminister, eingesetzt hatte, schrieb einen offiziellen bimetallischen Gold/Silber-Tauschkurs von 15:1 vor. Das war Preisbindung und somit verfassungswidrig.
Dieser Fehler wurde zur Farce: Es wurde immer wieder am Geldstandard herumgepfuscht, und das zog 1873 die Demonetisierung von Silber nach sich und führte schließlich 100 Jahre später, 1973, zur noch ungeheuerlicheren Demonetisierung von Gold. Wie man mit der Zeit noch erkennen wird, verursachten diese beiden Demonetisierungen die größte Qual der Geschichte, die nur noch von den beiden Weltkriegen übertroffen wurde - gemeint ist der Zusammenbruch des internationalen Geldsystems, der sich noch in der Zukunft verbirgt.
Daily Bell: Sollte der Staat den Goldpreis fixieren, im Kontext eines Neo-Goldstandards?
Antal Fekete: Es ist ein Fehler anzunehmen, dass die Essenz des Goldstandards darin besteht, den Preis des Goldes zu fixieren - und dass die Rückkehr zu einem “Neo-Goldstandard" mit der erneuten Fixierung des Goldpreises einhergehen müsse. Dieser Fehler wurde arglistigerweise durch Milton Friedman verbreitet, als er seine Ansicht populär machen wollte, dass schwankende Währungskurse "der natürliche Zustand" seien; die Festsetzung des Goldpreises war zudem ein unzulässiger staatlicher Eingriff in die freien Märkte - damit wurde die Wirtschaft in die Zwangsjacke des Goldstandards gesteckt. In Wahrheit wurde nicht der Goldpreis im Verhältnis zu den staatlichen Zahlungsversprechen festgelegt, nein, der der Wert der Zahlungsversprechen wurde in Gold wurde fixiert. Geschichtlich betrachtet, ist Geld kein staatliches Geschöpf. Es ist ein Geschöpf des Marktes, der es über die Jahrtausende hinweg als die handelsfähigste Substanz auf der Erde ausgezeichnet hatte.
Daily Bell: Ist Gold auch anfällig für private Marktkräfte? Sie hatten kürzlich angedeutet, dass es so ist.
Antal Fekete: Ich sagte, dass man zwischen dem WERT von Gold und dem PREIS von Gold unterscheiden müsse. Der Wert des Goldes, wie auch die Länge des Yards, unterliegt keinen individuellen Präferenzen oder den Marktkräften. Der Goldpreis, hier als Kehrwert des Dollar-Preises in Gold, ist anfällig für individuelle Präferenzen und Marktkräfte. Die Aussage “der Preis des Goldes spiegelt den Wert des Goldes wieder“ ist gleichbedeutend mit der Aussage "ein anamorpher Spiegel gibt die wahre Gestalt und Form von Dingen wieder".