Antal Fekete: Gold-Backwardation und der Einsturz der Tacoma Bridge (Teil 2/2)
09.09.2013
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Daily Bell: Sie haben ihre eigene Wirtschaftsschule, die New Austrian School of Economics, gegründet. Können Sie uns erklären, was sich hinter diesem Namen verbirgt?Antal Fekete: Dahinter verbirgt sich eine Rückkehr zu dem Worten und zum Geist Carl Mengers. Das bedeutet die Ablehnung der Gleichgewichtstheorie von Angebot und Nachfrage und deren Austausch durch die Ungleichgewichtstheorie, wie sie sich anhand der Dichotomie von Geldkurs (bid-price) und Briefkurses (ask-price) manifestiert. Es geht dabei auch um die Entthronung des Preis-Konzepts und die Inthronisierung des Konzepts der Spanne (spread). Es geht darum, die Handelsfähigkeit als den wichtigsten Maßstab der QUALITÄT von Geld anzuerkennen - und nicht seiner QUANTITÄT. Es geht auch um eine respektvolle Kritik an Mises. Es geht um die Rehabilitierung der ‘Real Bills Doctrine‘ von Adam Smith. Es geht um ein beständiges Interesse an der Erforschung des Phänomens ökonomischer Schwingung und Resonanz. Es geht um die Verbreitung der Wahrheit hinsichtlich weltweiter Kapitalwertminderung in einem System der fallenden Zinssätze.
Und vor allem geht es um die Weiterführung der Pionierarbeit Mengers hinsichtlich des Ursprungs des Geldes - durch die Ausarbeitung einer dualen Theorie über den Ursprung des Zinses. Der Bruderkrieg zwischen der Zeitpräferenz-Schule und der Schule der Zins-Produktivität muss ein Ende finden. Unter Benutzung Mengers Idee des Brief/Geld-Spreads lassen sich diese beiden Theorien in eine glückliche Synthese überführen. So wie auch der Preis von Gütern nicht monolithisch ist - sondern sich in Brief- und Geldkurse aufsplitten lässt - so ist auch der Zinssatz nicht monolithisch – er lässt aber in Mindestzinssätze und Spitzenzinssätze (floor and ceiling rates) aufspalten. Diese beiden müssen separat behandelt werden. Der Spitzensatz lässt sich in Hinblick auf die Grenzproduktivität verstehen; der Mindestsatz in Hinblick auf die marginale Zeitpräferenz.
Daily Bell: Warum stehen die ‘österreichischen Rothbardianer’ den real bills so ablehnend gegenüber?
Antal Fekete: Die Real Bills Doctrine ist der Geldmengentheorie ein Dorn im Auge, und dieser haben sich die Rothbardianer unkritisch verschrieben. Die Geldmengentheorie ist eher eine clevere mechanische Metapher als eine stichhaltige Theorie. Sie scheitert daran, dass sie auf dem Missverständnis gründet, dass Veränderung immer ein LINEARES Phänomen ist. Abgesehen von einigen Ausnahmen ist sie das nicht. Die Welt läuft in höchst NON-LINEAREN Bahnen und man kann sich, wie auch in der Physik, der Non-Linearität im Allgemeinen nicht durch Linearität annähern. Die Rothbardianer sind Anhänger eines Kultes. Ihre dogmatische Herangehensweise gefährdet den Erfolg des zukünftigen Goldstandards, der - wie Phönix - aus der Asche des jüngsten desaströsen Experiments mit uneinlösbarem Papiergeld aufsteigen wird.
Daily Bell: Werden die Goldwechsel ihr Comeback erleben?
Antal Fekete: Mit größter Sicherheit. Die Menschen wollen nicht hungern, unbekleidet oder unbesohlt sein, und sie werden im Winter nicht vor Kälte klappern, nur um der uneinlösbaren Währung die Ehre zu erweisen, die von Knapp, Gesell und ihren Nachkommen Keynes und Friedman verfochten wurde. Der Umlauf der uneinlösbarer Banknoten könnte sich ohne Vorwarnung festfressen, und unschuldige Menschen mit wirtschaftlichen Qualen plagen.
Die Menschen werden sich aber aus ihrem Elend erheben und nicht aufhören, Nahrung, Kleidung, Schuhe und Brennstoffe zu produzieren, und diese werden sie handeln gegen Bezahlung in Form von real bills, die in Gold fällig werden. Das passierte in der Vergangenheit und das wird auch wieder in Zukunft passieren. Der Untergang des Systems der uneinlösbaren Währung ist schon beschlossene Sache. Diese Währung ist nicht nur unlogisch, sie ist auch amoralisch. Eine freie Gesellschaft kann nicht auf Grundlage von Zwang aufgebaut werden. Zudem ist das System der uneinlösbaren Währung auch noch unvereinbar mit dem Ideal des SCHMALEN Staates. Es entstand ein System mit solchen Auswüchsen, dass Bauern fürs Nichtanbauen und Arbeiter fürs Nichtarbeiten bezahlt werden.
Daily Bell: Was steht für die New Austrian School of Economic als nächstes auf dem Programm?
Antal Fekete: Wir betreiben Forschung und auch Lehre. Wir haben Kurse in den USA, Neuseeland, Österreich, Ungarn, Deutschland und jüngst auch in Spanien angeboten. Es gibt Pläne, mit der Universität von Avila zu kooperieren. Für die weitere Zukunft planen wir auch die Präsenz in der ukrainischen Stadt Berehowe. Was die Forschung angeht, so bieten wie Studiengänge auf dem Master- und Doktoranten-Niveau an. Ein dringendes Forschungsthema ist die Frage, inwieweit die durch permanente Gold-Backwardation ausgelöste Lawine die Landschaft der Geldwirtschaft zu einer Tauschwirtschaft abflachen wird. Ein anderes Thema, das wir vertiefen wollen, ist der Theorie der ökonomischen Schwingung und Resonanz.
Daily Bell: Möchten Sie ein paar Literaturhinweise geben?
Antal Fekete: Wir haben bislang zwei Doktortitel vergeben - einen an Sandeep Jaitly und den anderen an Keith Weiner. Die Dissertationen sind bei den Autoren erhältlich und ich kann sie nur jedem empfehlen, der mehr über die Wirtschaftslehre der New Austrians erfahren möchte. Ein dritter Doktortitel ist in der Vorbereitung - der Kandidat heißt Peter van Coppenolle. Seine eingereichte Doktorarbeit wurde schon in Form eines schönen Bandes unter dem Titel “The Austrian Business Cycle Revisited“, der ebenfalls beim Autor erhältlich ist. Dieses Buch empfehle ich den Lesern dieses Interviews zusammen mit einem Buch, das von unserem Master-Absolventen Rudy Fritsch geschrieben wurde und den Titel “Beyond Mises“ trägt.
Daily Bell: Haben Sie weitere Anmerkungen?
Antal Fekete: Die heftigen Auseinandersetzungen zwischen American Austrians und der New Austrian School of Economics ist eine tragische Verschwendung von Talent. Wir sollten unsere Differenzen beilegen - nicht durch Schmutzschlachten und Beschimpfungen, sondern durch wissenschaftliche Debatten auf hohem Niveau. Um einen Anfang zu machen, würde ich gerne die Kritiker der Real Bill Doctrine Adam Smiths für eine solche Debatte auf hohem Niveau nach Avila (Spanien) einladen. Ich hoffe aufrichtig, dass dieses Angebot angenommen wird; wir könnten dann mit gemeinsamen Kräften den Grundstein legen für den Triumpf des Goldstandards – nach einer kurzen reaktionären Geschichtsphase, die vom System der uneinlösbaren Währung dominiert war.
Daily Bell: Danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.
Antal Fekete: Vielen Dank für die Gelegenheit, meine Ansichten darlegen zu können.
Anmerkungen: ** Zur Erklärung des Titels dieses Interviews: Ich erinnere mich an den Einsturz der Tacoma Bridge, die Fußgänger und Insassen von Personenkraftwagen 1941 in die Tiefe und den Tod stürzte [sic!]. Dieses Unglück demonstriert überzeugend die brachiale Gewalt unkontrollierter Resonanz. Dieses Ereignis wurde durch starke Winde ausgelöst. Allerdings wurde die Brücke nicht durch die Winde per se zerstört, denn diese hatten dazu nicht ausreichende Energie. Sie wurde durch unkontrollierte Resonanz zerstört, die das Energieniveau immer weiter ansteigen ließ. Die periodischen Windstöße stimmten zufällig mit der für diese Brücke charakteristischen Eigenfrequenz überein.
Seit diesem Desaster berücksichtigen Ingenieure diese Eigenfrequenzen beim Bau von Hängebrücken. Dieses Ereignis wurde gefilmt und kann als Video abgerufen wurden. Um es zu glauben, muss man es mit eigenen Augen gesehen haben.
Wenn es zur permanenten Gold-Backwardation kommt (was als wahrscheinlich gelten kann), wird ein dem Tacoma-Destaster vergleichbares Ereignis eintreten. Die Designer des globalen Fiat-Währungsexperiments, das seit 1971 läuft, haben - genau wie die Designer der Tacoma Bridge - “vergessen“, die unkontrollierte Resonanz mit in die Rechnung einzubeziehen. IHRE VERANTWORTUNG IST ABER BEI WEITEM GRÖSSER, WEIL SIE WIEDERHOLT WEGEN DER FEHLERHAFTIGKEIT IHRES DESIGNS GEWARNT WURDEN. Sie machten trotzdem weiter, und wir werden unter den Konsequenzen zu leiden haben.
© Antony Wile
www.thedailybell.com
Dieser Artikel wurde am 5. Mai 2013 auf www.thedailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.