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Europa nach der Bundestagswahl

28.09.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
In der bundesdeutschen Wahlkampfphase wurden viele ungeliebte (Euro-)Themen mehr oder weniger erfolgreich ausgeblendet. Doch nun, da die Bundestagswahl beendet ist, wird Unliebsames ans Tageslicht kommen. Dazu nachstehend einige ausgewählte Aspekte.


Griechenland

Zur Erinnerung: Im ersten Programm für Griechenland wurden Kredite in Höhe von 73 Mrd. Euro ausgezahlt (Euroraum 52,9 Mrd. Euro, IWF 21, Mrd. Euro). Deutschlands Anteil beträgt dabei 15 Mrd. Euro (über KfW ausgereicht). Im zweiten Programm wurden 144,6 Mrd. Euro (durch den EFSF) plus 19,1 Mrd. Euro IWF-Kredite ausgereicht. Davon trägt Deutschland nochmals gut 30 Mrd. Euro - insgesamt also 45 Mrd. Euro.

Würde zum Beispiel die öffentliche Schuld Griechenlands auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgesenkt (was nicht unwahrscheinlich ist), so wären Schulden in Höhe von schätzungsweise 191 Mrd. Euro zu löschen. Das ent-spräche knapp 88 Prozent der Kreditsumme aus beiden Rettungspaketen. Deutschland müsste dann Kredite, die von der Bundesregierung an Grie-chenland vergeben wurden, in Höhe von knapp 40 Mrd. Euro abschreiben.


EZB-Anleihekäufe und Tiefzinspolitik

Nach der Bundestagswahl ist nun auch mit dem Urteilspruch des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen: Ist es rechtens, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen aufkauft? Mit einer solchen Geldpolitik ist nicht nur das Subventionieren einzelner Nationalstaaten durch die EZB verbunden.

Sie führt auch zu einer Umverteilung: Das Niedrighalten des Zinses hat bereits in vielen Euro-Ländern zu negativen Realzinsen geführt, die Ersparnisse werden also entwertet zu Gunsten der Kreditnehmer.


Bankensubvention

Einen Tag nach der Bundestagswahl verkündete der Präsident der EZB, er würde den Euro-Banken, wenn nötig, neue "Notkredite" bereitstellen - zu Tiefstzinsen versteht sich. Die EZB-Politik der Subventionierung von angeschlagenen Banken, vor allem derjenigen in den "Peripherieländern", geht also weiter. Die EZB setzt auf Tiefstzinsen und Geldmengenausweitung, anstatt unprofitable und strauchelnde Geldhäuser aus dem Markt ausscheiden zu lassen.

Es wäre in der Tat wenig überraschend, wenn die EZB den Euro-Banken erneut langfristige Refinanzierungsgeschäfte anbietet (im Fachjargon werden sie als "Long Term Refinancing Operations" oder auch "LTRO" bezeichnet), durch die die (Basis-)Geldmenge im Euroraum stark ansteigen wird - und die EZB immer größere Kreditrisiken gegenüber den Euro-Banken eingeht - Risiken, die letztlich von den Steuerzahlern in den Euro-Teilnehmerländern zu tragen sind.


Bankenunion

Die Euro-Politiker werden verstärkt darauf drängen, die "Bankenunion" zu errichten. Hierzu zählen (1) eine Aufsicht der großen Euro-Geschäftsbanken durch die Europäische Zentralbank, (2) ein "Abwicklungsmechanismus" für unsolide Geschäftsbanken; und (3) eine Euroraumweite Einlagensicherung¹. Eine Bankenunion mindert zwar das Konkursrisiko von nationalen Banken. Im Kern hebelt sie jedoch den "Systemwettbewerb" im Euroraum aus: Vor allem eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung würde die Kreditqualitätsunterschiede zwischen nationalen Bankenapparaten nivellieren.




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