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Erste Lebenszeichen vom Goldmarkt

16.01.2014  |  Ralf Flierl
Liest man die amtlichen Wirtschaftsstatistiken und tut man sich darüber hinaus auch noch die Interpretationen dieser Zahlen durch den Mainstream an, dann kann leicht der Eindruck entstehen, dass wir irgendwie über den Berg der Dauerkrise der vergangenen Jahre sind und volks- sowie geldwirtschaftlich alles wieder in Butter sei.

Mal ehrlich, wer kann nach einer gefühlten Ewigkeit das Wort "Krise" überhaupt noch hören?!

Da der Mensch ein anpassungsfähiges Wesen ist, setzten bereits während des medialen Höhepunkts dieses Themas im Jahr 2013 Gewöhnung und Krisenmüdigkeit ein. Als die Horrormeldungen dann sogar ausblieben, lag der Schluss nahe, dass die Malaise bereits ausgestanden sei. Dabei sollte man nicht den Fehler machen, die öffentliche Darstellung des Geschehens in den großen und vor allem meinungsbildenden Medien mit den tatsächlichen Verhältnissen zu verwechseln.

Nachdem der Ausbruch der Krise die Akteure noch auf dem falschen Fuß erwischt hatte und zunächst ein Krisengipfel den nächsten jagte, wurden mittlerweile Institutionen geschaffen, die das Krisenmanagement vor allem geräuschlos betreiben. Verschwiegenheit ist ein wesentlicher Teil der Aufgabenbeschreibung einer Institution, wie des eilig aus dem Boden gestampften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Aus den Schlagzeilen ist er - wie gewollt - längst verschwunden. Das heißt nun aber nicht, dass dort nicht weiter Schlagzeilenwürdiges geschehen würde.


Nachrichten sind Psychologie

Nicht nur die Wirtschaft ist, auch Wirtschafts- und vor allem Konjunkturnachrichten "sind Psychologie". Wenn die Botschaft vom Aufschwung nur genügend oft wiederholt wird, dann wird sie im kollektiven Bewusstsein schon irgendwann Wurzeln schlagen und entsprechende Früchte tragen. Dass die Absatzrekorde der deutschen Premium-Automarken nicht mehr aus dem darbenden Inlandsgeschäft kommen, sondern im Wesentlichen aus dem durchaus fragilen chinesischen Nachfrageboom erzielt wurden, ist da allenfalls ein kleiner Schönheitsfehler, falls überhaupt.

Auch kann man sich anhand der Marktreaktionen auf die "Tapering"-Ankündigungen des Ex-Fed-Chefs Bernanke leicht ausmalen, was von dem "selbsttragenden" Aufschwung übrig bliebe, falls Notenbanken wie die US-Fed oder die Bank of Japan das Gaspedal nicht mehr bis zum Anschlag durchtreten würden. Wie zwanghaft der Konjunkturoptimismus der Meinungsbildner mittlerweile ist, mag eine Überschrift aus der heutigen Online-Ausgabe von Bild illustrieren. Zwar kommt man nicht umhin, die Verlangsamung des BIP-Wachstums 2013 auf nur noch +0,4% zu vermelden.

Die Überschrift "Deutschlands Konjunktur-Motor stottert" wird aber bereits in der Unterüberschrift relativiert: "... doch die Aussichten sind glänzend ... Weltbank ruft Ende der weltweiten Wirtschaftskrise aus". Na, dann. In einer Infografik mit dem Titel "Die Zeichen stehen auf Aufschwung" werden zudem sogar die positive Kursentwicklung des DAX im abgelaufenen Jahr und der Umstand angeführt, dass mittlerweile 57% der Deutschen optimistisch ins neue Jahr gingen (nach 48% im Vorjahr). Zumindest aus der Sicht eines antizyklischen Anlegers sind solche Schlaglichter eher Anlass zur Sorge.


Goldmans Glaskugel

Interessant ist in diesem Zusammenhang einmal mehr die US-Investmentbank Goldman Sachs: Dort prognostizierte man eine "nahezu sichere" Korrektur des US-Aktienmarktes, die mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als zwei Drittel mindest10% betragen werde. Die Bewertung des Marktes sei nach nahezu jeder Messmethode "abgehoben". Da sich die Investmentbank in der Vergangenheit einen eher zweifelhaften Ruf hinsichtlich ihrer marktbeeinflussenden Prognosen erworben hat, untertitelte sogar der dem Mainstream zuzurechnende Fernsehsender CNBC seinen Beitrag vom Montag mit der Frage "What does Goldman Sachs really think?" ("Was denkt Goldman Sachs wirklich?").

Eine Frage, die man sich angesichts der Gold-Prognose des gleichen Hauses jedoch nicht stellte - zumindest nicht öffentlich. Der für den Bereich Rohstoff-Research zuständige Jeffrey Currie bekräftigte das Kursziel von 1.050 USD/Feinunze. Die Bank ist nach eigener Angabe mit diesem Kursziel "short". Eine Darstellung, die der Prognose wohl eine größere Glaubwürdigkeit verleihen soll. Gerade in dieser Hinsicht blicken die Goldmänner auf eine weniger rühmliche Vergangenheit zurück, denn nicht immer legte man sein Geld dort an, wo man es dem Publikum empfahl.

Obwohl sich also auch bei der Gold-Prognose die Frage stellen ließe, was die Investmentbanker wirklich dachten, fällt die Untertitelung dieses Videos zwar martialisch aber ohne kritische Distanz zur Prognose aus: "Recovery kills Gold’s bull run" ("(Wirtschaftliche) Erholung beendet Goldhausse").

Wenn man um die Ecke denkt, was wir ja gelegentlich tun, dann dürfte die Gold-Prognose so eher nicht eintreffen. Zumal die erneute Bekräftigung des Kursziels bislang die offenbar beabsichtigte Wirkung auf die Marktteilnehmer verfehlte. Allerdings muss man bei Goldman Sachs stets damit rechnen, dass man möglicherweise um eine Ecke zu wenig gedacht hat. In der kommenden Smart Investor Ausgabe 2/2014 werden wir uns dem Thema Gold - vor allem den aktuellen Chancen und Risiken - wieder einmal ausführlich widmen.

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