Was der "Chart of Doom" lehrt
23.02.2014 | Robert Rethfeld
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Die Sache mit dem "Chart of Doom" ist auch deshalb interessant, weil Tom McClellan den Verlaufsvergleich bereits am 27. November 2013 in seiner Kolumne abbildete und kommentierte. Damals sah der Chart so aus. Kaum jemand hätte erwartet, dass sich der Verlauf so fortsetzen würde, wie er es dann tatsächlich tat (folgender Chart).
McClellan spricht korrekterweise von einer "Price Pattern Analogy". Allein deshalb kommen in den USA keine Trick- oder Manipulationsdiskussionen auf, weil es um die Betrachtung der Muster ("Pattern") geht. Und vielleicht auch, weil die Chartanalyse in den USA (25% aller US-Amerikaner sind Aktionäre) eine stärkere Verankerung erfahren hat als in Deutschland.
Die Bedeutung eines niedrigeren Hochs ist wichtig. Nicht nur die Crashes von 1929 und 1987, sondern viele weitere wichtige starke Abwärtsbewegungen ergaben sich erst nach Ausbildung eines niedrigeren Hochpunktes. Eine Top-Bildung benötigt Zeit. In dem Moment, in dem die Bullen sahen, dass sie die Märkte nicht mehr auf ein neues Hoch treiben konnten, gaben sie auf: Die Abwärtsbewegung setzte ein.
Wie geht es nun weiter? Der S&P 500 hat in der kommenden Woche die Chance auf ein neues Allzeithoch. Würde der Index diese Chance nutzen, hätte die "Chart of Doom"-Analogie beträchtlich an Wahrscheinlichkeit verloren. Zwar könnte der Dow Jones Index dann immer noch ein niedrigeres Hoch markieren. Aber dann läge eine Divergenz vor, die es im Jahr 1987 nicht gab. Damals schafften sowohl der S&P 500 als auch der Dow Jones Index keine neuen Hochs mehr.
Weiter vorn schrieben wir, dass von Crash-Vergleichen eine gewisse Faszination ausgeht. Deshalb kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen, noch zwei aktuelle crashbezogene Eigentümlichkeiten zu erwähnen. Einmal verweisen wir auf das Extrem im SKEW-Index (Kolumne vom 1. Januar 2014). Dieser von der Chicago Board of Exchange (CBOE) veröffentlichte Index misst das Risiko einer extremen Bewegung im S&P 500. Der Index zeigt derzeit ein hohes Risiko einer deutlichen Abwärtsbewegung an.
Zum zweiten waren Kinofilme mit dem Titel "Wall-Street" bisher verlässliche Indikatoren für Crashes bzw. Abwärtsbewegungen. Zitat aus unserem Jahresausblick 2014:
"Wenn Filme mit dem Titel "Wall Street" in die Kinos kommen, dann stand der Aktienmarkt bereits zweimal vor einer bemerkenswerten Schwächeperiode. Oliver Stones Film „Wall Street mit Michael Douglas startete 1987 kurz vor dem großen Crash in den Kinos. Eine Fortsetzung des Films mit Michael Douglas in der Hauptrolle mit dem Titel "Wall Street: Geld schläft nicht" hatte seine Welturaufführung im Mai 2010. Damals sorgte der "Flash Crash" in einem schwachen Mai-2010-Umfeld für Schlagzeilen.
Der neueste Film über Wall Street wird von Martin Scorsese umgesetzt und heißt "The Wolf of Wall Street". In der Hauptrolle ist Leonardo Di Caprio zu sehen. Der Film zeigt die Gier nach dem schnellen Aufstieg und reflektiert den Schwarzen Montag 1987. Kinostart USA: 25.12.2013, Kinostart Deutschland: 16.01.2014."
Fazit:
Es ist eindeutig überzogen, den Researchern, die Preismuster-Analogien erstellen, unlautere Absichten zu unterstellen. Mit Hilfe von Chartanalogien lassen sich Preismuster und Korrelationen herausarbeiten. Um Preismuster erkennen zu können, legt man sie am besten übereinander. Das ist Teil der Arbeit und gängige Praxis. Zudem schreibt der Researcher in der Regel ein paar erläuternde Worte dazu.
Die jüngste Stärke des S&P 500, der in der abgelaufenen Woche praktisch sein Allzeithoch erreichte, ist das stärkste Argument gegen eine Fortsetzung der Crash-Analogie. Aktuell liegt unser Augenmerk auf dem Handelsvolumen, das an guten Tagen schwach bleibt, an Negativtagen aber vergleichsweise hoch ist. Dies ist kein gutes Zeichen. Insbesondere dann nicht, falls der S&P 500 es nicht schaffen sollte, in den kommenden Tagen ein neues Allzeithoch zu erzielen. Gemäß unserem Jahresausblick erwarten wir ein schwächeres erstes Halbjahr 2014. Im Rahmen einer solchen Bewegung ergeben sich naturgemäß einige schärfere Abwärtstage.
© Robert Rethfeld
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