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China in Gefahr - Interview mit dem Buchautor William Engdahl

01.03.2014  |  Jan Kneist
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Jan Kneist: In Ihrem Buch beschreiben Sie eine Reihe von Methoden, mit denen die USA versuchen, China zu beeinflussen oder zu beeinträchtigen. Gehen wir da kurz durch, beginnend mit dem Energieproblem, Ihrem Spezialthema. Westliche Länder helfen, so unsere Medien, unterdrückten Menschen und Minderheiten in Afrika, z.B. Libyen, Sudan, Mali, Kongo usw. Sie sehen das etwas anders…

William Engdahl: Schauen wir Afrika an. Im Jahre 2004 startete China, da es dringend mehr Öl und Rohstoffe für sein fortgesetztes Wirtschaftswachstum brauchte, eine große diplomatische Initiative mit den führenden afrikanischen Staaten. Ungefähr 40 afrikanische Staats-Chefs wurden nach Peking eingeladen, um chinesische Investitionen dort zu diskutieren. China hatte eine brillante Strategie. Sie ignorierten den IWF und die alten Schulden dieser armen Länder. Sie vergaben Milliarden Dollars an "weichen" Krediten. Sie bauten Schulen, Krankenhäuser, Autobahnen etc. und sie machten Geschäfte für die benötigten Rohstoffe.

Plötzlich war den USA, England und Frankreich, den alten Kolonialmächten, die sich nie die Bohne um eine echt wirtschaftliche Verbesserung von Afrika gekümmert hatten, schockartig klar, daß sie von den Chinesen ausmanövriert wurden. Washington war außer sich und im Jahre 2008 wurde das Africa Command, AFRICOM geschaffen, um explizit Kriege anzuzetteln und chinesische Vermögenswerte in Afrika zu beeinträchtigen. Die schmutzige Rolle der USA in der Abspaltung des ölreichen Süd-Sudan von Khartum war Teil des Plans von AFRICOM, so wie es der Krieg in Syrien war. In beiden Ländern hatten staatliche chinesische Ölunternehmen große Investmentanteile, die sie so wie im Irak 2003 verloren.


Jan Kneist: Afrika ist ja nicht alles. Die USA und ihre Alliierten umzingeln China auch in einer ähnlichen Art und Weise wie sie das mit Rußland tun. Wie würden die USA reagieren, wenn China Basen rings in der Karibik zur Kontrolle der Seewege installieren würde? Genau so etwas geschieht jetzt mit China.

William Engdahl: Die Situation ist im letzten Jahr richtig gefährlich geworden. Washington hat die rechtsgerichtete, nationalistische Abe-Regierung angestachelt, eine direkte Provokation von China über die strittigen Diaoyu, oder wie die Japaner sagen - Senkaku - Inseln im Südchinesischen Meer nahe China und Taiwan und ziemlich weit weg von Japan loszutreten. Abe´s Regierung hat die Inseln von einem privaten japanischen Investor gekauft und herausfordernd behauptet, sie gehörten Japan. Das ist in höchstem Maße strittig und hat jetzt zu einer Situation geführt, wo die Chinesen merken, daß sie reagieren müssen oder das "Gesicht verlieren".

Jetzt hat China eine Identifikationszone für die Luftverteidigung (ADIZ) über der Region installiert und provoziert Japan und Korea. Das ist gefährlich. Washington hat Japans Basen mit ballistischen Luftabwehrraketen aufgebaut, die sich klar gegen China richten, Washington hat also quasi seine Einkreisungsmacht gegen Chinas zunehmende Macht an Japan ausgelagert. Das ist vor dem Hintergrund von Abes herausfordernder Geste der Ehrung von Kriegsverbrechern durch den Besuch von Japans Yasukuni Schrein ein krasser Affront nach den japanischen Greueltaten in China und Südkorea während des Krieges.


Jan Kneist: Es ist sogar mehr als das. Sie haben in Ihrem Buch den Beweis angetreten, daß die USA direkt an der Anstachelung von Unruhen in China selbst beteiligt sind. Bitte geben Sie uns ein paar Beispiele.

William Engdahl: Wenn man zu den Unruhen in Tibet im März 2008 zurückgeht, dann wird sehr klar, daß die US-Regierung NGO´s wie National Endowment for Democracy oder Freedom House für die Proteste gegen Peking gerade vor der Olympiade finanziert hat, um so China herauszufordern. Der Dalai Lama und die Freies-Tibet-Organisationen werden von der CIA und dem US Außenministerium unterstützt und sie wurden genutzt , um die Aufstände 2008 auszulösen. Dann gab es in der Provinz Xinjiang an Chinas westlicher Grenze radikal muslimische salafistische Uiguren-Gruppen, die von der türkischen Fethullah Gülen Bewegung unterstützt wurden und die einen Jihad begannen, Terrorangriffe verübten.

Viele Uiguren sind in die Türkei gegangen, um sich ausbilden zu lassen und von dort sind sie, angeworben von Gülen, nach Syrien gegangen, um den Bürgerkrieg gegen die Regierung anzuheizen und anschließend wurden sie zurück nach Xinjiang zum Beginn eines Heiligen Krieges geschickt. Für China ist das ein ernsthaftes Problem, denn die Masse der Bevölkerung von Xinjiang besteht aus sunnitischen Moslems. Xinjiang ist auch der Knotenpunkt der neu geplanten China-Europa-Seidenstraßen-Eisenbahn mit einem Pipeline-Infrastrukturprojekt.


Jan Kneist: Nahrungsmittel sind ein weiteres großes Thema weltweit. Für uns in Deutschland im Besonderen, weil unsere Regierung, gegen den Willen der Mehrheit der Leute, für ein Freihandelsabkommen mit den USA eintritt, das den Import von genetisch veränderten Nahrungsmitteln zuließe. Es scheint so, als steht es auf der globalen Agenda, dieses "Junk-Food" mit Gewalt in die Bäuche der Menschen zu drücken. Wie sieht das in China aus und was könnten die langfristigen Auswirkungen sein?

William Engdahl: Leider gibt es mit GVO (gentechnisch veränderte Organismen) auch Probleme in China. Es existiert dort eine Menge lokale Korruption, wo Unternehmen wie Monsanto reinkommen und sich ihren Weg durch die lokalen Behörden zur illegalen Anpflanzung von GVO´s erkaufen. Eine Fraktion innerhalb des Politbüros ist korrumpiert, um Ja zu GVO´s zu sagen. Als mein Buch 2009 auf Chinesisch herauskam, traf ich mich mit einem führenden Professor für Landwirtschaft und den Top-Leuten des Landwirtschaftsministeriums bezüglich der Gefahren von GVO´s. Dann gab die Regierung im Jahre 2011 bekannt, daß sie die Genehmigung für den Anbau von gentechnisch verändertem Reis für ein chinesisches Unternehmen erteilt hatten.

Ich war sehr ermutigt zu erfahren, daß in den staatlichen chinesischen Medien einen Sturm der Entrüstung gegen diese GVO-Genehmigung gab. Viele Journalisten hatten mein Buch vorher gelesen und zitierten daraus Passagen in ihren Artikeln gegen GVO. Gerade neulich habe ich gehört, daß die chinesische Regierung eine große Lieferung Sojabohnen zurückgehen ließ, weil es illegale GVO waren. Es gibt also Hoffnung, aber es ist ein Kampf.




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