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China in Gefahr - Interview mit dem Buchautor William Engdahl

01.03.2014  |  Jan Kneist
- Seite 3 -
Jan Kneist: Sie schreiben auch über “Handelskriege”. Liege ich mit der These richtig, daß China in die WHO gelockt wurde, um eine große Exportindustrie aufzubauen, um so ein Druckmittel zu haben und sie fallenlassen zu können (mit protektionistischen Maßnahmen wie in der Solarindustrie) falls sie zu stark werden? China muß, daran gibt es keinen Zweifel, exportieren, da seine inländische Nachfrage noch nicht stark genug ist. Was meinen Sie?

William Engdahl: Ja, definitiv. Chinas Lebensblut ist der Export. Es ist die sogenannte “Werkbank der Welt”. In den letzten 5 Jahren haben sie eine große Wende durchgeführt, hin zu selber entwickelten Produkten anstatt die "Zusammenschrauber" für Ford, Chrysler, VW oder Apple zu sein. Die US-Trans-Pazifik-Partnerschaft war ein absichtlicher Versuch von Washington, China von der US-geführten "Freihandelszone" in Asien auszuschließen und es zu isolieren.

Die Notwendigkeit, die Exporte auszudehnen, besonders jetzt, wo die EU und die US-Wirtschaft deutliche Zeichen der Abschwächung zeigen, führt China zu neuen und ziemlich spannenden Großprojekten wie Präsident Xi´s Neue Seidenstraße und der Transportinfrastruktur-Korridor von Xinjiang zum Hafen von Gwadar am Arabischen Meer. Außerdem werden die Eisenbahn und andere Infrastruktur mit der neuen Unterwasser-Eisenbahn am Bosporus, die die asiatische Türkei und die europäische Türkei verbindet, zusammengebracht.

Sie verstehen vielleicht viel besser als die US Regierung, daß "freie Märkte" per se niemals realen Wohlstand schaffen. Aber intelligente Infrastruktur tut das, sie schafft neue Märkte, neue Verkäufe, Käufer, neue Städte entlang der Schienen, da der Eisenbahntransport dem Seetransport deutlich überlegen ist.


Jan Kneist: Eine Frage irritiert mich etwas, William. Es gibt eine große gegenseitige Abhängigkeit zwischen den USA und China. Die USA importieren eine Menge billige Waren aus China und China wird in (fast wertlosen) US Dollars bezahlt. Sie besitzen schon über 3 Billionen US$ an "Währungsreserven". Sind sie sich der Macht, die sie haben, nicht bewußt? Und wie sieht es mit dem Gold aus, das sie ankaufen? Der US Fiat-Dollar basiert nur auf Vertrauen. Gold wäre eine mächtige Waffe für die Chinesen.

William Engdahl: Das ist für die Chinesen ein faszinierendes Dilemma. Ja, sie sind sich der Macht, die sie über den Besitz so vieler US Anleihen haben, bewußt. China ist heute der größte Kreditgeber der US Regierung. Aber das ist das Dilemma. Die Summe ist so groß, daß China gefangen ist. Wenn sie Ihre US Treasuries als Rache verkaufen, dann würde der Wert der Dollarreserven der Zentralbank mit dem Dollar zusammenbrechen. Das würde für China große wirtschaftliche Probleme hervorrufen, so daß sie damit weitermachen, die Dollarbestände der Zentralbank vorsichtig zu reduzieren und eher bilaterale Währungsgeschäfte zu machen oder Euroreserven aufzubauen.

Was Gold angeht - Chinas Zentralbank war der aggressivste Goldkäufer der Welt mit tausenden Tonnen in den letzten paar Jahren. Sie wissen, wenn sie bald ihren Renminbi als weltweit anerkannte Währung haben wollen, konvertierbar, dann wird er sehr viel glaubwürdiger, wenn er mit einer beträchtlichen Goldreserve wie z.B. in der Schweiz unterlegt ist.


Jan Kneist: Die Medien sind die letzte Waffe, die die USA umfangreich gegen China einsetzen und die wir hier zur Sprache bringen wollen. Google, Youtube und Facebook sind starke Medien, die Einfluß nehmen und sogar große Bewegungen hervorrufen können. Wie werden sie direkt in China genutzt?

William Engdahl: Die US Medien Google, Facebook und andere soziale Medien haben vor drei Jahren große Anstrengungen zur Penetration von China unternommen. Als die Chinesen reagierten und Google Einhalt gebieten wollten, verteidigten Hilary Clinton und die US Regierung Google und die anderen gegen die Chinesen. Seither hatten wir die Snowden NSA-Spionage Offenlegungen und es wurde klar, daß die Chinesen gute Gründe hatten, restriktiv gegenüber Google, Facebook etc. zu sein. Sie haben ihre eigenen Versionen davon in Chinesisch, wo die Chinesen ihrer Frustration online ihren Lauf lassen können.


Jan Kneist: Es gibt noch viele andere Themen in Ihrem Buch wie Fracking, die Nutzung gefährlicher Pestizide und anderes, die sich der Leser selber zu Gemüte führen kann. Lassen Sie mich eine letzte Frage stellen. Wie würden Sie China regieren, wenn Sie die Macht hätten und ihr Land ohne permanente Bedrohung durch die USA zur Blüte bringen wollten? Wie sähe eine weise Politik aus?

William Engdahl: Oh, danke, daß Sie mit einer einfachen Frage schließen… Wir haben es mit einer Kultur zu tun, die über 5000 Jahre zurückreicht, die Amerika entdeckt und sich damit deutlich vor den Europäern um Kolumbus positioniert hat. Sie gingen durch 1000 Jahre Stagnation und versuchen jetzt, quasi über Nacht zu modernisieren. Das führt zu einigen echten Exzessen, zu Korruption, Mißbrauch. Nichts anderes fand in Deutschland, England oder Frankreich statt, als sie sich vor 150 Jahren rapide modernisierten. Ich halte das chinesische Volk für äußerst hungrig nach Wissen, nach Entwicklung, nach Arbeit. Die Rolle einer guten Führung müßte sein, diese positive Energie in Gebiete zu lenken, die den Wohlstand und die Gesundheit der 1,3 Milliarden Chinesen mehren.

Ich würde sofort versuchen, die Regierung aus der Bevölkerungskontrolle herauszunehmen, weil es ein großer Fehler des Staates war, die Geburten bis ins kleinste zu kontrollieren. Das hat eine heraufziehende demographische Katastrophe verursacht. Ich würde offene Diskussionen darüber anregen, aber das braucht Zeit. Ich würde alle NGO´s, die "Menschenrechte" zu Waffen zu machen versuchten, verbieten und ich würde einen Landwirtschaftsminister einsetzen, der sich der Wiederherstellung der höchstmöglichen Lebensmittelqualität für seine Landsleute verschrieben hat. McDonalds und KFC wären die großen Verlierer, aber die Gesundheit der Menschen würde steigen, wenn gleichzeitig die sich jetzt epidemisch ausbreitende Diabetis zurückgeht.


Jan Kneist: Vielen Dank für diese Hinweise und das interessante Interview. Lassen Sie uns hoffen, daß die chinesische Führung und viele andere Leute auf der Welt Ihr Buch lesen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen werden.

William Engdahl: Ich bin nach dem letzten Report meines Verlages ermutigt, denn letztes Jahr wurden fast 60.000 Stück verkauft und es hat eine intensive Debatte in führenden intellektuellen und politischen Kreisen ausgelöst. Mehr als das kann ich mir nicht wünschen.


Das Buch von Herrn Engdahl “China in Gefahr” hat ISBN 978-3-86445-099-0 und kann zum Preis von 19,95 € im Buchhandel bezogen werden.


© Jan Kneist
Metals & Mining Consult Ltd.



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