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Zinsen bleiben tief; und sie könnten noch weiter absinken

17.03.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Vor allem aber sollte nicht übersehen werden, dass die Zentralbanken für ein immer weiteres Absinken der Langfristzinsen gesorgt haben, weil sie die Kurzfristzinsen auf immer niedrige Niveaus geschleust haben.

Der Kurzfristzins hat nämlich einen entscheidenden Einfluss auf den Langfristzins: Der Langfristzins spiegelt die Erwartung über den künftigen Verlauf der Kurzfristzinsen wider (siehe hierzu unten: "Was Sie über den Zusammenhang von Kurz- und Langfristzins wissen sollten").

Dass die Langfristzinsen sich ungewollt von den Kurzfristzinsen abkoppeln, kann daher nur zwei Gründe haben: Entweder "missverstehen" die Finanzmärkten die von der Zentralbank angestrebte künftige Zinspolitik.

Oder die Marktakteure misstrauen den Geldpolitikern: Sie rechnen zum Beispiel mit künftig erhöhten Inflationsraten, und aus diesem Grund löst sich der Langfristzins vom Kurzfristzins.

Spätestens seit 2008 haben jedoch die Zentralbanken die Langfristzinsen „direkt“ im Griff. Sie sind dazu übergangen, Anleihen im Markt zu kaufen beziehungsweise derartige Anleihekäufe in Aussicht zu stellen.

Dadurch können sie mehr oder weniger punktgenau die Kurse der Anleihen bestimmen. Der Grund für diese "neue Politik": Die Zinsen sollen nicht auf politisch ungewollte Niveaus ansteigen.

Die Zentralbanken wissen: Damit der "Boom", der mit Hilfe des Papiergeldsystems in Gang gesetzt wurde, nicht in sich zusammensackt, müssen die Zinsen auf immer tiefere Stände gebracht werden.


Folgen für den Goldpreis

Das Bestreben, die Kurz- und Langfristzinsen künstlich niedrig zu halten, ist angesichts der weltweit hohen Schuldenstände insbesondere von Staaten und Banken nicht überraschend.

Die jüngsten Zahlen zeigen, dass die internationalen Schulden seit 2007 sogar um mehr als 40 Prozent angestiegen sind (siehe hierzu die linke Spalte). Von Schuldenabbau also bislang keine Spur!

Das ist ganz besonders problematisch, weil die Produktionsleistung vieler Volkswirtschaften in der Krise stark zurückgegangen ist und auch heute noch vielerorts unter dem Vorkrisenniveau liegt.

Wenn eine weitreichende Anpassungsrezession verhindert werden soll, werden die Zentralbanken aus der Politik des Zinsdrückens gar nicht aussteigen können (und wollen). Vor allem auch deshalb nicht, weil die Meinung weit verbreitet ist, mit niedrigen Zinsen und mit mehr Kredit- und Geldschöpfung ließe sich Wachstum und Beschäftigung fördern.

Angesichts der weltweiten Probleme, für die das Papiergeld gesorgt hat, wäre es nicht verwunderlich, wenn die Zinsen (die ja schon sehr niedrig sind) noch weiter heruntergedrückt werden. Sinkende Zinsen, verbunden mit einem fortgesetzten Ausweiten der Geldmenge, sprächen für eine Stärkung der Goldnachfrage und eine Fortsetzung der jüngsten Preiserholung.


Exkurs: Zur Entwicklung der amerikanischen Bankkredite

Im Papiergeldsystem sind die Bankkredite der zentrale Weg, durch den neues Geld in Umlauf gebracht wird. Was spielt sich derzeit im Markt für Bankkredite ab?

In den Vereinigten Staaten von Amerika zeigen sich lediglich bei Buchkrediten einschließlich der Leasing-Kredite (Graphik (b)) leicht erhöhte Wachstumsraten; und es zeigt sich ein Rückgang bei der Schrumpfung der Hypothekarkredite (Graphik (c)). Alles in allem scheint der Einfluss des Niedrigzinses auf das Kreditgeschäft der Banken recht verhalten zu sein. Die Kredite wachsen nach wie vor deutlich schwächer im Vergleich zur Phase vor dem Wirtschaftseinbruch 2008/2009.

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Quelle: Thomson Financial, eigene Berechnungen. Wochendaten. 1)
Die Lücke erklärt sich durch einen Strukturbruch in der Datenreihe


Vermutlich wird so mancher Geldpolitiker wissen, dass dauerhaft niedrige Zinsen volkswirtschaftliche Probleme heraufbeschwören. So verzerren tief gehaltene Zinsen zum Beispiel die Finanzmarktpreise. Auch ermuntern künstlich tiefe Zinsen Fehlinvestitionen, die nachfolgend korrigiert werden müssen, und das ist mit mitunter hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Dennoch scheint die Abkehr von der überzogenen Niedrigzinspolitik nur wenige Freunde zu haben. Denn ein merkliches Anziehen der Zinsen würde das Konjunkturgebäude, das im Zuge der Niedrigzinspolitik errichtet wurde, schwer erschüttern oder gar in sich zusammenbrechen lassen.

Ein Ausstieg aus der Politik der niedrig gedrückten Zinsen ist im Grunde nur möglich, wenn eine "Anpassungsrezession" hingenommen wird. Solange die aber gescheut wird, müssen Investoren mit weiterhin tief gehaltenen Zinsen rechnen.




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