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Zinsen bleiben tief; und sie könnten noch weiter absinken

17.03.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Was Sie über den Zusammenhang von Kurz- und Langfristzins wissen sollten

Im heutigen Papiergeldsystem, in dem Geld per Bankkreditvergabe quasi "aus dem Nichts" geschaffen wird, bestimmt die Zentralbank den Kurzfristzins (und zwar auf die Nachkommastelle genau, wenn sie es denn will).

Der Langfristzins wurde bislang nicht durch die Zentralbank direkt, sondern durch das Angebot von und die Nachfrage nach Anleihen auf dem Kapitalmarkt bestimmt. Allerdings besteht zwischen dem Kurzfristzins, den die Zentralbank bestimmt, und dem Langfristzins, der auf dem Kapitalmarktzins bestimmt wird, ein recht enger Zusammenhang.

Der Langfristzins spiegelt nichts anderes wider als die Erwartung über den Pfad, den die kurzfristigen Zinsen künftig nehmen werden.

Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Der aktuelle Zentralbankzins beträgt 0,5 Prozent. Es wird erwartet, dass die Zentralbank den Zins bei 0,5 Prozent halten wird, und zwar für die kommenden zehn Jahre.

In einem solchen Fall würde die Rendite einer zehnjährigen Anleihe (wir wollen hier Inflations- und Kreditausfallrisiken vernachlässigen) 0,5 Prozent betragen (0,5 Prozent mal 10 Jahre dividiert durch 10).

Würde erwartet, dass der Zins im sechsten Jahr von 0,5 auf 1,0 Prozent angehoben wird, so läge der heutige zehnjährige Zins bei 0,75 Prozent (5 mal 0,5 Prozent plus 5 mal 1,0 Prozent, und das alles dividiert durch 10).

Wenn die Zentralbank die Kurse der Anleihen jedoch direkt festsetzt (etwa durch Direktkäufe), bestimmt sie auch die Renditen dieser Papiere. Denn der Kurs eines festverzinslichen Wertpapiers steht in einem negativen Verhältnis zu seiner Rendite: Steigt der Kurs, so sinkt die Rendite; fällt der Kurs, so steigt seine Rendite.

Wenn die Zentralbank dazu übergeht, die Wertpapierkurse zu bestimmen, so bestimmt sie damit gleichzeitig auch die Renditen dieser Wertpapiere - und zwar auf die Nachkommastelle genau, wenn sie will.

Bei einer solchen Politik hört der Zins auf, ein Marktphänomen zu sein. Der Zins ist dann voll und ganz durch die Zentralbank diktiert.

Im Grunde sind die internationalen Staatsanleihemärkte einer solchen Situation bereits sehr nahegekommen: Die Zentralbanken setzen nicht nur die Kurzfristzins, sondern mittlerweile auch zusehends die Langfristzinsen durch Anleihekäufe.


Weltweit wachsen die Schuldenstände weiter an

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Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 9. März 2014, S. 18. Legende: FI = Finanzinstitute, GG = Staaten; II = Internationale Institute; NFI = Nichtfinanzielle Unternehmen, NPISH
= Nicht-Gewinnorientierte Unternehmen, die Haushalten dienen; TDS = Gesamte Schuldtitel; EM = Emerging Markets (Brasilien, China, Korea, Mexiko, Polen, Russland, Südafrika, Türkei).


Wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) am 9. März 2014 berichtete, belief sich Ende Juni 2013 der weltweite Bestand der ausstehenden Schuldverschreibungen auf 100 Billionen US-Dollar. Mitte 2007 waren es noch 70 Billionen US-Dollar. Im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Verschuldung nicht etwa geschrumpft (wie vielfach vermutet wurde), sondern sie ist vielmehr um mehr als 40 Prozent angestiegen!

Dabei haben die Staaten am kräftigsten zum Schuldenzuwachs beigetragen. Sie emittierten dabei Schuldtitel vor allem im heimischen Markt. Im Juni 2014 beliefen sich die Staatsschuldpapiere auf 43 Billionen US-Dollar, ein Anstieg von 80 Prozent gegenüber Juni 2007!

Die Schuldpapiere, die der Finanzsektor im heimischen Markt ausgegeben hat, sind von Mitte 2007 bis Mitte 2013 um 5 Prozent geschrumpft, die Schuldtitel, die international platziert wurden, sind hingegen um 19 Prozent angewachsen. Die Schuldtitel, die von nichtfinanziellen Unternehmen begeben wurden, stiegen auf 10 Billionen US-Dollar bis Mitte 2013 an (wobei hier das Ersetzen von Bankkrediten durch Schuldverschreibungen eine Rolle gespielt haben dürfte).


Bestimmungsfaktoren des Goldpreises in der langen Frist

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Quelle: Thomson Financial, eigene Berechnungen.
Periode: 1972 bis Anfang 2014. *Geschätzt auf Basis der Geldmenge M2 und dem kurzfristigen Realzins. Die gestrichelten Linien zeigen den Standardfehler um den Schätzwert.


Die Zukunft, einschließlich der künftigen Edelmetallpreise, lässt sich bekanntlich nicht errechnen oder mit "Modellen" punktgenau schätzen.

Es lassen sich jedoch mittels ökonomischer Überlegungen grundlegende Zusammenhänge ableiten. Etwa die Bedeutung der Geldmenge und der Zinsen für den Goldpreis. Wenn man den Goldpreis (USD/oz) im Zuge einer Langfristbetrachtung durch die US-Geldmenge und den inflationsbereinigten US-Zins ("Realzins") erklären will, so deutet das Ergebnis aktuell auf einen Goldpreis von ungefähr 1.300 USD/oz hin.

Dabei zeigt sich, dass die Geldmenge in der Betrachtungsperiode einen positiven Einfluss auf den Goldpreis ausgeübt hat, der Realzins hingegen einen negativen. Die Ergebnisse sind also ganz so, wie man es als Ökonom erwarten würde.

Der damit verbundene Schätzfehler ist jedoch ganz beträchtlich (und zwar bei rund 200 USD/oz). Man sollte das obige Ergebnis daher nicht als Verfahren interpretieren, um daraus eine "Punktschätzung" abzuleiten.

Der Erklärungswert liegt vielmehr in dem Hinweis, dass eine fortgesetzte Geldmengenausweitung bei niedrigen Zinsen für einen künftig höheren Goldpreis spricht; und dass der aktuelle Preis mit Blick auf die aktuelle Datenlage nicht "zu teuer" erscheint.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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