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Das Märchen von der Deflation

27.12.2005  |  Walter K. Eichelburg
- Seite 2 -
Deflation oder Währungskrise?

Der allgemeinen Auffassung nach waren diese Krisen alle deflationäre Depressionen, unter anderem, weil die Preise der Assets (Bonds, Aktien, Immobilien) stark gesunken sind. Ein solches Szenario beschreibt auch Günter Hannich in seinen Büchern wie "Geldcrash, die verheimlichte Gefahr" oder auch Robert Prechter in "Conquer the Crash". Eberhard Hamer geht in seinem Buch "Was passiert, wenn der Crash kommt" näher auf die gesellschaftlichen Folgen ein.

Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich diese Krisen aber als Währungskrisen, verursacht durch das Abziehen von sogenanntem "Hot Money" in das Ausland. Die schwere Depression im Deutschland der 30er Jahre wurde auch massgeblich durch das Abziehen von kurzfristigem Auslandskapital verstärkt.

Argentinien etwa war im Ausland in USD so schwer verschuldet, dass 2001 eine Kapitalflucht von einheimischem und ausländischem Kapital begann. Ende 2001 mussten dann die Banken geschlossen werden, da so viele Leute ihr Geld abhoben. Es kam zu monatelangen Protesten vor geschlossenen Banktoren.

In Russland verschwanden 1998 zuerst D-Mark und Dollar, dann auch der Rubel, sodass die Banken schließen mussten.

Die Asienkrise begann 1997 mit dem Abzug von Hot-Money aus Thailand und griff dann auf Südkorea und Indonesien über. Besonders in Indonesien kam es zu Rassenunruhen.

In allen Fällen hatten die betroffenen Länder massive Handelsbilanz-Defizite, die vorher durch einfließendes Auslandskaital gedeckt wurden. In Asien waren diese primär durch Investitionen verursacht, in Russland und Argentinien durch einen übermässigen Konsum (Weltzentrale der Schönheitsoperationen).


Abwertung

In allen Fällen kam es zu einer massiven Abwertung der lokalen Währung.
In Argentinien sank der Peso von einer 1:1 Parität auf etwa 3:1 zum USD.

Konsequenzen (aus dem Buch Globalization von Joseph Siglitz 2002 und anderen Quellen):
  • Massive Abwertung der Währungen trotz starker Intervention des Internationalen Währungsfonds (IMF) - primär damit das Auslandskapital heil herauskommt
  • Große Arbeitslosigkeit
  • Verarmung, massive Dezimierung der Mittelschichten, soziale Ungleichheit
  • Hohe Zinsen, Verweigerung der Kreditvergabe
  • Massive Steigerung der Lebenshaltungskosten bei sinkenden Löhnen
  • Sturz der Regierung (wird von den Regierenden am meisten gefürchet)
  • Verletzter Stolz (Argentinien)
  • Extremer Preisverfall bei Immobilien und Aktien lockt (ausländische) Spekulanten an

  • Ja übrigens, kaum jemand hat diese Krisen vorausgesehen. Wenige Experten haben natürlich schon vorher gewarnt, aber sie wurden nicht gehört. So wie die Finanzherde gemeinsam Geld in diese Länder gesteckt hat, hat sie es auch wieder abgezogen. Der Fluch kurzfristiger Kredite. Man hat auch dann noch Kredite gegeben (und genommen) als das Ende schon absehbar war.

    Bei einer "echten" Deflation aus der Goldstandard-Zeit, wie sie Günter Hannich beschreibt, müssten alle Preise sinken, auch die für Lebensmittel. Das taten sie aber nicht. Allein schon wegen der Abwertung der Währungen. Es sanken nur die Preise in lokaler Währung für Assets und nicht lebensnotwendige Dinge. In stabiler Fremdwährung dagegen sanken alle Preise.

    Marc Faber beschreibt in seinem Buch "Tomorrow’s Gold", 2003, wie sich die Asset-Preise in verschiedenen Krisensituationen entwicklen: The Life-Cycle of Emerging Markets, Seite 71pp. (Anmerkung GoldSeiten: Buchtitel der dt. Ausgabe "Zukunftsmarkt Asien")


    Noch etwas aus der Argentinien-Krise:

    James Turk, der Gründer von goldmoney.com beschreibt in Jim Puplava’s Financial Newshour am 3. Dezember 2005 die monetären Auswirkungen so:

    "Exactly. I make the comparison to what happened in Argentina a few years ago and this was very good in terms of explaining the inflation/deflation issue. What happened during the peso crisis is the quantity of pesos in circulation collapsed by about 30% in a six month period of time. Now normally, that would be a massive deflation because of a dramatic decline in the quantity of money, the quantity of pesos. But over that six months the price of things in pesos rose by 50%. How can you have a massive inflation when you had a huge 30% drop in the quantities of pesos circulating as currency? And the answer is very simple: the demand for money declined even more rapidly than the supply of money. And that’s what you’re going to see with the dollar. You’re going to see a massive decline in the demand for the dollar, and an increase in demand for gold and other hard assets. And as a consequence the price of gold is going to rise dramatically in dollar terms in the years ahead."

    Kurze Übersetzung: "Ich vergleiche was in Argentinien passiert ist mit der Inflations/Deflations-Sache. Was passiert ist, die Peso-Geldmenge ist um 30% kollabiert, innerhalb von 6 Monaten. Normalerweise wäre das eine massive Deflation, allein wegen der starken Reduktion der Geldmenge. Aber in der gleichen Zeit sind die Preise in Pesos um 50% gestiegen. Wie kann man eine massive Inflation haben, wenn die Geldmenge um 30% sinkt. Ganz einfach, die Nachfrage nach Geld sank viel stärker als die Geldmenge. Das gleiche wird mit dem Dollar passieren. Es wird eine massive Reduktion der Nachfrage nach Dollars geben und eine Erhöhung der Nachfrage nach Gold und anderen "harten Assets". Als Konsequenz wird der Goldpreis in den kommenden Jahren dramatisch ansteigen."


    Währungskrise

    Alle diese oben beschriebenen Krisen waren also keine echten Deflationen, sondern eigentlich Währungskrisen. Man könnte auch sagen, dass in einem schuldengedecken Papiergeld-System (Fiat-Money) es eine echte Deflation gar nicht geben kann, da der Staat oder die Zentralbank beliebig viel Geld drucken (elektronisch produzieren) können.

    Das einzige Hindernis ist, wenn man in einer solchen Krisensituation die Währung retten will, muss man so hohe Zinsen bieten, dass nicht alles Kapital flüchtet. Ansonsten kommt eine Hyperinflation. Diese hohen Zinsen und die jetzt viel schärfere Kreditvergabe lösten die eigentliche, wirtschaftliche Depression aus.

    Wer in einer solchen Krise Bargeld oder Auslandsguthaben in harter Währung hatte, für den war das Land in der Krise ein Paradies der niedrigen Preise, besonders für Investoren. Für diese Leute stellte sich die Krise wirklich als Deflation dar, nicht für die Menschen mit abgewerteter, lokaler Währung. Für die werden nur die Assets billiger, alles andere steigt im Preis. So konnte man etwa in 2002 eine Eigentumswohnung in Buenos Aires um ca. 10.000 USD kaufen (in Cash, kein Kredit erhältlich), vorher hatte sie europäische oder amerikanische Preise.


    Vergleich zu Heute

    Kommen wir also zum Anfang des Artikels zurück, wo gesagt wurde, dass wir derzeit in der grössten Schuldenpyramide aller Zeiten leben. Diese Schulden sind nie mehr rückzahlbar. Außerdem sind diese Schulden recht kurzfristig oder leicht verkaufbar (Bonds). Wenn allein die Staatsanleihen nicht mehr verlängert werden (Umschichtung in neue Ausgaben), gehen die meisten Staaten sofort bankrott, da die übliche Laufzeit in den westlichen Industriestaaten heute unter 3 Jahre beträgt. Das half zwar Zinsen sparen, ist aber im Krisenfall enorm gefährlich.

    Sobald das Vertrauen in die Rückzahlung dieses gigantischen Schuldenberges sinkt, egal ob wegen möglichem Schuldnerbankrott oder drohender (Hyper-) Inflation, wird der Abverkauf dieser Bonds beginnen. Die "Finanzherde" wird dann wohl gemeinsam aussteigen.

    Am meisten gefährdet sind hier die USA, denn sie brauchen täglich über 3 Mrd. USD um ihr Handelsbilanzdefizit plus Auslandsinvestitionen der Amerikaner zu decken. Bisher kam dieses Geld zu einem großen Teil von asiatischen Zentralbanken, die ihre Exporte in die USA sichern wollten - eine Auswirkung der Asienkrise? Auch spielen Marktmanipulationen, durch das "Plunge Protection Team" besonders am Aktien- und Bond-Markt eine grosse psychologische Rolle, die das Privatkapital noch drinnen halten. Das geht aber nicht ewig.

    Nur, im Vergleich zu vor einigen Jahren haben sich einige Dinge geändert. Das Bush-Regime steht unter anderem wegen der Folterskandale und imperialistischem Gehabe international unter Druck. Außerdem ist der Irak-Krieg verloren und auch schon im US-Kongress werden Abzugsforderungen laut - Most foolish war since Emperor Augustus - Martin van Creveld. Die US-Army ist demoralisiert und aufgebraucht. Ein Abzug aus dem Irak spätestens 2006 ist notwendig, um noch etwas von ihr zu retten.

    Man sollte sich nicht wundern, dass so viele amerikanische Private-Equity-Funds (die "Heuschrecken") derzeit in Deutschland Firmen und Wohnungsgesellschaften kaufen. Das ist nicht nur weil die Preise günstig sind, sondern sicher auch Kapitalflucht aus den USA - das "Smart-Money".

    Irgendwann wird also der Abverkauf der US-Wertpapiere beginnen, noch dazu dass etwa 10 USD-Trillions davon vom Ausland gehalten werden. Wer zuerst verkauft, bekommt den besten Preis. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein politisches Ereignis (Cheney-Rücktritt, Bush-Impeachment, Irak-Rückzug) den Auslöser ergibt, oder die Importlust der Amerikaner bricht nach dem Platzen der Immobilien-Bubble zusammen. Wie gesagt, den letzten Verkäufer beissen die Hunde (auf den Kapitalmärkten).

    Ich empfehle dazu auch "Greenspan´s Ducks take flight" von Peter George.

    Ein solcher Dollar-Bond-Abverkauf führt zu 2 Dingen, da auch aus dem Dollar in andere Währungen gewechselt werden wird:
    a.) hochspringende Zinsen
    b.) Dollarverfall

    Gegen die hochspringenden Zinsen kann Ben "Helicopter" Bernanke, der dann Fed-Chef sein wird, etwas tun: Monetisieren, d.h. er kauft die verkauften Bonds mit frisch erzeugtem Geld selbst auf. Das führt zur Hyperinflation. Marc Faber hält diese Variante in seinem Artikel "Why the Fed has no other Alternative but to print Money" und einigen anderen Artikeln als die Wahrscheinlichste. Die Alternative wäre ein sofortiger Derivatencrash der Banken. Ob mit "Helicopter-Geld" und anderen Bernanke-Ideen dieser Crash wirklich lange aufgehalten werden kann, ist fraglich. Offenbar will man dieses Monetisieren verschleiern, so dass ab 22. März 2006 keine M-3 Geldmengen-Zahlen mehr veröffentlicht werden. Der Goldpreis hat darauf schon reagiert. Es ist alles eine Frage der Psychologie und des Vertrauens.

    In "A Roadmap To Financial Ruin!" meint Mark Faber, dass dieses Hyperinflations-Szenario wahrscheinlich ist und dabei Devisenkontrollen eingeführt werden und der Goldbesitz verboten wird. Vermutlich will man sich damit einige Monate länger an der Macht erkaufen. Man wird sehen.

    Es kann bei einer solchen Aktion aber auch das Gegenteil eintreten, wie es Martin D. Weiss in seinem Buch "Crash Profits", 2003, beschreibt. Dass dann niemand mehr US-Staatsanleihen (Treasuries) kauft und Bernanke mit seiner Fed der einzige Käufer bleibt. Damit wird die Verkaufswelle nur noch verstärkt. Falls Ben Bernanke von ähnlicher Qualität wie das übrige Bush-Personal ist (siehe Ex-FEMA-Boss Brown - "I am a fashion god"), wird er die Situation nur noch verschlimmern.

    Wann: es kann jederzeit beginnen, vermutlich noch 2006.




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