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Japanische Zinsverhältnisse in Sichtweite

26.05.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Drittens: Die Euro-Banken reichen den negativen Einlagenzins an ihre Privatkundschaft weiter. In einem Nullzinsumfeld steigt die negative Verzinsung der Bankeinlagen. Den Banken könnte zudem ein Abzug von Depositen drohen, wenn die Kunden erkennen, dass sie mit Bargeld (im Tresor) besser gestellt sind als mit dem Halten von Bankguthaben. Entstehen den Banken durch Depositenabzug Finanzierungslücken, müsste die elektronische Notenpresse ebenfalls angeworfen werden.

Viertens: Auslandsinvestoren fragen weniger Euro nach, wenn die Euro-Banken, bei denen sie ihre Guthaben halten, ihnen einen negativen Einlagenzins berechnen. Eine nachlassende Euro-Nachfrage lässt den Euro-Wechselkurs abwerten. Die Euro-Bürger werden dadurch ärmer.


"QE"

Die EZB liebäugelt zudem mit dem Aufkauf von Bankkrediten und/oder Wertpapieren, eine Politik, die als "Quantitative Easing" (kurz: "QE") bezeichnet wird, und die sich als Geldvermehrungspolitik übersetzen lässt.

Das QE hat mehrere Folgen. Zum einen senkt die Wertpapiernachfrage der Zentralbank die Renditen der Schuldpapiere. Zum anderen wird durch QE die Geldmenge ausgeweitet.

Kauft die EZB Wertpapiere, die Banken bisher besessen haben, so steigt "nur" die Basisgeldmenge. Kauft die EZB dabei Wertpapiere von Nichtbanken, steigt neben der Basisgeldmenge auch die Geldmenge M1.

Die Geldmenge M1 ist die für Käufe relevante Geldmenge. Die EZB kann folglich durch QE die Geldmenge in den Händen der Privaten direkt und ohne Umschweife über die Bankkreditgewährung ausweiten.

Die EZB kann somit durch QE die Geldmenge M1 beliebig ausweiten und damit einer Deflation entgegenwirken. Sie kann auch, wenn das politisch erwünscht ist, durch QE für eine höhere Inflation sorgen.


Abwärtsdruck auf die Zinsen

Hat die EZB erst einmal begonnen, Anleihen aufzukaufen, ergibt sich ein Handlungszwang: nämlich dauerhaft weiter Anleihen kaufen zu müssen. Sozusagen: "Einmal QE, immer QE". Wie erklärt sich das?

Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, wird sie zum Gläubiger der Staaten. Die Staaten müssen ihre Zins- und Tilgungszahlungen an die EZB überweisen. Das verringert die Basisgeldmenge und die Geldmenge M1.

Wenn das verhindert werden soll, muss die EZB die erhaltenen Zins- und Tilgungszahlungen verwenden, um neue Anleihen zu kaufen. Durch die fortgesetzte Nachfrage nach Anleihen wird sie folglich einen dauerhaften, zinssenkenden Abwärtsdruck auf die Renditen ausüben.

Sollte die EZB Anleihen kaufen, würde auch die letzte große Zentralbank der Welt zum bedeutenden Nachfrager auf den Märkten für Schuldtitel aufsteigen - mit nachhaltiger zinssenkender Wirkung.

Man bedenke: Der Euro-Bankenapparat ist der weltweit größte mit einer Bilanzsumme von etwa 30.500 Mrd. Euro (zum Vergleich: Die Bilanzsumme des US-Bankenapparates beläuft sich umgerechnet auf 19.500 Mrd. Euro).

Sinkende Zinsen haben das Potenzial, die Zinsen in anderen Währungsräumen nach unten zu ziehen. In jedem Fall wäre es nicht verwunderlich, wenn die EZB-Politik zu japanischen Zinsverhältnissen im Euroraum führt.


Sinkende Zinsen sollten Goldpreis unterstützen

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Quelle: Thomson Financial





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