Interview: Der Zukunftsforscher Gerald Celente (Teil 1/2)
10.07.2014
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Das war natürlich ein Riesending. Die Polizei versuchte immer, dass Nummernspiel zu unterbinden, weil die am häufigsten spielten, die es sich am wenigsten leisten konnten. Klar als der Staat ins Geschäft einstieg, hieß die Sache dann ‘Lotto‘ oder ‘Megamillions‘ - und damit war alles ok. Es war erlaubt. Was ich damit nur sagen will, ist, dass diese Dinge ihren ganz eigenen Lauf nehmen. Man denke ans legalisierte Glücksspiel: In vielen Gebieten wurde es als das Allheilmittel angepriesen, um konjunkturschwache Gebiete aus dem Depressionstal zu holen. Man dachte: Casinos schaffen neue Gelegenheiten für Glücksspiel und die schaffen neue Einnahmeströme. Diese Zeiten sind vorbei.
Zurück zu Marihuana-Legalisierung: Anfänglich wird es hier unternehmerisches Chancenpotential geben, doch dann - so wie es auch überall sonst der Fall ist - werden die multinationalen Firmen und Großunternehmen das ganze Geschehen an sich ziehen und die kleinen Leute kaltstellen.
Erst wird noch der Eindruck vermittelt, es helfe den einzelnen, kleinen Unternehmen, aber wenn das Geschäft dann doch zu groß wird, wird sich der Staat einschalten und dafür sorgen, dass den Großunternehmen auch der größte Geschäftsanteil zufällt - denn nur das und nichts anderes ist der Staat.
Er ist eine als Demokratie getarnte Großunternehmung. Hier geben sich nicht Staat und Unternehmen die Hand - das ist kein Revolving-Door-Prinzip mehr. Hier dreht sich nichts mehr. Hier regieren die Unternehmen das Land.
Daily Bell: Kommen wir auf einige andere Themen aus der neuen Ausgabe zu sprechen. Im sechsseitigen Artikel “Stoking a war that can't be won” [“Krieg schüren, ohne Aussicht auf Sieg“], der sich mit der Ukraine, den USA und Russland beschäftigt, meinen Sie: “Aktuell haben Wahnsinnige in politischen Positionen die Finger an den Abzügen. Man muss sie stoppen."
Bitte erklären Sie das unseren Lesern: Welche Rolle hat der US-Leviathan in den Ereignissen um die Ukraine gespielt? Haben wir hier tatsächlich das Potenzial für einen Dritten Weltkrieg, oder ist es eher ein Versuch, die Öffentlichkeit von der Wirklichkeit allgemeiner wirtschaftlicher Zerstörung und einer weiteren gescheiterten Regierung abzulenken?
Gerald Celente: Zur ersten Frage, inwieweit die USA verwickelt ist: Hier ins Detail zu gehen würde den Rahmen sprengen. Ich empfehle aber allen, die sich wirklich damit beschäftigen wollen, auf die Seite von Dr. Paul Craig Roberts gehen. Natürlich haben wir das auch in den Trends Journal ausgiebig behandelt.
Seine Webseite ist paulcraigroberts.org. Wie man weiß, war er ehemaliger stellvertretender Finanzminister unter Ronald Reagan - in dieser Position hatte er auch die Macht, den Direktor der CIA unter Eid vernehmen zu können. Also ein Mann, der auch Insider war und der weiß, was läuft.
Man schaue sich die Videoaufnahmen an, die unsere Assistant Secretary of State, Victoria Nuland, am 13. Dezember 2013 beim National Press Club in Washington zeigen - mit einem großen Chevron-Zeichen über ihrer Schulter; in dieser Rede sagt sie, die Ukraine sei europäisch und sie sollte den vom IWF vorzeichneten Weg folgen. Muss man noch mehr wissen, um zu sehen, was dort passiert?
Übrigens, für alle, die’s noch nicht wissen: Der Sohn des Vizepräsidenten Joseph Biden, Hunter Biden, wurde in den Aufsichtsrat von Burisma Energy geholt, des größten privaten Energieunternehmens der Ukraine; und genauso auch Devon Archer, der Geschäftspartner von Christopher Heinz. Christopher Heinz ist John Kerrys Stiefsohn. Devon Archer arbeitete zudem an einer ganzen Reihe von John-Kerry-Kampagnen mit, und auch er wurde in den Aufsichtsrat von Burisma Energie gewählt.
Die Vereinigten Staaten sind also ganz ausgiebig in dieser Angelegenheit involviert - Victoria Nuland, Geoffrey Pyatt, der US-Botschafter in der Ukraine vor der Entmachtung von Janukowytsch, und die Aufnahmen, aus denen hervorgeht, dass sie Pläne für eine Sturz haben und auch sagen, wer danach am besten den Platz Janukowytschs übernehmen sollte - und so weiter und so fort - die ganze Zeit, ohne Ende.
Könnte das der 3.Weltkrieg werden? Aber sicher doch. Die Sache ist außer Kontrolle geraten, und es ist nicht so, als würde jemand im gesunden Bewusstsein auf die Knöpfe drücken. Das sind verrückte Männer und Frauen. Ich sage verrückte Frauen, weil wir auch Timoschenko nicht vergessen dürfen, die ehemalige Premierministerin, die wieder versucht, an die Macht zu kommen. Wenn man sich ihre verrückten Schimpftiraden auf den Aufnahmen anhört, wo sie im Grunde sagt, man solle Russland doch mit Atomwaffen bombardieren, dann haben wir doch hier ein Arbeitsfeld mit Chancengleichheit. Alle Geschlechter wurden gleich geschöpft.
Die Situation könnte eskalieren und außer Kontrolle geraten. Man muss die Einzelteile doch immer wieder zum Ganzen fügen. Man könnte bis zur Irakkrise zurückgehen, die auch wieder aufflammt, und dabei die Energiepreis betrachten. Energiepreise spielen eine große Rolle bei den russischen Energielieferungen nach Europa und in die Ukraine. Wenn die Preise steigen, verstärken sich die Konflikte. Wenn Rezessionen schlimmer werden - und die Ukraine geht auf jeden Fall eine Depression entgegen - dann eskaliert auch die Gewalt. Das ist ganz zweifellos eine Situation, über die man sich Sorgen machen und wundern sollte.