"Deleveraging? What Deleveraging?"
24.10.2014 | Klaus Singer
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Die Autoren unterscheiden folgende Krisenszenarien:- (keine Krise) Es kommt zu einer Rezession mit einem temporären BIP-Einbruch. Die Output-Lücke wird anschließend wieder aufgeholt und die Wirtschaft kehrt zu der Wachstumsrate wie vor der Rezession zurück.
- (Krisenszenario 1) Nach einem Krisenausbruch wird die Output-Lücke nicht geschlossen, die Wirtschaft kehrt aber zu der Wachstumsrate wie zuvor zurück.
- (Krisenszenario 2) Nach einem Krisenausbruch wächst die Wirtschaft nur noch mit geringerer Rate weiter.
- (Krisenszenario 3) Nach einem Krisenausbruch wird eine Outputlücke gerissen, diese wird nicht geschlossen und die Wirtschaft wächst nur noch mit geringerer Rate weiter. /ul>
Im Japan zwischen den frühen 1990er Jahren und 2008 kam es zum Krisenszenario 2, in den entwickelten Volkswirtschaften kam es nach 2008 zum Krisenszenario 3, der schlimmsten Form. Beiden Szenarien ist gemein, dass die Wachstumsrate nachhaltig niedriger liegt als vor dem Ausbruch der Krise. Das macht den zur Krisenbewältigung von ohnehin schon hohem Niveau aus weiter aufgeblasenen Schuldenstand noch schwerer tragbar.
So weit die Autoren. Ihre Vorschläge zur Bewältigung der verfahrenen Situation unterscheiden sich nicht von denen anderer und wirken gleichermassen hilflos. Auch sie mahnen, dass ein zu schneller und noch dazu im Weltmassstab gleichzeitiger Schuldenabbau die latente Krise wieder zu voller Entfaltung treiben würde.
Die Autoren stellen auch heraus, dass die Politik in der Eurozone bisher wenig effektiv war. Die prozyklische Austerität und eine gleichzeitige Kreditklemme machen den Deleveraging-Prozess viel teurer als etwa in den USA. Dadurch wurde auch die mögliche Wachstumrate beschnitten und exzessiver disinflationärer Druck erzeugt. Nun müsse die Politik die Situation entschlossen angehen und die Fehler der Vergangenheit vermeiden, heißt es, was immer das auch heißen soll.
[Der Bericht "Deleveraging? What Deleveraging?" wurde von Luigi Buttiglione, Philip R. Lane, Lucrezia Reichlin und Vincent Reinhart verfasst. Er ist als "Geneva Reports on the World Economy 16, September 2014" erschienen.]
Der von den Autoren dargestellte Zusammenhang lässt sich auch an dem folgenden Chart zeigen. Das dahinter stehende einfache Modell setzt am Beispiel der USA die Wachstumsraten von Gesamtverschuldung und nominalem BIP in Beziehung und extrahiert daraus einen Schuldenzyklus. Eine von der Schuldenseite nicht länger tragbare Situation wird im oberen Chart mit "Cycle-Trough" markiert.
Eine solche hatten wir zuletzt 2008/2009. Eine aus kurzfristiger Sicht problematische Situation wird durch einen Ausschlag der roten Signalkurve nach oben angezeigt. Dementsprechend liegt seit dem zweiten Quartal 2010 in den USA keine Schulden-induzierte "Trouble"-Situation vor, in der Tendenz spricht jedoch viel dafür, dass wir uns auf eine solche zubewegen.
Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de
© Klaus G. Singer
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