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Energiesektor: Ruft der Einbruch QE 4 auf den Plan?

02.01.2015  |  Peter Schiff
In einem normalen Wirtschaftsumfeld würden sinkende Energiekosten uneingeschränkt als gute Nachricht gelten - aus ganz einfachen Gründen: Keiner kauft eine Tonne Rohöl, um Eindruck zu schinden; ein Klumpen Kohle macht keinen per se glücklicher. Energie ist einfach nur Mittel und Weg, um Dinge zu bekommen, die wir möchten.

Wir nutzen sie, um uns warm zu halten, um von A nach B zu kommen, um unsere Güter zu transportieren, um unser Essen zu kochen, um unsere Häuser, Betriebe, Theater, Büros und Stadien mit Strom zu versorgen. Könnte wir all das auch ohne Energie tun, dann würden auf keinen Fall Quellen anbohren oder Windmühlen bauen. Je niedriger die Energiekosten, desto billiger und zahlreicher werden die Dinge, mit denen wir leben möchten.

Das ist keine Wirtschaftstheorie, nur gesunder, grundlegender Menschenverstand. Aber wir leben nun einmal nicht in einem normalen Wirtschaftsumfeld, und die Rechnungen sind (zumindest für die Vereinigten Staaten) deutlich komplizierter geworden.

Unter den meisten Ökonomen herrscht Konsens darüber, dass der steile Anstieg der Energieproduktion seit einigen Jahren einer der Leuchttürme für die US-Wirtschaft gewesen ist; einige sprachen sogar von der "Amerikanischen Energierevolution". Die verblüffenden Fortschritte in der Bohr- und Gewinnungstechnologie haben die US-Energieproduktion, nach Angaben der Internationalen Energiebehörde, seit 2007 um sage und schreibe 45% anwachsen lassen.

Zwar meinen einige, dass diese Veränderungen durch die ständig aufkeimende Frustration über der Energieabhängigkeit der USA angestoßen wurden, allerdings geht es, so denke ich, einmal mehr nur ums Geld.

Der eklatante Anstieg der Rohölpreise der letzten 7 oder 8 Jahre hat zu einer grundlegenden Veränderung der Dynamiken in der heimischen Energieindustrie geführt. Viele der einst unrentablen Förderorte ließen sich wieder ökonomisch betreiben, nebenbei wurden Arbeitsplätze im Sektor geschaffen. Die geschaffenen Arbeitsplätze waren zudem gut bezahlt und Vollzeit - der allgemeine Arbeitsmarkttrend (sprich geringere Bezahlung und Teilzeit) wurde somit aufgebessert.

Die meisten Investoren und Produzenten hätten sich schon damals eine entscheidende Frage stellen sollten, die allerdings nie gestellt wurde: Warum war der Ölpreis zwischen 2001 und 2007 überhaupt von 20 $ auf mehr als 150 $ gestiegen, bevor er sich in den letzten 5 Jahren irgendwo im Bereich von 100 $ zu stabilisieren begann? Benötigte die Welt im Jahr 2012 wirklich fünfmal so viel Öl wie im Jahr 2002? Lesen Sie dazu auch meinen Kommentar von letzter Woche zum Thema.

Obgleich einige Analysten ein größtenteils mystisches Angebot-Nachfrage-Ungleichgewicht entdeckt haben, geben ihre Zahlen immer noch keine Erklärung für den rapiden und drastischen Preisverfall, der gerade stattgefunden hat.

Richtig ist, dass das Angebot gestiegen ist; die Nachfrage steigt allerdings auch. Zudem laufen diese Trends schon seit einiger Zeit, was die Frage aufwirft, warum dieser plötzliche Preisverfall gerade jetzt kommt.

Ich bin nun der Meinung, dass die Ölpreise in den vergangenen 10 Jahren von denselben monetären Dynamiken angetrieben wurden, die auch Einfluss auf die Kurse anderer Rohstoffe, wie Gold, oder Finanzanlagen wie Aktien, Anleihen und Immobilien haben. Ich glaube, dass der Ölpreis zu steigen begann, weil die Fed Geld druckte und alle der Meinung waren, dass die Fed damit nicht aufhören werde.

Jetzt haben wir aber den Punkt erreicht, wo die Mehrheit der Analysten glaubt, dass die Ära des "easy money" zu Ende geht. Ich denke allerdings nicht, dass das alte geldpolitische Kapitel zu Ende ist und ein neues aufgeschlagen wird; und mit dieser Meinung bin ich auf jeden Fall in der Minderheit.

Ist es wirklich Zufall, dass der Ölpreis dann zu sinken begann, als die überwiegende Mehrheit der Analysten zur Überzeugung gelangte, dass die Fed schließlich doch strengere Geldpolitik machen werde?

Falls ich Unrecht habe und die Fed in der Tat ab 2015 nachhaltige Zinssatzerhöhungen vorantreiben wird, könnten die Ölpreise durchaus noch lange Zeit niedrig bleiben. Abgesehen von der Tatsache, dass die allgemeine Wirtschaft steigende Zinssätze nicht verkraften würde, könnten längerfristig niedrige Ölpreise Bedingungen schaffen, die die Fed letztendlich zur Kursumkehr zwingen würden.

Falls die Ölpreise nun für sehr lange Zeit niedrig blieben, würden viele der US-Bohrprojekte, die in den letzten Jahren vorangetrieben wurden, unrentabel werden; Pläne für neue Investitionen würden dann zu den Akten gelegt. Es gibt inzwischen Hinweise darauf, dass das schon passiert. Wie Reuter kürzlich berichtete, sei die Zahl der neuausgegebenen Bohrgenehmigungen auf dem gesamten Gebiet der USA im November um 40 % gesunken (und das war noch vor dem großen Ölpreisverfall, den wir seit Dezember beobachten).

Dieser zutiefst negative Einfluss auf den Hauptwachstumsfaktor der US-Wirtschaft könnte ausreichen, den langfristigen Nutzen günstiger Energiequellen innerhalb kurzer Zeit wettzumachen und in den Schatten zu stellen. Sollte sich der Ölpreis auf dem aktuellen Preisniveau stabilisieren, könnte es passieren, dass man die Ära der dreistelligen Ölpreise im Rückblick als eine weitere geplatzte Bubble betrachtet wird.

Die nach dem Platzen einsetzende Rückbildungsphase (siehe Technologieaktien und dem Immobilienmarkt) würde ernste Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung haben. Allerdings gibt es diesmal einen entscheidenden Unterschied.



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