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Was bringt das Jahr 2015 für den S&P500?

31.12.2014  |  Klaus Singer
Der S&P 500, der weltweite Leitindex für Aktien, hat sich seit dem Tief im März 2009 bis jetzt verdreifacht. Eine nennenswerte Korrektur hatte es zuletzt 2011 gegeben. Anlässe waren damals die Verschärfung der Staatsschuldenkrise in den USA und die Zuspitzung der Eurokrise. Gefühlt ist zumindest eine weitere Korrektur längst überfällig.

Das "gefühlt" lässt sich durch einige Kennzahlen untermauern. Ich betrachte dazu den Monatschart per November, damals verzeichnete der Index einen Monatsschlussstand von 2068. Der Kurs liegt 48% über dem einfachen gleitenden Durchschnitts über 72 Monate (etwa die Länge der jüngsten Konjunkturzyklen). Im Oktober 2007 waren es 29%, im August 2000 waren es 60%.

Hinsichtlich linearer Regression seit 1993 gilt, dass der Kurs heute 38% höher liegt, zurückgerechnet auf das Topp im Oktober 2007 sind es 17%, bezogen auf das Topp aus 2000 sind es 39%. Die lineare Regression lässt sich schön als das Gummiband von Investmentlegende Bob Farrell interpretieren, um das der Kurs langfristig herum oszilliert.

Aus diesen beiden Kriterien ergibt sich, dass die Kursentwicklung zwar sicherlich in einer Übertreibungsphase steckt, aber alles in allem noch nicht ganz die Extremwerte erreicht hat wie beim Topp aus 2000. Die Kennwerte des 2007er Topps hingegen sind locker übertroffen, was auch unterstreicht, dass der Crash 2008 nicht durch starke Übertreibung in der Aktienkursentwicklung, sondern durch andere Faktoren ausgelöst wurde.

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Extrem ist das Bild allerdings, wenn man die Selbstähnlichkeit des Kurses hinsichtlich linearer Merkmale analysiert (im Chart rote Kurve "Linearity"). Das normale Kursgeschehen ist durch zyklische Anpassung der Marktteilnehmer an die Aktivitäten anderer Akteure und an bisher in den Kursen noch nicht berücksichtigte externe Entwicklungen geprägt. In diesem Sinne ist diese Phase auch als "stabil" ("stable") zu verstehen. Ab einem gewissen Punkt allerdings nimmt regelmäßig der Herdentrieb überhand, die Akteure folgen dem, von dem sie glauben, dass es auch andere tun.

Die Masse kauft laut Farrell das meiste am Topp und das wenigste am Boden. Die so entstehende chaotische Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass der Kursverlauf dauerhaft immer stärker von linearen Merkmalen geprägt wird, zyklische Anpassungen treten in den Hintergrund. Ab einem bestimmten Punkt folgt der Absturz, die chaotische Phase läuft so lange, bis die Dominanz linearer Merkmale ein weiteres Zwischenhoch gebildet hat.

Betrachtet man das Ähnlichkeitsmass zu linearen Prozessen (im Chart "Linearity") so ergibt sich, dass im Juli 1999 ein Maximum bei 93% erreicht war (nicht dargestellt), im Juni 2007 waren es 94%, im August 2014 waren es 97%, so viel wie auch aktuell. Zwei Erkenntnisse lassen sich daraus gewinnen: Erstens scheint ein Topp in der Linearität grob ein halbes Jahr vor dem Topp im Kurs aufzutreten, zweitens ist das aktuelle Linearitätsmass so hoch wie zumindest bei den drei jüngsten Topp-Bildungsprozessen nicht (möglicherweise ist es sogar auf Allzeithoch).

Es gibt zwei weitere technische Aspekte bei der Kursentwicklung des S&P 500, die ich herausstellen möchte. Zum einen ist das die statistische Auswertung der Steigung des Kursverlaufs. Werden hier bestimmte dynamische Schwellen überschritten, dreht die gelbe Kurve im oberen Chartteil nach unten ab. Dies ist aktuell der Fall. Ob es sich dabei um ein kurzfristiges Verkaufssignal handelt, das in einem langfristigen Zusammenhang als Fehlisgnal einzustufen ist, zeigt der Abgleich mit der darunter liegenden hellgrünen Linie.

Diese wertet den Verlauf von kurz-, mittel- und langfristigen gleitenden, exponentiellen Durchschnitten, ihre Zuordnung zueinander und zum aktuellen Kurs aus (siehe auch hier!). Wenn diese Signallinie als Bestätigung darauf folgend ebenfalls nach unten abdreht, ist die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Topp-Bildung sehr hoch. Dies ist bisher nicht der Fall, es ist noch nicht einmal die neutrale Mittellinie erreicht.

Die technische Auswertung des Verlaufs des S&P 500 ergibt insgesamt, dass sich der Index in einer extremen Phase bewegt, belastbare Umkehrsignale haben sich aber bisher nicht eingestellt. Damit ist die Wahrscheinlichkeit noch höher, dass wir übergeordnet weiter steigende Kurse sehen. Scharfe, kurze Einbrüche würden dieses Bild eher bestätigen als daran Zweifel aufkommen lassen.

Wie gross die zu erwartenden Kurszuwächse allerdings noch sein werden, das lässt sich aus einer solchen Analyse nicht ableiten. Umgekehrt gilt allerdings, dass sich nur noch geringe Zuwächse bei dem erreichten Niveau und der langen Zeit permanenter Aufwärtsentwicklung technisch eher als Hinweis auf eine Topp-Bildung erweisen.

Dass die linearen Merkmale bei der Kursbildung so deutlich überwiegen, geht letztlich auf die beständige Geldflut der Notenbanken zum quasi-Nulltarif zurück. Hier ist kein Ende abzusehen. Das gilt auch für die USA. Die Fed hat zwar ihre QE-Maßnahmen eingestellt, aber eine Einschränkung der Liquiditätsversorgung ergibt sich daraus nicht automatisch. Der Verlauf der die Versorgung mit liquiden Mitteln messende US-Geldmenge MZM zeigt per September lediglich eine Abschwächung der weiterhin intakten Aufwärtsbewegung (Signal "Trend Lo").

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