Tsunamis kommen häufig ohne Vorwarnung
30.01.2015 | John Browne
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Da sich die Wirtschaft in der Schweiz offenbar besser entwickelte als in der Eurozone, hielt die SNB es nun für angemessen, die Ersparnisse ihres Volkes und den Lebensstandard der Schweizer zu schützen. Trotz ernstzunehmender Kostensteigerungen für die Schweizer Exporteure fühlte sich die Schweiz im nationalen Interesse dazu verpflichtet, das Inflationierungsprogramm der EZB nicht mehr um jeden Preis weiterzutragen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung ein Akt der Rettung oder des Selbstmords gewesen ist. Auf jeden Fall reagierten die Aktienkurse vieler Schweizer Exporteure, wie z.B. Swatch, mit drastischen Verlusten auf die Ankündigung der SNB (zumindest in Schweizer Franken, in Dollar oder Euro legten sie zu).
Die Welt sollte jetzt genau auf die Bilanzen der Schweizer Unternehmen achten. Sollten sie nach wie vor Gewinne machen, dann müsste man endlich auch von der Lüge Abstand nehmen, dass eine schwache Währung zu Wachstum führt. Auf der anderen Seite ist nicht ausgeschlossen, dass es bei Schweizer Banken, die große, niedrigverzinste Kredite an ausländische Gläubiger vergeben hatten, schwere Ausfallquoten geben wird.
Wichtiger als die Gewinnbilanz von Swatch werden aber die Folgen für die globalen Devisenmärkte sein. Normalerweise bewegen sich große Währungen am Tag höchstens um Prozentbruchteile. Der Einsatz kräftiger Finanzhebel wurde daher als ein durchaus vertretbares Risiko betrachtet. In London, wo die fast die Hälfte aller internationalen Währungstransaktionen stattfindet, dürfen die Marktteilnehmer mit 100 % hebeln, vielleicht sogar noch mehr, falls bestimmte Kriterien der Kreditwürdigkeit gegeben sind. Wenn so hoch gereizt wird, darf eigentlich kaum etwas schiefgehen.
Das Gemetzel vom 15. Januar war dahingehend erschreckend. Alpari in London, FXCM in New York und NZ Limited in Neuseeland waren nur einige der Brokerfirmen, die vielen ihrer Kunden folgend - beispielsweise dem 830 Mrd. $ schwere globale Hedgefonds von Everest Capital - der Auslöschung entgegenblicken. Möglicherweise haben wir hier nur die ersten Opfer einer Entwicklung gesehen, die sich zu einem regelrechten Blutbad ausweiten könnte - gesetzt dem Fall, dass sich irgendwann auch andere Währungen unabhängiger von ihren Zentralbanken bewegen können.
Der Präsident der Schweizer Nationalbank, Thomas Jordan, versuchte die Folgen der Entscheidung abzumildern, als er sagte: "Wir haben wieder einen freien Wechselkurs." Die Marktteilnehmer und das Zentralbankenestablishment waren unterdessen wie vom Schlag getroffen.
Den größten Schaden dürfte vielleicht die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Zentralbanken getragen haben. Das sogenannte "Forward Guidance" hinsichtlich niedriger Zinssätze wird sich wahrscheinlich immer schwieriger gestalten. Zudem könnte der Eindruck entstehen, dass die Schweiz die Eurozone 'verlassen' habe. Die Abwendung der Schweiz könnte dann tatsächlichen Mitgliedern wie Griechenland als Rechtfertigung zu Ausstieg dienen. Und das würde neuen Sorgen hinsichtlich der Zukunft des Euros - der zweitgrößten Fiat-Währung der Welt - Vortrieb leisten.
Unterdessen konnte der Goldpreis, als Ausdruck wachsender Investorensorgen, deutlich zulegen. Anleger, die nach wie vor alles auf die Bubble-Märkte setzen und darauf vertrauen, bei Gefahr zeitnah aussteigen zu können, sollten vielleicht über die Geschwindigkeit nachdenken, mit der die Märkte von der verblüffenden Ankündigung aus der Schweiz heimgesucht wurden.
Sicher, die SNB hatte derartige Maßnahmen immer wieder dementiert, sogar noch wenige Tage bevor sie das Messer zückte; die jüngsten Entwicklungen dürften aber deutlich gemacht haben, zu welch wichtigem Sprachmittel das Dementi in der modernen Wirtschaftsführung geworden ist. Seismische Ereignisse ereignen sich in der Regel mit brutaler Unmittelbarkeit und selten schrittweise. Investoren wären gut beraten, auf zukünftige Schocks eingestellt zu sein und ihr Portfolio dementsprechend zu strukturieren.
© John Browne
Senior Market Strategist
Der Artikel wurde am 23.01.2015 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
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