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US-Shale-Blase platzt - Stunde der Wahrheit rückt näher

03.02.2015  |  Uli Pfauntsch
- Seite 2 -
Ölpreis - Zeitpunkt für Wende

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass Nordamerika in den letzten Jahren die einzige Region war, die den Förderrückgang der konventionellen Ölfelder kompensieren konnte. Der Internationalen Energiebehörde zufolge ist die weltweite Crude-Oil-Förderung von 2013 bis 2014 von 75 Millionen Barrel am Tag auf 73 gesunken - während sie in den USA um 4 Millionen Barrel pro Tag gestiegen ist. Das bedeutet: Ohne die US-Shale-Produktion wäre das globale Fördermaximum bereits erreicht worden.

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Ein dramatischer Abfall beim US-Rig-Count, Kapitalkürzungen, Entlassungen und Insolvenzen sprechen eindeutig dafür, dass die US-Ölindustrie das Kräftemessen mit Saudi Arabien verloren hat. Dennoch steigt die US-Ölproduktion noch immer weiter. Wie kann das sein? Grund ist, dass die US-Ölindustrie keine Maschine ist, die sich auf Knopfdruck ein- und ausschalten lässt. Von der Bohrung bis zur Fertigstellung eines Wells, vergehen drei bis sechs Monate. Alles, was von der Industrie begonnen wurde, muss auch zu Ende gebracht werden. Der Produktionsgipfel der USA könnte im April mit etwa 9,5 Millionen Barrel pro Tag erreicht sein.

Schrumpft die Anzahl der Bohrtürme in den USA in der gleichen Geschwindigkeit wie seit Jahresanfang weiter, dürften in 10 Wochen etwa 30 Prozent weniger Bohrtürme im Einsatz sein. Die Auswirkung auf die US-Produktion wird voraussichtlich von Juni bis August spürbar. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich der Abfall weiter beschleunigen. Zum Jahresende könnte sich eine Schrumpfung der US-Produktion um 10 Prozent zeigen. Es ist nicht auszuschließen, dass die US-Produktion bereits im vierten Quartal auf 8,2 bis 8,6 Millionen Barrel pro Tag zurückgeht.

Sollte es zu diesem Szenario kommen, wäre die Auswirkung auf den Ölpreis spektakulär. Angesichts der Tatsache, dass die globale Überproduktion auf weniger als 1 Million Barrel Öl pro Tag geschätzt wird, könnte sich der Markt schneller bereinigen als erwartet.


Neues Ölpreis-Niveau der Saudis

Keith Hill, CEO von Africa Oil und seit 30 Jahren im Ölbusiness, hat während seiner Karriere bereits drei Boom & Bust-Zyklen miterlebt und ist der Meinung, dass wir den Boden sehen werden, sobald die US-Shale-Produktion zurückgeht. Der Konsensus innerhalb der Ölindustrie ist folgender: Boden im zweiten Quartal, Anstieg im dritten Quartal und Erholung auf neues Ölpreis-Niveau im vierten Quartal.

Innerhalb der Ölindustrie geht man davon aus, dass ein Ölpreis von 100 Dollar nicht mehr länger im Interesse von Saudi Arabien liegt. Die Saudis haben ein Interesse an einem Preisniveau, das zur Finanzierung des Haushaltes ausreicht, aber gleichzeitig keine ausreichenden Anreize für Shale- und Tiefsee-Produktion bietet. Dieser Preis liegt bei 75 bis 80 Dollar!


Signifikante Kreditausfall- und Derivate-Risiken

Aus unterschiedlichen Quellen geht hervor, dass sich die Verschuldung von Unternehmen, die sich auf die Produktion von Shale-Öl spezialisiert haben, auf circa 200 Milliarden Dollar beläuft. Wenn wir die Verschuldung von Sub-Unternehmen hinzufügen, erreicht die Gesamtverschuldung circa 310 Milliarden bis 330 Milliarden Dollar.

Einschließlich sämtlicher Güter und Aktivitäten, die aus den Einkommen der Shale-Industrie finanziert wurden (etwa der Bau von Häusern und der Immobilienboom in den Shale-Regionen), dürfte die Höhe der Verschuldung auf 420 Milliarden bis 450 Milliarden Dollar klettern. Von dieser Summe, könnten über die nächsten Quartale etwa 300 Milliarden Dollar zu "Bad Depts", also faulen Krediten werden. Der Einfluss auf die Bankbilanzen wird signifikant sein und dürfte entsprechende Aktionen der Fed nach sich ziehen.


Derivate-Umfang explodiert auf 700 Billionen Dollar!

Dank der Deregulierung der Derivate-Märkte zum Jahrtausendwechsel, explodierte der Derivate-Markt auf geschätzte 700 Billionen Dollar. Das ist eine unvorstellbare Zahl - zehn Mal größer als die gesamte Weltwirtschaft. Hunderten Öl-Unternehmen wurde in den zurückliegenden Jahren die Möglichkeit geboten, sich gegen fallende Ölpreise über den Terminmarkt zu hedgen. Viele dieser Unternehmen sicherten sich zu Preisen von 90 Dollar bis 100 Dollar pro Barrel Öl ab.

Die Hedging-Programme sind von Fall zu Fall verschieden. Die meisten Absicherungen laufen über das erste und zweite Quartal aus - einige Unternehmen haben einen Teil ihrer Produktion auch noch über das dritte und vierte Quartal gehedged. Die Gegenspieler am Terminmarkt, die den Unternehmen ihr Öl zu den hohen Preisen abkauften, sind hauptsächlich Banken und Hedgefonds.

Niemand weiß, wie viel von den 700 Billionen Dollar im Derivatemarkt auf den Ölmarkt entfällt. Doch angesichts der Tatsache, dass Öl der am stärksten gehandelte Rohstoff ist, ist die generelle Meinung, dass allein die Risiken aus Öl-Derivaten ausreichend hoch sind, um eine neue Kreditkrise auszulösen - sollten sich die Ölpreise nicht bald erholen.



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