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Eurozone: Kollateralschaden (Teil 2/2)

13.02.2015  |  John Mauldin
- Seite 2 -
Europäische Deflation

Die Europäische Kommission hat ihre Hochrechnungen für das Jahr 2015 veröffentlicht. In den Tabellen vergraben, findet man auch die Inflationsprognosen für Europa: - 0,1%. Griechenland soll im Vorjahresvergleich bei - 3,3% liegen und Spanien bei -1,5%. Für Italien wird milde Deflation erwartet.

Japan bekämpft die Deflation mit einer geballten Ladung quantitativer Lockerung, die 15% des BIPs entsprechen; dennoch ist nicht klar, ob das Land diesen Kampf gewinnen kann. Die Europäische Zentralbank möchte die Deflation mit der halben Portion QE bekämpfen - verteilt über einen längeren Zeitraum. Die Zinsen sind inzwischen schon so niedrig, dass der Versuch weiterer Senkungen praktisch bedeutungslos ist. Was bringen einem denn 20 Basispunkte wirklich? Man frage in Japan nach.

QE half in der Tat bei der Ankurbelung der europäischen Aktienmärkte; zudem werden die Banken profitieren, aber was bringen sie tatsächlich der europäischen Realwirtschaft und den Verbrauchern?

Ein Ausstieg aus der Eurozone würde den deflationären Druck weiter erhöhen. Der Chart unten zeigt, wem Griechenland seine 323 Mrd. $ schuldet. Ich vermute, dass die überwiegende Mehrheit dieser Schulden im Moment des Ausstiegs “hopsgeht“. Mit der Druckerpresse wird die EZB eine Menge davon auffangen können, dennoch bleibt die Frage, in welchem Umfang sie auch für die privaten Schulden garantieren wird.

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Wie wird zudem mit den Interbankschulden verfahren? Was ist mit den verbleibenden Schulden, die von ausländischen Banken gehalten werden und was ist mit all den griechischen Anleihen, die in den verschiedensten Fonds stecken?

Wird Griechenland in der NATO bleiben? Will man wirklich ein Anti-Nato-Land auf dem Balkan? Das wäre ein eher unschöner Zustand. Kann Griechenland in der von der europäischen Union geschaffenen Freihandelszone bleiben, trotz eines Ausstiegs aus der Währungsgemeinschaft? Können die Griechen ein duales Währungssystem betreiben, ungefähr so wie es in Argentinien besteht; ein System, in dem die offiziellen Währung die Drachme ist, die realen Transaktionen aber in Euro abgewickelt werden?

Sollte die derzeitige Regierung Kontrolle über die Druckerpresse erlangen, wäre es ziemlich wahrscheinlich, dass es innerhalb sehr kurzer Zeit zu sehr hoher Inflation kommt, zumindest in der Drachmen-Währung.

Könnte es sein, dass Tsipras in Wirklichkeit aus dem Euro aussteigen möchte, aber das Gefühl hat, dass es politisch für ihn besser wäre, wenn Griechenland scheinbar aus der Eurozone gedrängt werde, weil die EZB die ELA-Liquiditätsprogramme stoppte? Wenn man sich die vergangenen Reden Tsipras‘ anschaut, so war er klarer Verfechter des Euroausstiegs für den Fall, dass Griechenland keinen kompletten Schuldenerlass bekäme.

Aber was genau würden die EZB und der Rest der EU machen, wenn Griechenland ausstiege? Es ist ja nicht so, dass sich Europa einfach ein paar griechische Inseln aneignen könnte.

Kommt man an das private griechische Vermögen heran, das sich außerhalb Griechenlands befindet? Dieser Ansatz wäre höchst problematisch. Darüber könnten Rechtanwälte jahrelang streiten.

Auf keine dieser Fragen gibt es derzeit klare Antworten. Wir haben hier eine unerfahrene Regierung, die in einem Pokerspiel mit professionellen Kartenzockern zu bluffen versucht. Das Gute ist schließlich noch, dass es bis zur Lösung der Situation nicht noch Monate oder Jahre dauern wird. Wir reden hier von Tagen oder Wochen.

Nach dem letzten Bailout meinte ich, dass es in Griechenland am Ende wieder zum Schuldenausfall kommen werde. Die Rettungsbedingungen waren jenen nicht unähnlich, die Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkriegs diktiert wurden. Es war einfach aus mathematischer Sicht unmöglich, dass es funktionieren würde. Ich habe Sympathien für beide Seiten.

Viele von uns haben schon einmal die unangenehme Erfahrung gemacht, zusehen zu müssen, wie die Ehe enger Freunde auseinandergeht. Manchmal ist eine Scheidung wirklich das Beste, sie ist aber fast immer schmerzhaft und sehr teuer. Der alte Witz ging doch ungefähr so: Warum ist eine Scheidung so teuer? Weil sie es wert ist.

Ich denke, dass es Griechenland mit dem Verlassen der Eurozone besser gehen wird, es müsste so hart wie möglich darüber verhandeln, dass es in der Europäischen Union bleiben kann. Europa wird - nachdem es die Kosten verdaut hat - in der Lage sein, weiterzumachen und sich den Staatsschuldenproblemen anderer problembelasteter Länder, wie auch Frankreich, zuzuwenden. Gewissermaßen ist Griechenland nur eine Ablenkung von der echten, richtigen Krise, die sich im Rest Europas zusammenbraut. Halten Sie sich auf dem Laufenden. […]

Den ersten Teil können sie hier lesen.


© John Mauldin


Dieser Artikel wurde am 09. Februar 2015 auf www.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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