Europa: Deutsche Tugenden vs. Griechische Laster, vom Null zu Negativ, Überschuss- und Defizitländer, Euro-Goldstandard? (Teil 1/2)
22.04.2015 | Michael Shedlock
Im Zentrum des andauernden Bailout-Gezänks in Europa steht der fundamentale aber dennoch zutiefst irreführende Gedanke einer Schlacht zwischen den tugendhaften, finanziell verantwortungsbewussten Deutschen und den verantwortungslosen Griechen, Spaniern und Portugiesen.
In dieser unstimmigen Betrachtung beginn die Spanier nun zu begreifen, während die Griechen noch eine harte Lektion in Sachen Tugendhaftigkeit brauchen.
Wer mit Abstand wirklich Schuld zuweisen möchte, kann in der Tat viel Schuld und Schuldige finden.
“Speece“ (mein Begriff für die südlichen Defizitländer der Eurozone - Spanien, Griechenland, Portugal etc. machten viele Fehler, aber eben auch Deutschland).
Es ist aus logischen Gesichtspunkten nicht möglich, “Speece“ für einen so fürchterlich leichtsinnigen Kreditnehmer zu halten und gleichzeitig denken zu wollen, dass Deutschland ein vernünftiger, vorausblickender Gläubiger war.
Noch wichtiger in diesem Kontext ist aber, dass weder leichtsinnige Kreditaufnahmen noch leichtsinnige Kreditvergabe im Zentrum der Probleme der Eurozone stehen.
Hintergrundinformation
Einige Textpassagen in diesem Artikel stammen aus einer Email von Michael Pettis von Global Source Partners. Pettis Email enthielt eine 32-seitige PDF, die ich hier auf ein paar Seiten kondensieren möchte und die ich um einige Seiten mit eigenen Gedanken zum Thema ergänzen möchte, die er ausließ oder nur kurz streifte.
Wenn nicht anders deutlich gemacht, stammen alle mit Anführungszeichen gekennzeichneten Passagen von Michael Pettis. Die Hervorhebungen sind von mir.
Bezüglich der Kommentare von Pettis sagt er selbst: “Leser, die mit meinen Texten vertraut sind, wissen, dass ich die Gläubiger- und die Schuldnerländer generell in zwei Gruppen einteile und sie als ‚‘Deutschland‘ bzw. ‘Spanien‘ bezeichne; im Fall von Deutschland aus augenscheinlichen Gründen und im Fall von Spanien, weil ich dort geboren wurde und aufwuchs und dieses Land am besten kenne.“
Wenn Pettis in seinen Kommentaren also “Spanien“ schreibt, könnte damit "jeder Eurozone-Schuldner“ gemeint sein; "Deutschland" könnte hingegen “jeder Eurozone-Gläubiger“ bedeuten.
Ich persönlich benutze gelegentlich den Begriff “Speece“ in gleicher Weise.
Im Kontext bezeichnet Pettis “Spanien" manchmal auch als “Spanien“. Das wird in der Regel aber deutlich.
Moralische Schlachten, ein Update
Am 27. Februar bewilligte der Deutsche Bundestag die Verlängerung der Rettungsmaßnahmen für Griechenland, allerdings ist weiterhin starke Verbitterung zu spüren.
So berichtete beispielsweise die Financial Times, wie Deutschlands größte Tageszeitung, BILD, die Entscheidung des Bundestages für eine Verlängerung der Rettungshilfen mit folgender Titelblattschlagzeile angriff: "Bild-Leser sagen NEIN - Keine weiteren Milliarden für Griechenland.“
Im Bundestag lancierte Klaus-Peter Willsch, CDU-Abgeordneter und langjähriger Rettungskritiker, eine persönliche Attacke gegen den Premierminister und den Finanzminister Griechenlands:
“Schauen Sie sich [Alexis] Tsipras an, schauen Sie sich [Yanis] Varoufakis an, würden Sie von denen einen Gebrauchtwagen kaufen. Wenn die Antwort darauf nein ist, dann stimmen Sie auch mit nein heute […]“, sagte Willsch während der Bundestagsdebatte.
Im Verlauf der angestrengten Verhandlungen zwischen Griechenland und Deutschland im Vorfeld dieser Abstimmung sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder Reportern gegenüber: "[…] Deutschland trägt keine Verantwortung für das, was in Griechenland geschehen ist. Das muss auch der neue Ministerpräsident wissen."
Keine Verantwortung?
Glaubt Kauder tatsächlich, dass Deutschland “keine Verantwortung“ trage? Glaubt das auch der Finanzminister Wolfgang Schäuble, der ähnlich tönende Aussagen machte?
Ob Kauder oder Schäuble ihren eigenen Aussagen glauben oder nicht, sei dahingestellt, das Volk hört sie zumindest immer wieder. Und mit der Zeit werden solche Aussagen zur allgemein akzeptierten Wahrheit.
Zitat von Pettis…
In dieser unstimmigen Betrachtung beginn die Spanier nun zu begreifen, während die Griechen noch eine harte Lektion in Sachen Tugendhaftigkeit brauchen.
Wer mit Abstand wirklich Schuld zuweisen möchte, kann in der Tat viel Schuld und Schuldige finden.
“Speece“ (mein Begriff für die südlichen Defizitländer der Eurozone - Spanien, Griechenland, Portugal etc. machten viele Fehler, aber eben auch Deutschland).
Es ist aus logischen Gesichtspunkten nicht möglich, “Speece“ für einen so fürchterlich leichtsinnigen Kreditnehmer zu halten und gleichzeitig denken zu wollen, dass Deutschland ein vernünftiger, vorausblickender Gläubiger war.
Noch wichtiger in diesem Kontext ist aber, dass weder leichtsinnige Kreditaufnahmen noch leichtsinnige Kreditvergabe im Zentrum der Probleme der Eurozone stehen.
Hintergrundinformation
Einige Textpassagen in diesem Artikel stammen aus einer Email von Michael Pettis von Global Source Partners. Pettis Email enthielt eine 32-seitige PDF, die ich hier auf ein paar Seiten kondensieren möchte und die ich um einige Seiten mit eigenen Gedanken zum Thema ergänzen möchte, die er ausließ oder nur kurz streifte.
Wenn nicht anders deutlich gemacht, stammen alle mit Anführungszeichen gekennzeichneten Passagen von Michael Pettis. Die Hervorhebungen sind von mir.
Bezüglich der Kommentare von Pettis sagt er selbst: “Leser, die mit meinen Texten vertraut sind, wissen, dass ich die Gläubiger- und die Schuldnerländer generell in zwei Gruppen einteile und sie als ‚‘Deutschland‘ bzw. ‘Spanien‘ bezeichne; im Fall von Deutschland aus augenscheinlichen Gründen und im Fall von Spanien, weil ich dort geboren wurde und aufwuchs und dieses Land am besten kenne.“
Wenn Pettis in seinen Kommentaren also “Spanien“ schreibt, könnte damit "jeder Eurozone-Schuldner“ gemeint sein; "Deutschland" könnte hingegen “jeder Eurozone-Gläubiger“ bedeuten.
Ich persönlich benutze gelegentlich den Begriff “Speece“ in gleicher Weise.
Im Kontext bezeichnet Pettis “Spanien" manchmal auch als “Spanien“. Das wird in der Regel aber deutlich.
Moralische Schlachten, ein Update
Am 27. Februar bewilligte der Deutsche Bundestag die Verlängerung der Rettungsmaßnahmen für Griechenland, allerdings ist weiterhin starke Verbitterung zu spüren.
So berichtete beispielsweise die Financial Times, wie Deutschlands größte Tageszeitung, BILD, die Entscheidung des Bundestages für eine Verlängerung der Rettungshilfen mit folgender Titelblattschlagzeile angriff: "Bild-Leser sagen NEIN - Keine weiteren Milliarden für Griechenland.“
Im Bundestag lancierte Klaus-Peter Willsch, CDU-Abgeordneter und langjähriger Rettungskritiker, eine persönliche Attacke gegen den Premierminister und den Finanzminister Griechenlands:
“Schauen Sie sich [Alexis] Tsipras an, schauen Sie sich [Yanis] Varoufakis an, würden Sie von denen einen Gebrauchtwagen kaufen. Wenn die Antwort darauf nein ist, dann stimmen Sie auch mit nein heute […]“, sagte Willsch während der Bundestagsdebatte.
Im Verlauf der angestrengten Verhandlungen zwischen Griechenland und Deutschland im Vorfeld dieser Abstimmung sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder Reportern gegenüber: "[…] Deutschland trägt keine Verantwortung für das, was in Griechenland geschehen ist. Das muss auch der neue Ministerpräsident wissen."
Keine Verantwortung?
Glaubt Kauder tatsächlich, dass Deutschland “keine Verantwortung“ trage? Glaubt das auch der Finanzminister Wolfgang Schäuble, der ähnlich tönende Aussagen machte?
Ob Kauder oder Schäuble ihren eigenen Aussagen glauben oder nicht, sei dahingestellt, das Volk hört sie zumindest immer wieder. Und mit der Zeit werden solche Aussagen zur allgemein akzeptierten Wahrheit.
Zitat von Pettis…