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Droht der Weltwirtschaft eine neue Rezession?

12.08.2015  |  Carsten Klude
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Ob und wie stark sich die Kurs- und die damit verbundenen Vermögensverluste auf die chinesischen Privatanleger und deren Konsumverhalten auswirken, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Wir gehen aber davon aus, dass die realwirtschaftlichen Auswirkungen gering bleiben.

Dass sich die chinesische Wirtschaft nicht in einem starken Abwärtstrend befindet, darauf deuten unseres Erachtens nach sowohl Wirtschaftsdaten aus anderen Ländern als auch die aktuellen Quartalszahlen börsennotierter Unternehmen in den USA und in Europa hin, die wir als "Crosscheck" verwenden.

In den USA, die mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 17 Billionen US-Dollar die größte Volkswirtschaft der Welt sind (Anteil von 22% an der globalen Wirtschaftsleistung), läuft die Konjunktur etwas schwächer als im Vorjahr, weil der gesunkene Ölpreis dazu führt, dass die Ölindustrie weniger investiert und der starke US-Dollar die Exporte bremst.

Dank der Erholung am Arbeitsmarkt und des niedrigen Zinsniveaus entwickeln sich aber sowohl der private Verbrauch als auch die Bauinvestitionen gut. Für das Gesamtjahr erwarten wir eine Wachstumsrate von rund 2%, während der IWF 2,5% prognostiziert. Das moderate wirtschaftliche Wachstum spiegelt sich auch in den Unternehmensergebnissen für das 2. Quartal wider: 75% der Unternehmen haben die Gewinnerwartungen übertroffen, 55% die Umsatzerwartungen.

In Japan (BIP von rund 4 Billionen US-Dollar, Anteil von 6% an der Weltwirtschaft) zeichnet sich für 2015 ein moderates Wirtschaftswachstum von 1% ab. Das ist zwar nicht sonderlich viel, doch immerhin etwas mehr als im Vorjahr. Zudem gibt es einige ermutigende Anzeichen, dass die Konjunktur derzeit dabei ist, einen Gang hochzuschalten: So ist der von der Citibank erhobene Economic Surprise Index in Japan so positiv wie in keinem anderen der beobachteten Länder, und gleichzeitig hat sich auch der japanische Einkaufsmanagerindex zuletzt erholt.

Dabei profitiert das Land vor allem von der Schwäche seiner Währung. Die japanischen Exporte wachsen derzeit mit einer Rate von gut 8% gegenüber dem Vorjahr, wobei die Ausfuhren nach China zuletzt mit 6% im Plus lagen. Auch in Japan ist es im Laufe der aktuellen Berichtssaison bislang rund zwei Dritteln der Unternehmen gelungen, die Ertragserwartungen zu übertreffen.

In der Eurozone haben sich die Konjunkturperspektiven für 2015 ebenfalls aufgehellt. Die deutsche Wirtschaft (Anteil am globalen BIP von 5%) wird in diesem Jahr ähnlich stark wachsen wie 2014, also mit knapp 2%. Angesichts eines Wachstumspotenzials, das nur bei 1 bis 1,25% liegt, bedeutet dies, dass wir uns derzeit im konjunkturellen Boom befinden. Viel mehr Wachstum geht nicht, zumindest nicht dauerhaft.

Die Sorgen vor einer starken Abkühlung Chinas haben zuletzt auch den Börsenkursen deutscher Unternehmen zugesetzt, vor allem die Autobauer VW und BMW, aber auch das Chemieunternehmen BASF sind unter Druck geraten.

Das Wachstum der deutschen Ausfuhren nach China ist zuletzt zwar zum Erliegen gekommen, allerdings hat sich der Ifo Geschäftsklimaindex, der wichtigste deutsche Frühindikator, zuletzt wieder verbessert. Dabei wurden die Exporterwartungen zwar etwas verhaltener als in den Vormonaten, aber immer noch als überwiegend positiv eingeschätzt.

Auch in den anderen europäischen Ländern erholt sich die Konjunktur in diesem Jahr. In Frankreich und in Italien wird das Wirtschaftswachstum mit rund 1% moderat ausfallen, aber besser als im Vorjahr. Spanien ist die europäische Volkswirtschaft, die zusammen mit Irland in diesem Jahr das konjunkturelle Spitzenduo bildet. Im 2. Quartal 2015 ist Spanien so stark gewachsen wie seit acht Jahren nicht mehr; im Gesamtjahr ist wie auch in Irland ein Wirtschaftswachstum von 3% oder sogar etwas mehr wahrscheinlich.

Auch in der Eurozone läuft die aktuelle Berichtssaison gut, vor allem die Unternehmensumsätze haben sich deutlich verbessert.

Weniger gut sind dagegen die konjunkturellen Aussichten für die Schwellenländer. Sowohl Brasilien, das 2014 mit einem BIP von 2,4 Billionen US-Dollar die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt war (Anteil von 3%), als auch Russland (neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einem Anteil von knapp 2,5%) befinden sich 2015 in einer Rezession. Und auch für 2016 zeichnet sich bislang keine wirkliche Verbesserung ab.

Keine Rezession, aber weniger Wachstum als in den vergangenen Jahren ist unsere Wachstumsprognose für die meisten übrigen Schwellenländer, die in den vergangenen Jahren insbesondere von einem Boom bei den Exporten profitiert haben. Doch da der Welthandel derzeit nur stagniert, sind die Ausfuhren in fast allen Ländern deutlich zurückgegangen.

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Dennoch - und das ist das aus unserer Sicht für die Anleger erfreuliche Fazit - ist die Weltwirtschaft trotz aller Probleme nicht in einer Situation, in der eine neue Rezession ein absehbares oder wahrscheinliches Szenario ist. In der Vergangenheit wurden Rezessionen entweder durch exogene Schocks, wie einen Ölpreisanstieg oder eine Finanzkrise, oder (in den meisten Fällen) durch eine zu restriktive Geldpolitik der Notenbanken ausgelöst.

Angesichts der sehr verhaltenen Konjunkturdynamik ist die Gefahr, dass die Notenbanken den Aufschwung mit zu hohen Zinsen abwürgen könnten, so gut wie ausgeschlossen. Dies ist vielleicht der Vorteil dieser anhaltenden Wachstumsschwäche: Da sich kein Inflationsdruck aufbaut, bleibt die Geldpolitik expansiv - so dass sich dieser Zyklus noch eine ganze Zeit lang fortsetzen kann.


© Carsten Klude, Dr. Christian Jasperneite, Matthias Thiel, Martin Hasse, Darian Heede
M.M.Warburg Investment Research

Quelle: Auszug aus "Konjunktur und Strategie". Den Berichten, Tabellen und Grafiken liegen vertrauenswürdige Informationen aus öffentlichen Quellen zugrunde. Für die Richtigkeit können wir jedoch keine Gewähr übernehmen. Der Inhalt ist urheberrechtlich geschützt.



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