Realtime-Rezessions-Erkennungs-Mechanismus (RREM)
25.09.2015 | Robert Rethfeld
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So verwundert es nicht, dass der erfolgreichste "RREM" auf der Renditedifferenz zwischen dem kurzen und langen Ende beruht. Dieser funktioniert sogar mit einem Vorlauf von einem halben bis zu einem Jahr.Dargestellt ist die Zinsdifferenz zwischen 2jährigen und 10jährigen US-Anleihen. Die graue Schattierung zeigt frühere US-Rezessionen an. Immer dann, wenn die Differenz null war, kam es zu einer Rezession.
Die Nullzinspolitik der Fed zerstörte diesen Indikator. Sollte man meinen. Aber was wäre, wenn die Fed den Leitzins erhöhen würde, so dass die Rendite zweijähriger US-Anleihen von aktuell 0,70 Prozent auf sagen wir 1,50 Prozent steigen würde. Und was, wenn gleichzeitig die Rendite 10jähriger Anleihen von aktuell 2,12 Prozent auf 1,50 Prozent sinken würde? Dann länge die Zinsspanne - wie gestrichelt dargestellt - bei null. Damit würde eine US-Rezession angezeigt, der Indikator wäre wieder im Spiel.
Wir wissen, dass die QE-Phasen in den vergangenen Jahren jeweils zu höheren Zinsen am langen Ende führten. Im Umkehrschluss müssten Straffungen der Geldpolitik - wie eine Zinserhöhung sie nun einmal darstellt - zu fallenden Zinsen am langen Ende führen.
Fallende Renditen am langen Ende und steigende Renditen am kurzen Ende wären Anzeichen für aufkommenden Stress in der US-Wirtschaft. Die Fed selbst hat es in der Hand, diese Situation zu verzögern, indem sie den Leitzins nicht erhöht. Die verhaltenden Renditen am langen Ende sind - so oder so - aus konjunktureller Sicht ein Zeichen der Schwäche.
Ein Prima Echtzeit-Mechanismus stellt beispielsweise der vorauslaufende Dow Jones Transportation Index dar. Die letzten vier Rezessionen wurden von der Dow Theorie identifiziert.
Bezeichnend für Versuche, Rezessionen in Echtzeit zu prognostizieren, sind Tests einiger Marktbeobachter, die eine positive Korrelation zwischen dem ECRI-Leading-Index und dem S&P 500 von 90 Prozent festgestellt haben wollen. Modelle rücken dicht an den Realtime-Handel heran, um möglichst schnelle Ergebnisse zu liefern. Der S&P 500 wird als Konjunkturindikator geschätzt.
In unserem im Dezember 2006 erstellten Jahresausblick für 2007 legten wir dar, warum wir zum damaligen Zeitpunkt den Beginn einer US-Rezession für wahrscheinlich hielten. Unsere Denk- und Herangehensweise kann hier nachvollzogen werden (Seite 25ff.)
Die Daten - auch nicht die Echtzeitdaten - geben eine gesicherte Rezessionsvorhersage aktuell noch nicht her. Aber wir halten die Entwicklung einer US-Rezession im kommenden Jahr durchaus für wahrscheinlich, wenn sich die nachfolgend genannten Prämissen erfüllen sollten. Der klassische Auslöser einer Rezession wäre ein kurzes Aufbäumen der Inflationsrate, gepaart mit einem Renditeanstieg am kurzen Ende, aber stagnierenden bis fallenden Renditen am langen Ende.
Wir erwarten - allein schon aufgrund des Basiseffekts - höhere Inflationsraten im ersten Quartal 2016. Eine kurzfristige Renaissance der Rohstoffpreise würde unterstützend wirken. Ein Bruch des S&P 500-August-Tiefs würde die Wahrscheinlichkeit einer Rezession genauso erhöhen wie ein steigender US-Dollar, der eine Auflösung von Yen- und Euro-Carry-Trades mit sich bringen würde. Dies würde den Märkten weitere Liquidität entziehen.
Ende 2006 war die Datenlage deutlich auf eine Rezession ausgerichtet. So weit ist es derzeit noch nicht. Aber die Gefahr nimmt zu.
© Robert Rethfeld
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