Roland Leuschel und Claus Vogt im Interview
31.10.2015 | Claus Vogt
Fallen Sie nicht auf die Staatspropaganda herein
Mein heutiger Marktkommentar erscheint ausnahmsweise in Form eines Interviews, das Roland Leuschel und ich als Chefredakteure unseres Börsenbriefs Krisensicher Investieren der Zeitschrift Smart Investor für eine Heft-Beilage gegeben haben, die in Kooperation mit dem Goldhändler pro aurum entstanden ist. In diesem Interview wird der Bogen gespannt von den Folgen der Staatsverschuldung über die Rolle des Geldsystems bis hin zu Chancen und Auswegen für Anleger, die sich dem geld- und staatsschuldenpolitischen Irrsinn nicht wehrlos ergeben wollen.
Gute Fragen und ehrliche Antworten haben ein überaus interessantes Interview ergeben, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Das Interview führten Ralf Flierl und Ralph Malisch.
Es wird Staatsbankrotte geben - auch in Europa
Smart Investor: Herr Vogt, Herr Leuschel, eine der drängenden wirtschaftspolitischen Fragen ist die Staatsverschuldung. Wollen wir die theoretischen Optionen kurz durchdeklinieren, oder gibt es ohnehin keine praktikable Lösung?
Vogt: Selbstverständlich gibt es praktikable Lösungen, aber leider keine schmerzfreien. Dazu ist es längst zu spät. Die prinzipiell zur Verfügung stehenden Lösungen der Überschuldung lauten: Inflation, drastische Steuererhöhungen in Kombination mit Ausgabenkürzungen sowie Staatsbankrott.
Smart Investor: Müssen wir uns also auf Staatbankrotte einstellen - auch innerhalb Europas?
Leuschel: Ja, wir bleiben bei unserer Prognose, dass es Staatsbankrotte geben wird, gerade in Europa. Das Sich-Nicht-Eingestehen-Wollen, dass die Europäische Währungsunion eine folgenschwere Fehlentscheidung war, wird dazu führen. Das sehen inzwischen wohl auch die sogenannten Wirtschaftsweisen so, sonst würden sie wohl kaum eine Insolvenzordnung für die Euroländer fordern. Dabei übersehen sie aber, dass es einer solchen Insolvenzordnung eigentlich gar nicht bedarf. Denn Griechenland hätte aufgrund der bestehenden Verträge der Währungsunion schon im Jahr 2010 Pleite gehen müssen.
Die Nicht-Beistandsklausel besagt ja ausdrücklich, dass jedes Euroland für seine Schulden selbst haftet. Und bis vor wenigen Jahren war es eine Selbstverständlichkeit, dass Gläubiger ihre Verluste selbst tragen müssen und nicht an den Steuerzahler weiterreichen können. Im großen Bild halten wir aber weiterhin die Wahrscheinlichkeit für sehr groß, dass es doch noch zu einer weltweiten Inflation kommen wird, weil die Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem nicht bezahlbaren Wohlfahrtsstaat und dem bestehenden Schuldenberg zunehmend mit der Gelddruckmaschine nachkommen werden. Diese "Lösung" ist politisch am einfachsten durchzusetzen.
Smart Investor: Allerdings haben die Verantwortlichen bislang durchaus kreative lebens- bzw. leidensverlängernde Maßnahmen gefunden und dabei die Einsätze in schwindelerregende Höhen getrieben. Das kann aber doch nicht ewig so weitergehen?
Leuschel: Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre rechnen wir nicht mehr damit, dass die Verantwortlichen doch noch zur Vernunft kommen. Sie werden den eingeschlagenen Weg weitergehen bis zum bitteren Ende des Zusammenbruchs des bestehenden Währungssystems.
Smart Investor: Wie muss man sich einen Staatsbankrott eigentlich konkret vorstellen?
Vogt: Ganz einfach: Die Regierung erklärt, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen wird. Staatsanleihen werden wertlos, und deren Eigentümer - darunter die Besitzer von Kapitallebensversicherungen - erleiden entsprechende Verluste. Und wenn der Staat ein Primärdefizit hat, dann muss er auch andere Zahlungen kürzen, beispielsweise Pensionen oder Beamtengehälter. Es gibt aber auch die Variante des durch Inflation verschleierten Staatsbankrotts. In diesem Fall werden die Zahlungsverpflichtungen de jure erfüllt, aber mit mehr oder weniger wertlosem Geld. Wir glauben, dass die Welt insgesamt auf diese Variante zusteuert.
Smart Investor: Der Verteilungskampf wird also wohl rauer. Ist es da nicht fahrlässig, massenhaft Menschen ins Land zu holen, die - zumindest nach Recht und Gesetz - kaum Chancen auf dauerhaften Aufenthalt haben?
Leuschel: An welcher Stelle sinnvollerweise gespart werden sollte, ist ein müßiges Thema.
Politiker gehen den Weg des geringsten Widerstandes - auch wenn er in die Katasstrophe führt
Smart Investor: Es scheint, als sei das Finanzsystem auf maximale Ansteckung hin konstruiert. Ist das bewusst so gemacht, um das Droh- und Erpressungspotenzial zu erhöhen?
Vogt: Wir glauben nicht, dass das Finanzsystem bewusst auf maximale Ansteckung hin konstruiert wurde, im Gegenteil. Aber es hat sich mit der Zeit dazu entwickelt, weil sich Politiker und Zentralbankbürokraten aufgrund kurzfristig orientierter Überlegungen immer wieder für den Weg des geringsten Widerstandes entschieden haben, ohne auf die langfristigen Folgen zu achten.
Auf diese Weise sind wir tatsächlich so weit gekommen, dass sogar der Bankrott eines ökonomisch völlig unbedeutenden Landes wie Griechenland verheerende Folgen für dessen Gläubiger haben kann. Hieran erkennen Sie, wie groß der Schlamassel tatsächlich schon ist. Wer soll die Retter retten? Vielleicht erklärt sich daraus die beharrliche Suche nach Planeten, auf denen erdähnliche Verhältnisse herrschen.
Mein heutiger Marktkommentar erscheint ausnahmsweise in Form eines Interviews, das Roland Leuschel und ich als Chefredakteure unseres Börsenbriefs Krisensicher Investieren der Zeitschrift Smart Investor für eine Heft-Beilage gegeben haben, die in Kooperation mit dem Goldhändler pro aurum entstanden ist. In diesem Interview wird der Bogen gespannt von den Folgen der Staatsverschuldung über die Rolle des Geldsystems bis hin zu Chancen und Auswegen für Anleger, die sich dem geld- und staatsschuldenpolitischen Irrsinn nicht wehrlos ergeben wollen.
Gute Fragen und ehrliche Antworten haben ein überaus interessantes Interview ergeben, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Das Interview führten Ralf Flierl und Ralph Malisch.
Es wird Staatsbankrotte geben - auch in Europa
Smart Investor: Herr Vogt, Herr Leuschel, eine der drängenden wirtschaftspolitischen Fragen ist die Staatsverschuldung. Wollen wir die theoretischen Optionen kurz durchdeklinieren, oder gibt es ohnehin keine praktikable Lösung?
Vogt: Selbstverständlich gibt es praktikable Lösungen, aber leider keine schmerzfreien. Dazu ist es längst zu spät. Die prinzipiell zur Verfügung stehenden Lösungen der Überschuldung lauten: Inflation, drastische Steuererhöhungen in Kombination mit Ausgabenkürzungen sowie Staatsbankrott.
Smart Investor: Müssen wir uns also auf Staatbankrotte einstellen - auch innerhalb Europas?
Leuschel: Ja, wir bleiben bei unserer Prognose, dass es Staatsbankrotte geben wird, gerade in Europa. Das Sich-Nicht-Eingestehen-Wollen, dass die Europäische Währungsunion eine folgenschwere Fehlentscheidung war, wird dazu führen. Das sehen inzwischen wohl auch die sogenannten Wirtschaftsweisen so, sonst würden sie wohl kaum eine Insolvenzordnung für die Euroländer fordern. Dabei übersehen sie aber, dass es einer solchen Insolvenzordnung eigentlich gar nicht bedarf. Denn Griechenland hätte aufgrund der bestehenden Verträge der Währungsunion schon im Jahr 2010 Pleite gehen müssen.
Die Nicht-Beistandsklausel besagt ja ausdrücklich, dass jedes Euroland für seine Schulden selbst haftet. Und bis vor wenigen Jahren war es eine Selbstverständlichkeit, dass Gläubiger ihre Verluste selbst tragen müssen und nicht an den Steuerzahler weiterreichen können. Im großen Bild halten wir aber weiterhin die Wahrscheinlichkeit für sehr groß, dass es doch noch zu einer weltweiten Inflation kommen wird, weil die Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen aus dem nicht bezahlbaren Wohlfahrtsstaat und dem bestehenden Schuldenberg zunehmend mit der Gelddruckmaschine nachkommen werden. Diese "Lösung" ist politisch am einfachsten durchzusetzen.
Smart Investor: Allerdings haben die Verantwortlichen bislang durchaus kreative lebens- bzw. leidensverlängernde Maßnahmen gefunden und dabei die Einsätze in schwindelerregende Höhen getrieben. Das kann aber doch nicht ewig so weitergehen?
Leuschel: Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre rechnen wir nicht mehr damit, dass die Verantwortlichen doch noch zur Vernunft kommen. Sie werden den eingeschlagenen Weg weitergehen bis zum bitteren Ende des Zusammenbruchs des bestehenden Währungssystems.
Smart Investor: Wie muss man sich einen Staatsbankrott eigentlich konkret vorstellen?
Vogt: Ganz einfach: Die Regierung erklärt, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen wird. Staatsanleihen werden wertlos, und deren Eigentümer - darunter die Besitzer von Kapitallebensversicherungen - erleiden entsprechende Verluste. Und wenn der Staat ein Primärdefizit hat, dann muss er auch andere Zahlungen kürzen, beispielsweise Pensionen oder Beamtengehälter. Es gibt aber auch die Variante des durch Inflation verschleierten Staatsbankrotts. In diesem Fall werden die Zahlungsverpflichtungen de jure erfüllt, aber mit mehr oder weniger wertlosem Geld. Wir glauben, dass die Welt insgesamt auf diese Variante zusteuert.
Smart Investor: Der Verteilungskampf wird also wohl rauer. Ist es da nicht fahrlässig, massenhaft Menschen ins Land zu holen, die - zumindest nach Recht und Gesetz - kaum Chancen auf dauerhaften Aufenthalt haben?
Leuschel: An welcher Stelle sinnvollerweise gespart werden sollte, ist ein müßiges Thema.
Politiker gehen den Weg des geringsten Widerstandes - auch wenn er in die Katasstrophe führt
Smart Investor: Es scheint, als sei das Finanzsystem auf maximale Ansteckung hin konstruiert. Ist das bewusst so gemacht, um das Droh- und Erpressungspotenzial zu erhöhen?
Vogt: Wir glauben nicht, dass das Finanzsystem bewusst auf maximale Ansteckung hin konstruiert wurde, im Gegenteil. Aber es hat sich mit der Zeit dazu entwickelt, weil sich Politiker und Zentralbankbürokraten aufgrund kurzfristig orientierter Überlegungen immer wieder für den Weg des geringsten Widerstandes entschieden haben, ohne auf die langfristigen Folgen zu achten.
Auf diese Weise sind wir tatsächlich so weit gekommen, dass sogar der Bankrott eines ökonomisch völlig unbedeutenden Landes wie Griechenland verheerende Folgen für dessen Gläubiger haben kann. Hieran erkennen Sie, wie groß der Schlamassel tatsächlich schon ist. Wer soll die Retter retten? Vielleicht erklärt sich daraus die beharrliche Suche nach Planeten, auf denen erdähnliche Verhältnisse herrschen.