Interview mit Frederic Panizzutti: "Es ist trendy Gold zu besitzen"
25.05.2006 | Dr. Volkmar Riemenschneider
Herr Frederic Panizzutti ist Senior Vice President beim schweizerischen Edelmetallhandelshaus MKS Finance S.A. in Genf. Zu der Unternehmensgruppe gehört auch der Barrenproduzent PAMP S.A., der vor allem durch seine Motivbarren weltweit bekannt ist.
V. R.: Guten Tag Herr Panizzutti. Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie beurteilen Sie die Lage am Goldmarkt aus der Sicht der Zentralbanken? Besteht Ihrer Meinung nach tatsächlich die Tendenz dazu, dass Zentralbanken - vor allem jene aus den Emerging Markets - ihre Währungsreserven durch Edelmetallkäufe diversifizieren möchten? Hierzu gibt es ja seit geraumer Zeit vor allem Gerüchte um China, wo Zahlen bis zu einer Verfünffachung der Bestände genannt werden, was ja immerhin einer knappen Jahresproduktion entsprechen würde. Was würde passieren, wenn dies tatsächlich eintreten würde?
F. Panizzutti: Blicken wir auf das Jahr 1999 zurück. Damals teilten die Zentralbanken mit, dass sie ihre Goldverkäufe auf 400 Tonnen pro Jahr limitieren würden, um einen weiteren Preisverfall des Goldes abzuwenden. Die Maßnahme wurde getroffen, weil der Goldpreis auf Grund der Angst vor destabilisierenden Notenbankverkäufen auf 252 US$ gefallen war. In der Folgezeit konnte sich der Goldpreis erholen, weil niemand Angst haben musste, dass eine Zentralbank plötzlich große Goldbestände verkaufen würde.
In der Zeit nach dem 11. September stieg der Goldpreis weiter stark an. Die Nachhaltigkeit dürfte zu einem Meinungswechsel bei den Zentralbanken geführt haben. Wenn man die Gründe betrachtet, warum die Zentralbanken zwischen 1992 und 2000 Gold verkauft haben, dann stellt man fest, dass es größtenteils die Lagerkosten für das Gold waren. Da Gold keinen Ertrag bzw. sogar einen negativen Ertrag aufwies, sagten sich die Zentralbanken damals: "Wir verkaufen Gold, weil das kostet Geld!"
Wir gehen davon aus, dass es für eine Zentralbank zunehmend schwieriger wird Gold zu verkaufen. Schlussendlich gehört das Gold der Bevölkerung und man kann jetzt nicht mehr argumentieren, dass Gold keinen Wert bringt und damit Geld verliert. Das stimmt heute einfach nicht mehr. Gold hat sowohl dieses Jahr als auch letztes Jahr einen Ertrag von über 20% pro Jahr gebracht. Goldverkäufe zu begründen wird somit immer schwieriger, das ist die eine Sache.
Die zweite Sache ist, dass es durchaus stimmt, dass einige Zentralbanken Gold kaufen. Es wurde gemeldet, dass Argentinien letztes Jahr ungefähr 100 Tonnen erworben haben und es gibt noch andere Länder die über Goldkäufe nachdenken, aber das sind kleine Mengen. Obwohl es sich jedoch um kleinere Mengen handelt, kann dies sehr wohl den Markt in Ungleichgewicht versetzen. Die chinesischen Ökonomen, die den Staat beraten, haben vor einigen Wochen der chinesischen Zentralbank geraten, ihre Goldreserven auf ein internationales Niveau zu bringen, das würde bei etwas über 4% liegen.
Dies heißt jedoch noch lange nicht, dass die Zentralbank Gold kaufen wird. Erstens muss man sehen, dass China ein Goldproduzent ist - China verfügt somit über Gold, das noch nicht gefördert wurde. Wenn man nun die Länder betrachtet die über Goldreserven im Boden verfügen, dann kann festgestellt werden, dass die Zentralbanken dieser Länder viel weniger Reserven benötigen. Es dauert zwar etwas länger, aber sie haben letztendlich immer Zugriff auf die eigenen Reserven. Dies trifft sowohl für China, als auch für Russland zu. Und zweitens muss man sehen, dass China soviel Gold kaufen müsste, dass der daraus resultierende Preisanstieg nicht ertragbar wäre. Eine Zentralbank will alles, aber nicht einen Markt destabilisieren. Aus diesem Grund glaube ich, dass sie ihre Reserven nicht auf ein internationales Niveau anheben werden oder es ganz langsam machen.
V.R: Was sagen Sie zu den Argumenten bzw. Gerüchten darüber, dass die Zentralbanken prinzipiell an einem schwachen Goldpreis interessiert sind und daher ja eigentlich nicht dazu beitragen wollen, dass der Goldpreis steigt? Schließlich zeigt ja jeder Anstieg des Goldpreises eine Schwäche der Landeswährung an.
F.P: Ich glaube, dass eine Zentralbank Marktstabilität bewahren möchte. Die Rolle einer Zentralbank ist es einfach für Stabilität zu sorgen und nicht in irgendeiner Form irgendwelche Anlagen zu manipulieren. Ich glaube diese Theorie geht ganz einfach nicht auf.
V.R: Wie sieht es mit der Nachfrageentwicklung bei den großen institutionellen Investoren aus? Ist hier ein spürbares Anziehen der Nachfrage im Goldmarkt bemerkbar oder spielt sich der Großteil doch nur bei den Kleinanlegern ab?
F.P: Seit etwa einundhalb Jahren sind ganz neue, sehr diversifizierte Investoren zum Markt hinzugekommen. Sie müssen sehen, dass Gold seit dem Anstieg von 500 auf 700 US$ jeden Tag in den Medien angesprochen worden ist. Dies hat sehr viele neue Investoren in den Markt gezogen. Vergleicht man die Goldszene vor vier Jahren mit der heutigen, dann kann man davon ausgehen, dass 90% der Leute neue Mitspieler sind, die damals noch nicht dabei waren. Da sind kleine Investoren, aber auch sehr große Investoren. Vor vier, fünf Jahren waren wir sehr wenige Akteure am Markt, heute ist es sehr diversifiziert - sowohl geografisch, als auch in der Art der Kunden. Jetzt will jeder mitspielen, Gold wird heute wie eine High-Tech-Aktie gehandelt. Es ist trendy Gold zu besitzen, es geht nur mehr nach oben.
V.R: Nachdem nun auch für Silber ein ETF (Exchange Traded Fund) eingeführt wurde, konnte man einen massiven Nachfragesprung bemerken. Am Terminmarkt spricht man bereits von einer angespannten Nachfragesituation. Wie sieht es nun am physischen Silbermarkt aus, nachdem ja allgemein immer wieder behauptet wird, dass es nur verfügbare physische Silberbestände in Höhe einer Jahresproduktion gäbe. Der ETF hat bereits bis zu 70 Millionen Unzen eingesammelt - wenn sich das Volumen nun verdoppeln sollte, auf das angestrebte Niveau von 130 Millionen Unzen, wo soll dann das ganze Silber herkommen?
F.P: Momentan verfügt der ETF meines Wissens nach über etwas mehr als 60 Millionen Unzen Silber. Die Geschichte mit dem Silber-ETF ist ganz interessant, weil bis dato die Investoren auf diese Art nur in Gold investieren konnten. Als privater Anleger war es jedoch sehr schwer Silber zu kaufen. Wir haben auf einem Schlag viele potentielle Kunden, die jetzt endlich Silber kaufen könnten. Wir sind davon überzeugt, dass der Silber-ETF ein Erfolg wird und das das Volumen auf weit über 100 Millionen Unzen ansteigen wird. Wie sie es bereits angesprochen haben, entzieht der Silber-ETF physische Liquidität aus dem Markt. Sollte der Silber-ETF 100 bis 150 Millionen Unzen benötigen, dann würde dies den Markt in Ungleichgewicht bringen. Aus diesem Grund sind wir überzeugt, dass Silber noch dieses Jahr auf 20 US$ pro Unze ansteigen wird.
V.R: Wie beurteilen sie Gerüchte am Markt, dass im Falle einer Silberknappheit wieder die Gesetze am Terminmarkt abgeändert werden könnten, wie es bei der Silberspekulation der Gebrüder Hunt bereits einmal stattfand und damit dann quasi über den Terminmarkt auf den physischen Markt Druck ausgeübt werden könnte?
F.P: Ich glaube die Situation ist heute ein bisschen anders. Damals haben die Gebrüder Hunt Silber erworben, weil sie auf eine massive Inflation spekulierten. Sie haben Silber als Hedge gegen Inflation gekauft. Als dann die COMEX entschieden hat die Marginanforderungen nach oben zu setzten, konnten die Gebrüder Hunt nicht mehr mithalten. Aber das war nur eine Familie, heute haben wir tausende von Leuten. Wenn heute die COMEX die Marginanforderungen nach oben schraubt, dann wird von jedem Einzelnen verlangt seine Margin nachzuschießen. Ich glaube nicht, dass von so einer großen Masse niemand seine Marginanforderungen begleichen kann. Daher ist die Situation heute etwas anders.
V. R.: Guten Tag Herr Panizzutti. Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Wie beurteilen Sie die Lage am Goldmarkt aus der Sicht der Zentralbanken? Besteht Ihrer Meinung nach tatsächlich die Tendenz dazu, dass Zentralbanken - vor allem jene aus den Emerging Markets - ihre Währungsreserven durch Edelmetallkäufe diversifizieren möchten? Hierzu gibt es ja seit geraumer Zeit vor allem Gerüchte um China, wo Zahlen bis zu einer Verfünffachung der Bestände genannt werden, was ja immerhin einer knappen Jahresproduktion entsprechen würde. Was würde passieren, wenn dies tatsächlich eintreten würde?
F. Panizzutti: Blicken wir auf das Jahr 1999 zurück. Damals teilten die Zentralbanken mit, dass sie ihre Goldverkäufe auf 400 Tonnen pro Jahr limitieren würden, um einen weiteren Preisverfall des Goldes abzuwenden. Die Maßnahme wurde getroffen, weil der Goldpreis auf Grund der Angst vor destabilisierenden Notenbankverkäufen auf 252 US$ gefallen war. In der Folgezeit konnte sich der Goldpreis erholen, weil niemand Angst haben musste, dass eine Zentralbank plötzlich große Goldbestände verkaufen würde.
In der Zeit nach dem 11. September stieg der Goldpreis weiter stark an. Die Nachhaltigkeit dürfte zu einem Meinungswechsel bei den Zentralbanken geführt haben. Wenn man die Gründe betrachtet, warum die Zentralbanken zwischen 1992 und 2000 Gold verkauft haben, dann stellt man fest, dass es größtenteils die Lagerkosten für das Gold waren. Da Gold keinen Ertrag bzw. sogar einen negativen Ertrag aufwies, sagten sich die Zentralbanken damals: "Wir verkaufen Gold, weil das kostet Geld!"
Wir gehen davon aus, dass es für eine Zentralbank zunehmend schwieriger wird Gold zu verkaufen. Schlussendlich gehört das Gold der Bevölkerung und man kann jetzt nicht mehr argumentieren, dass Gold keinen Wert bringt und damit Geld verliert. Das stimmt heute einfach nicht mehr. Gold hat sowohl dieses Jahr als auch letztes Jahr einen Ertrag von über 20% pro Jahr gebracht. Goldverkäufe zu begründen wird somit immer schwieriger, das ist die eine Sache.
Die zweite Sache ist, dass es durchaus stimmt, dass einige Zentralbanken Gold kaufen. Es wurde gemeldet, dass Argentinien letztes Jahr ungefähr 100 Tonnen erworben haben und es gibt noch andere Länder die über Goldkäufe nachdenken, aber das sind kleine Mengen. Obwohl es sich jedoch um kleinere Mengen handelt, kann dies sehr wohl den Markt in Ungleichgewicht versetzen. Die chinesischen Ökonomen, die den Staat beraten, haben vor einigen Wochen der chinesischen Zentralbank geraten, ihre Goldreserven auf ein internationales Niveau zu bringen, das würde bei etwas über 4% liegen.
Dies heißt jedoch noch lange nicht, dass die Zentralbank Gold kaufen wird. Erstens muss man sehen, dass China ein Goldproduzent ist - China verfügt somit über Gold, das noch nicht gefördert wurde. Wenn man nun die Länder betrachtet die über Goldreserven im Boden verfügen, dann kann festgestellt werden, dass die Zentralbanken dieser Länder viel weniger Reserven benötigen. Es dauert zwar etwas länger, aber sie haben letztendlich immer Zugriff auf die eigenen Reserven. Dies trifft sowohl für China, als auch für Russland zu. Und zweitens muss man sehen, dass China soviel Gold kaufen müsste, dass der daraus resultierende Preisanstieg nicht ertragbar wäre. Eine Zentralbank will alles, aber nicht einen Markt destabilisieren. Aus diesem Grund glaube ich, dass sie ihre Reserven nicht auf ein internationales Niveau anheben werden oder es ganz langsam machen.
V.R: Was sagen Sie zu den Argumenten bzw. Gerüchten darüber, dass die Zentralbanken prinzipiell an einem schwachen Goldpreis interessiert sind und daher ja eigentlich nicht dazu beitragen wollen, dass der Goldpreis steigt? Schließlich zeigt ja jeder Anstieg des Goldpreises eine Schwäche der Landeswährung an.
F.P: Ich glaube, dass eine Zentralbank Marktstabilität bewahren möchte. Die Rolle einer Zentralbank ist es einfach für Stabilität zu sorgen und nicht in irgendeiner Form irgendwelche Anlagen zu manipulieren. Ich glaube diese Theorie geht ganz einfach nicht auf.
V.R: Wie sieht es mit der Nachfrageentwicklung bei den großen institutionellen Investoren aus? Ist hier ein spürbares Anziehen der Nachfrage im Goldmarkt bemerkbar oder spielt sich der Großteil doch nur bei den Kleinanlegern ab?
F.P: Seit etwa einundhalb Jahren sind ganz neue, sehr diversifizierte Investoren zum Markt hinzugekommen. Sie müssen sehen, dass Gold seit dem Anstieg von 500 auf 700 US$ jeden Tag in den Medien angesprochen worden ist. Dies hat sehr viele neue Investoren in den Markt gezogen. Vergleicht man die Goldszene vor vier Jahren mit der heutigen, dann kann man davon ausgehen, dass 90% der Leute neue Mitspieler sind, die damals noch nicht dabei waren. Da sind kleine Investoren, aber auch sehr große Investoren. Vor vier, fünf Jahren waren wir sehr wenige Akteure am Markt, heute ist es sehr diversifiziert - sowohl geografisch, als auch in der Art der Kunden. Jetzt will jeder mitspielen, Gold wird heute wie eine High-Tech-Aktie gehandelt. Es ist trendy Gold zu besitzen, es geht nur mehr nach oben.
V.R: Nachdem nun auch für Silber ein ETF (Exchange Traded Fund) eingeführt wurde, konnte man einen massiven Nachfragesprung bemerken. Am Terminmarkt spricht man bereits von einer angespannten Nachfragesituation. Wie sieht es nun am physischen Silbermarkt aus, nachdem ja allgemein immer wieder behauptet wird, dass es nur verfügbare physische Silberbestände in Höhe einer Jahresproduktion gäbe. Der ETF hat bereits bis zu 70 Millionen Unzen eingesammelt - wenn sich das Volumen nun verdoppeln sollte, auf das angestrebte Niveau von 130 Millionen Unzen, wo soll dann das ganze Silber herkommen?
F.P: Momentan verfügt der ETF meines Wissens nach über etwas mehr als 60 Millionen Unzen Silber. Die Geschichte mit dem Silber-ETF ist ganz interessant, weil bis dato die Investoren auf diese Art nur in Gold investieren konnten. Als privater Anleger war es jedoch sehr schwer Silber zu kaufen. Wir haben auf einem Schlag viele potentielle Kunden, die jetzt endlich Silber kaufen könnten. Wir sind davon überzeugt, dass der Silber-ETF ein Erfolg wird und das das Volumen auf weit über 100 Millionen Unzen ansteigen wird. Wie sie es bereits angesprochen haben, entzieht der Silber-ETF physische Liquidität aus dem Markt. Sollte der Silber-ETF 100 bis 150 Millionen Unzen benötigen, dann würde dies den Markt in Ungleichgewicht bringen. Aus diesem Grund sind wir überzeugt, dass Silber noch dieses Jahr auf 20 US$ pro Unze ansteigen wird.
V.R: Wie beurteilen sie Gerüchte am Markt, dass im Falle einer Silberknappheit wieder die Gesetze am Terminmarkt abgeändert werden könnten, wie es bei der Silberspekulation der Gebrüder Hunt bereits einmal stattfand und damit dann quasi über den Terminmarkt auf den physischen Markt Druck ausgeübt werden könnte?
F.P: Ich glaube die Situation ist heute ein bisschen anders. Damals haben die Gebrüder Hunt Silber erworben, weil sie auf eine massive Inflation spekulierten. Sie haben Silber als Hedge gegen Inflation gekauft. Als dann die COMEX entschieden hat die Marginanforderungen nach oben zu setzten, konnten die Gebrüder Hunt nicht mehr mithalten. Aber das war nur eine Familie, heute haben wir tausende von Leuten. Wenn heute die COMEX die Marginanforderungen nach oben schraubt, dann wird von jedem Einzelnen verlangt seine Margin nachzuschießen. Ich glaube nicht, dass von so einer großen Masse niemand seine Marginanforderungen begleichen kann. Daher ist die Situation heute etwas anders.