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Prof. Fekete über Gold und die Schuldengesellschaft

22.12.2015  |  Claudio Grass
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Der Goldstandard ist ein ganz und gar dezentrales System und stellt damit den Gegenentwurf zur zentralen Planung dar. Er gibt ganz normalen Bürgern die Macht, ein Veto gegen verschwenderische Sozial- oder Kriegsausgaben der Regierung und gegen ungerechtfertigte Lockerungen der Bankkredite einzulegen, indem sie Banknoten und Bankeinlagen gegen Goldmünzen tauschen.

Russland, Indien und China verwenden Gold zu Propagandazwecken, die mit einer zuverlässigen Währung nichts zu tun haben. Die Andeutungen, die sie in Bezug auf Gold machen, sind unaufrichtig und wir sollten hinterfragen, welche Ziele sie mit der Aufstockung ihrer Goldreserven verfolgen. Wie schon Vergil schrieb: "Timeo Danaos et dona ferentes" oder "Hüte dich vor den Griechen, auch wenn sie Geschenke bringen."

Global Gold: Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Goldstandard und der Real Bills Doctrine von Adam Smith? Könnten Sie den Unterschied zwischen diesen beiden Konzepten bitte für unsere Leser erläutern? Welches von beiden sollte in unserem aktuellen Währungssystem zuerst wiederhergestellt werden? Oder ist es vielleicht schon zu spät?

Prof. Fekete: Hier ist zunächst ein wenig Hintergrundwissen zum Real Bills Doctrine von Adam Smith: Smith argumentiert, dass der Geldmarkt sich selbst ausbalanciert und als sein eigenes Clearinghaus fungiert. Banknoten werden gegen Güter, unfertige Güter oder Dienstleistungen getauscht und repräsentieren dementsprechend deren tatsächlichen Wert. Bei diesen Transaktionen sind keine Kredite im Spiel, da "echte Banknoten" (real bills) ohne Ausfallrisiko als Zahlungsmittel verwendet werden. Folglich kann auch keine Situation entstehen, in der das Geldangebot zu groß ist oder es zur Inflation der Nominalwerte kommt. Der Markt räumt sich selbst, indem das überschüssige Geld zum Herausgeber zurückkehrt.

Man kann Adam Smith paraphrasieren, indem man sagt, dass dieses System den Geldmarkt zum Clearinghaus des Goldstandards macht. Der Goldstandard kann nicht ohne ein Clearinghaus funktionieren, wo Banknoten getauscht werden, die verschiedene Produktionsphasen und Verteilungsschritte der halbfertigen Produkte auf dem Weg zum Kunden repräsentieren, der letztlich in Gold zahlt. Eine Wiedereinführung des Goldstandard ist nur möglich, wenn zuvor die Real Bills Doctrine rehabilitiert wurde. Ich denke nicht, dass es zu spät ist, um zum Goldstandard zurückzukehren, vorausgesetzt, die Real Bills Doctrine wird zuerst umgesetzt.

Global Gold: Sie haben einmal erwähnt, dass der Goldpreis vom Aussterben bedroht ist. Eines Tages, vielleicht schon sehr bald, wird Ihnen niemand mehr ein Preisangebot für Gold machen. Mit keiner noch so großen Menge an nicht einlösbaren Papierdollars wird man auch nur ein Gramm Gold kaufen können, weil kein Verkäufer bereit sein wird, sich davon zu trennen, wenn er nicht ganz genau weiß, wie er seine Bestände wieder auffüllen kann. Können Sie das näher ausführen?

Prof. Fekete: An den Terminmärkten liegt der Preis für in (relativ naher) Zukunft lieferbares Gold normalerweise über dem Spot-Preis. Der Fachausdruck für diese Marktsituation ist Contango. Das Gegenteil davon ist Backwardation, d. h. der Spot-Preis liegt über dem Terminpreis von Gold. Das ökonomische Gesetz, das dieser Tatsache zu Grunde liegt, trifft tatsächlich nur auf den Goldmarkt zu und ist von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis des Goldhandels. Es spiegelt die Knappheit von Spot-Gold gegenüber Gold-Futures wider.

Niemand wird Spot-Gold verkaufen, wenn er nicht genau weiß, wie er seine dezimierten Bestände wieder aufstocken kann. Die Differenz zwischen dem Preis der Gold-Futures für einen Liefertermin in der Zukunft und dem Spot-Goldpreis für sofortige Lieferung wird Gold-Basis genannt. Die Gold-Basis ist ein fundamentaler Indikator und sogar noch wichtiger als der Goldpreis selbst.

Global Gold: Sie waren der erste, der auf die historische Tatsache hinwies, dass sich alle Gold-Terminmärkte unaufhaltsam in Richtung permanenter Backwardation entwickeln. Warum ist kontinuierliche Backwardation am Goldmarkt so ein wichtiges, um nicht zu sagen beängstigendes Ereignis? Sind Sie der Ansicht, dass dieses Ereignis noch bedeutsamer ist, als der Betrug durch das US-Finanzministerium in den Jahren 1933 und 1971?

Prof. Fekete: Ja, genau das denke ich. Die Frage ist, ob die Besitzer der US-Schuldverschreibungen sich von diesen verlustbringenden Positionen befreien können und wenn ja, in welchem Maße. Wenn die Gold-Basis negativ wird und bleibt, wird das signifikante Auswirkungen auf globaler Ebene haben, denn dann bricht die Zeit der kontinuierlichen Gold-Backwardation an. Dieser Tag liegt noch in der Zukunft, aber er wird unweigerlich kommen.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass sich die Basen aller Agrarrohstoffe zyklisch verhalten. Die Weizen-Basis erreicht ihren (manchmal negativen) Tiefststand beispielsweise kurz vor der Ernte. Sie zeigt an, dass Weizen zur sofortigen Lieferung knapp ist. Nach dem Einbringen und der Einlagerung der Weizenernte nimmt die Basis dagegen den Höchstwert an und repräsentiert dabei die gesamten Frachtkosten. Danach fällt die Weizen-Basis wieder, während die Lagervorräte bis hin zur nächsten Ernte abnehmen.

Das Verhalten der Basis von Agrarrohstoffen steht in krassem Gegensatz zur Gold-Basis. Die Gold-Basis fällt ausgehend von ihrem Maximum, welches der Gesamthöhe der Fracht- und Lagerkosten entspricht. Das bedeutet, dass praktisch alles überirdische Gold lieferbar ist. Diese Situation entstand beispielsweise 1971, als an der Winnipeg Commodity Exchange der Handel mit Gold-Futures begann. Danach sank die Gold-Basis kontinuierlich bis zum Jahr 2000, als sie erstmals bis auf Null fiel. Das war ein Wendepunkt in der Wirtschaftsgeschichte. Es gab kein schnell lieferbares Gold mehr. In akademischen Kreisen wurde die Saga von der Gold-Basis komplett ignoriert. Vor allem verpasste man, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Basis negativ werden und bleiben konnte und welche Auswirkungen das hätte.

Wie sich herausstellte, wird die Gold-Basis seit dem Jahr 2000 von Zeit zu Zeit negativ, erholte sich aber bisher jedes Mal wieder. Auch ähnliche andere Warnzeichen leuchteten bereits auf, beispielsweise die negative Gold-Leasingrate. Technisch gesehen stellt das noch keine permanente Gold-Backwardation dar, und es lässt sich darüber streiten, wie sich die Situation von hier an weiter entfalten wird.

Entwicklungen, die man im Auge behalten sollte, sind erstens die Migration des Goldes vom Okzident in den Orient und damit die Umkehr eines jahrhundertealten Trends, und zweitens die zunehmende Knappheit an sofort lieferbarem Gold an den Märkten, ganz besonders in den offiziellen Lagerhäusern der COMEX. In diesem Zusammenhang sind auch die beständig höheren Preise interessant, die den Besitzern fällig werdender Gold-Terminkontrakte geboten werden. In meinen Augen ist das Bestechungsgeld, da es den Besitzern von Gold-Futures einen Anreiz bietet, diese nicht physisch ausliefern zu lassen.


© Claudio Grass
Global Gold


Der Artikel wurde am 17. November 2015 auf www.globalgold.ch veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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