Oh großer König Salman, gepriesen seien deine Mega-Ölkavernen
06.01.2016 | Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Rasch steigender EigenverbrauchNoch 1980 lag der Eigenverbrauch bei etwa 5% der Gesamtförderung. Es verblieben 95% zum Export. 2011 wurden schon 28% der Produktion selbst verbraucht. 2016 könnten es bereits 35%, also über ein Drittel sein. In der "alten Welt" dagegen sind die Verhältnisse genau umgekehrt. Hier fördert man nur etwa ein Drittel des Verbrauches selber und muss den Rest einführen.
Von 2010 bis 2011 nahm der Saudi-Eigenverbrauch um 13% zu. Seit 2005 stieg er um 52%. Noch 1999 lag er bei der Hälfte dessen, was 2011 verbraucht wurde. Die Verbrauchs-Kurve zeigt exponentielle Verläufe und dieser Kurve zufolge wird das Land schon in etwa 14 Jahren zum Importeur. Schon lange vorher aber gäbe es massive soziale Konsequenzen in Form einer Revolution. Der super-spendable Staat, sprich das Königshaus, müsste sich ja mangels Exporteinnahmen rasant "gesundschrumpfen", um Ausgaben und Einnahmen in der Balance zu halten. Selbst die 7100 Prinzen würden dies zu spüren bekommen.
Revolution auf zwei Ebenen
Diese Revolution hätte eine Doppelnatur, nämlich eine solche im Energie-, Wirtschafts-, Steuer- und Finanzsektor, wie auch eine Revolte der Bevölkerung, und vermutlich selbst der Beamtenschaft inklusive Militär, denn kein Beamter oder Soldat dient gerne ohne Löhnung oder für einen Hungerlohn. So einfach über Nacht werden allerdings der König und sein Haus nicht fallen.
Er ist absoluter Monarch und kann jedes nur denkbare Gesetz erlassen. Er selbst aber ist an keinerlei Gesetz gebunden. Alle unter ihm fungierenden Instanzen haben mehr oder weniger beratende Funktion. Parteien, Parlament oder Religionsfreiheit gibt es nicht. Die streng konservative Auslegung des Korans hat für Frauen strenge Regeln zur Folge, sie sind nicht geschäftsfähig und dürfen unter anderem nicht Auto fahren. Regierungskritiker können leicht verhaftet zu werden.
Außerdem ist er ähnlich wie der Papst, so etwas wie der Stellvertreter Allahs auf Erden, und die 7100 Prinzen dürften vorläufig treu zur Familie stehen, genau wie 95% der Beamtenschaft, der Polizei und des Militärs.
Was dem Land noch hilft, ist die Lokation der heiligen Städte Mekka und Medina, inkl. der schwarz verhangenen Kaaba. Jährlich pilgern etwa 5 Millionen Muslime dorthin auf ihrer "Hadsch" und werden dann zum "Hadschi" (siehe Hadschi Halef Omar Ben Ibn al Gossara usw. von Karl May). Somit wird das Land, trotz aller Feindschaft der Sunnah bzw. deren saudischer Variante, den Wahabiten, mit der Schiah, von allen Anhängern des Propheten geachtet und respektiert. Der König ist so etwas wie ein Garant des Islam und seiner religiösen Bräuche und übergeordneter irdischer Wächter der allerheiligsten Pilgerstätten.
Von drauß von Saudi komm ich her, der Asylanten einer mehr?
In seinem Land wird derzeit Elektrizität durch Gasverbrennung generiert, was wegen der geringen Förderkosten wirtschaftlich ist. Riesige Meerentsalzungs- und landwirtschaftliche Berieselungsanlagen laufen mit Öl oder Erdgas. Das Land leidet unter chronischer Wasserknappheit. Jedes noch so bescheidene Heim hat bis zu 3 Klimaanlagen Tag und Nacht laufen, und die oberen Gesellschaftsschichten zweigen immer mehr der verfügbaren Energie wie auch der Finanzen des Staates - sprich des materiellen Wohlstandes - für sich ab.
Unten dagegen wachsen Verarmung und Arbeitslosigkeit. Etwa 35% der Bevölkerung lebt unter dem dortigen Äquivalent des deutschen "Hartz 4", Tendenz steigend. In wenigen Jahren könnten es bereits die Hälfte aller Arbeitsfähigen im Lande sein. Mit dem Paradies auf Erden, also dem sozialistischem Grundversprechen: "Something for Nothing" wäre es also schon bald vorbei. Möglicherweise kämen dann neue Asylantenströme aus Saudi nach Deutschland, mit leeren Benzinkanistern im Gepäck. Eine echte Bereicherung, denn Deutschland braucht schließlich - äh - Kanister.
Ob die Neuen dann auch ihre Sitten und Gebräuche mitbrächten, bleibt fraglich. Öffentliche Hinrichtungen (Männer per Schwert auf Wagenrad, Frauen mit 2 Kopfschüssen), Hände oder Füße abhacken und Stümpfe in kochendes Öl getaucht, ja selbst Tod durch gelegentliche echte Kreuzigungen, gehören zur Alltagsroutine, und können von Schaulustigen sogar fotografiert oder gefilmt werden. Gerade wurden 41 Hinrichtungen an "Terroristen", genauer "Terroristen-Verdächtigen" oder angeblichen "Sympathisanten" vollstreckt.
Die Entrüstung der Deutschen hierüber sollte sich in Grenzen halten, denn auch in Deutschland ist die Todesstrafe seit etwa 3 Jahren gesetzlich fest und sauber verankert. Bundestag und Bundesrat winkten die Passagen durch und 2 Bundespräsidenten wollten nicht unterschreiben, um die endgültige Rechtskraft zu installieren. Beide verschwanden unter höchst fraglichen Umständen aus ihrem Amt. Der kräftige Nachfolger mit einem noch kräftigerem Nussknackergesicht, unterschrieb flugs und seither haben wir die Todesstrafe im Gesetz. Wer zweifelt, lese den Lissabonner Vertrag nach, vorn die allgemeinere Fassung und gegen Schluss, präzise Ausführungen.
Es geht eigentlich nicht um Kriminelle, sondern um Menschen, die politischen Widerstand leisten und das bestehende System nebst ihren Vertretern (Politik, Bankster, Beamtenschaft, linksgrünes Gutmenschentum, Führungseliten) anzweifeln, angreifen und zu stürzen versuchen. Ganz ähnlich wie in Saudi, nur sind hier diverse Machtgruppierungen, und dort nur ein allmächtiger König im Spiel.
Die Scheidungszeremonie in Salmans Reich gestaltet sich ebenfalls recht einfach. Durch dreimalige Körperdrehung eines Mannes, plus Ausrufen der drei Worte: "Ich scheide mich", ist die Prozedur vorbei. Heirat ist im Lande keine staatliche Angelegenheit sondern ein streng zivilrechtlicher Vertrag. Allerdings müssen die Männer in vielen Fällen eine Abstandssumme zahlen oder für den Unterhalt der Geschiedenen und der Kinder sorgen. Es geht hier also meist relativ zivilisiert zu.
Saudis und Chinesen als Schicksalsgemeinschaft
Dass Wachstums irgendwann an seine Grenzen stoßen wird bedarf keiner Diskussion. Und dass wir es am "Beispiel Saudi" keineswegs mit einer völlig diffusen Endzeitprognose zu tun haben, ist ebenfalls klar. Adam Riese schwenkt siegessicher sein Rechenbrett.
Ein ähnliches Wachstums-Problem betrifft übrigens auch China. Die Umsätze der chinesischen Industrie sind im November den neunten Monat in Folge geschrumpft. Sie leidet unter schwache Nachfrage im In- und Ausland. Dies wiederum schafft Überkapazitäten, weshalb die Preise gesenkt werden müssen, was wiederum die Gewinnmargen schmälert.
Wenn die dortigen Wachstumsraten nicht mehr, wie früher 11%, sonder auf "nur noch" 7% pro Jahr betragen, wird das steil aufstrebende Land in lediglich 10 Jahren von heute an, die gesamte weltweit geförderte Steinkohle verbrauchen, von 4%-igen Wachstumszahlen, wie derzeit, gar nicht zu reden. Daher wird es auch dort, genau wie in Saudi, zu massiven wirtschaftlichen Abkühlungen kommen. Im Vergleich dürfte sich die derzeitige Euro-Krise gegenüber den gravierenden Abkühlungen in diesen Schlüsselländern - und durch diese bewirkten nachfolgenden Ausfalleffekte in der westlichen Welt - besonders in Deutschland, nur wie ein kurzer lästiger Platzregen ausnehmen.