Marc Faber: Ausgang unbekannt, aber auf jeden Fall negativ
01.02.2016
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Anthony Wile: Wie steht um den Bergbausektor? Marc Faber: Ich habe vorhin bereits erklärt, dass es unter der Oberfläche an den US-Märkten einige schwache Sektoren gibt. Der mit Abstand schwächste sind die Aktien der Edelmetallunternehmen, die oft Kursverluste von 90% oder mehr zu verzeichnen hatten. Die Edelmetallpreise selbst liegen bekanntermaßen auch deutlich unter den Hochs von 2011.
Ich denke, dass man sein Portfolio diversifizieren sollte und das rate ich auch den Anlegern immer wieder. Man kann nicht sein gesamtes Geld in ein Asset investieren. Was Kapitalallokationen im Bereich der Edelmetalle und Minengesellschaften angeht denke ich, dass die Unternehmensaktien derzeit ein sehr gutes Chance-Risiko-Profil aufweisen. Es könnte sein, dass ihre Kurse noch ein klein wenig fallen. Ein paar der Unternehmen könnten auch pleite gehen, sodass Sie in diesem Fall 100% Ihres angelegten Kapitals verlieren würden. Doch wenn erst einmal Bewegung in den Sektor kommt, könnten sich sich die Kursstände mit Leichtigkeit verdreifachen oder vervierfachen. Als Investor müsste man sich also verschiedene Minengesellschaften aussuchen. Der Edelmetallsektor stellt derzeit wirklich eine extrem günstige Kaufgelegenheit dar.
Anthony Wile: Sie haben betont, wie wichtig es ist, die eigenen Kapitalanlagen zu diversifizieren, wenn man einen gewissen Schutz sucht. Es scheint, als würden sich immer mehr Menschen auf die Suche nach sichereren Gefilden machen - sie kaufen z. B. ein zweites Haus im Ausland oder einen zweiten Pass. Was denken Sie darüber? Einige beobachten eine gewisse Panik, die unter der Oberfläche der Gesellschaft gärt, zumindest in den Vereinigten Staaten.
Marc Faber: Die Leute sollten Ruhe bewahren. Die Welt dreht sich weiter und die Menschen werden schwere Zeiten durchstehen und überleben. Ich denke, eine der ganz großen Fragen in den kommenden Jahren wird sein, ob Demokratien funktionieren. In einer Demokratie stimmt jeder für seine eigenen staatlichen Zuwendungen, doch die Regierungen können letztlich nicht alle Sozialleistungen bezahlen. In den westlichen Staaten werden die Menschen daher in Zukunft wahrscheinlich länger arbeiten müssen, d. h. Sie werden Ihre Rente erst bekommen, wenn Sie schon 70 oder 75 Jahre alt sind, oder Sie werden eine niedrigere Rente erhalten oder höhere Steuern zahlen müssen. Die Regierungen des Westens sind praktisch pleite, weil sie zu viel versprochen haben. Ganz egal, ob es sich dabei um die einzelnen Bundesstaaten oder die Regierung oder die Rentenfonds handelt - es ist praktisch nicht genügend Geld vorhanden, um für alle Leistungen aufzukommen. Das schafft Unsicherheit in der Bevölkerung.
Vermögenssteuern sind ebenfalls ein Grund für Unsicherheit. Nicht in den ärmeren Bevölkerungsschichten, denn die bezahlen keine Einkommenssteuer - sagen wir 50% der US-Amerikaner bezahlen keine Einkommenssteuer. Aber für die Wohlhabenderen sind Vermögenssteuern ein Anlass zur Sorge. Ich denke, dass man eine solche Steuer einführen wird, zuerst in Europa und dann auch in den Vereinigten Staaten. In einer Demokratie ist es sehr leicht, vor die Wählerschaft zu treten und zu sagen: "Schauen Sie her. Wissen Sie, warum es der Wirtschaft so schlecht geht? Weil die Reichen zu viel Geld haben und zu wenig ausgeben. Wir müssen den Reichen also einen Teil ihres Geldes wegnehmen und es den Armen geben." Die Politiker werden außerdem Sorge tragen, dass auch die Medien diesen Unsinn glauben.
Dabei haben die Reichen gar nicht Falsches getan. Es ist die Notenbank, die das Falsche tut, indem sie Geld gedruckt hat, um die Preise aller Assets die Höhe zu treiben. Den Menschen, die schon zuvor kein Geld hatten, hat das nichts genützt, aber die, die bereits reich waren, haben von dieser Politik enorm profitiert. Die Federal Reserve hat damit praktisch das Wohlstands- und Einkommensgefälle enorm verstärkt. Ich will damit nicht sagen, dass nur sie dazu beigetragen hat, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht, aber ich denke, sie hat einen großen Anteil daran.
Eines Tages, wenn sie die Regierung und die Medien bereits einer Gehirnwäsche unterzogen hat, wird die Fed sagen: "Wir müssen den Reichen etwas wegnehmen, und die Wohlhabenden werden höhere Steuern zahlen müssen."
Im Allgemeinen wäre ich jedoch ebenfalls für ein besseres Steuersystem für Unternehmen und Privatpersonen, denn es gibt einzelne, die sehr wenig zahlen, weil es alle möglichen Strategien gibt, um Steuerzahlungen zu umgehen. Viele Unternehmen zahlen praktisch gar keine Steuern. In manchen Fallen sind die Subventionen, die sie von der Regierung bekommen, tatsächlich höher, als die Steuern, die sie zahlen müssen. Diese Situation ist unglaublich absurd.
Einige der Präsidentschaftskandidaten in den USA treten für einen Pauschalsteuersatz ein. Ich würde das ebenfalls befürworten. Ein solches System wäre am besten, am einfachsten. Man könnte 80% der Steuerbeamten feuern. Bei einer Pauschalbesteuerung würde der Staat einfach von jedem einen gewissen Anteil des Einkommens einziehen, es gäbe keine Möglichkeit, etwas von der Steuer abzusetzen usw. Aber die Steuerberater, die Buchhalter die Wirtschaftsprüfer und viele andere sind gegen eine einheitliche Besteuerung, mit der die Schlupflöcher in den Bestimmungen geschlossen würden. Bei Einführung eines Pauschalsteuersatzes müssten sie höhere Steuern zahlen, als jetzt. In den USA würde ein solcher einheitlicher Satz bei etwa 10% liegen, schätze ich. Die Regierung würde wahrscheinlich einen höheren Satz beschließen, aber 10% würden theoretisch ausreichen.
Anthony Wile: Kommen wir noch einmal kurz zu den Zentralbanken zurück. Wenn die Situation immer chaotischer wird, werden wir dann einen Kollaps erleben? Und wenn ja, wann?
Marc Faber: Ich denke nicht, dass das System demnächst zusammenbrechen wird. Irgendwann in der Zukunft wird es passieren, aber das könnte noch sehr lange dauern. Wie gesagt, die Zentralbanken werden niemals auch nur den geringsten Fehler zugeben. Genauso wie die Regierung niemals sagen wird: "Wir haben einen Fehler gemacht. Wir habe es vermasselt." Nein, sie werden immer einen Sündenbock finden, auf den sie die Schuld schieben können.
Es könnte also noch eine ganze Weile so weitergehen wie bisher, aber eines Tages wird das Chaos perfekt sein. Dann werden sich die Zentralbanken zusammensetzen oder eine vernünftige Person wird vortreten und sagen: "Unser auf dem Drucken von neuem Geld beruhendes System funktioniert nicht. Wir brauchen wieder eine gewisse Disziplin in Währungsangelegenheiten und das Bretton-Woods-System hat diese Disziplin gewährleistet. Es war nicht perfekt, aber es war besser als unser derzeitiges System." Wir werden also wahrscheinlich zu einem System zurückkehren können, in dem Gold eine zentrale Rolle spielt. Bevor es soweit ist, kann es jedoch sein, dass die Regierung Ihr Gold konfisziert, so wie 1933. Das ist eine sehr reale Möglichkeit.
Anthony Wile: Ja, und das bereitet den Menschen große Sorgen.
Marc Faber: Aus gutem Grund, aus gutem Grund. Ich habe gesagt, die Zentralbanken würden nie einen Fehler eingestehen. Sie werden also zuerst versuchen, durch eine höhere Besteuerung an das Vermögen der Reichen zu gelangen. Außerdem werden negative Zinsen mittlerweile wirklich ernsthaft diskutiert. Wenn man erst einmal negative Zinssätze beschlossen hat, muss man etwas gegen Bargeld unternehmen, denn die Menschen könnten einfach Geld oder Gold unter der Matratze bunkern. Die Regierung wird also möglicherweise gegen Bargeld und Bargeldersatz vorgehen.