Marc Faber: Ausgang unbekannt, aber auf jeden Fall negativ
01.02.2016
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Sie glauben vielleicht nicht, dass das funktionieren kann, aber es ist möglich und es wird zahlreiche Menschen verunsichern. In kleinen Dörfern auf dem Land könnten sich die Einwohner z. B. Schuldscheine über einen gewissen Betrag ausstellen und diese dann in einem anderen Geschäft wieder eintauschen. Es gibt Möglichkeiten, mit denen sich das Bargeldverbot zumindest teilweise umgehen lässt. Ich denke allerdings nicht, dass ein vollständiges Verbot wirklich funktionieren könnte. Wenn die Regierungen weltweit das Bargeld verbieten würden, würde die Wirtschaftsleistung übrigens um 20% zurückgehen, denn wir haben eine florierende Schattenwirtschaft.Die Ökonomen würden jetzt argumentieren, dass die Schattenwirtschaft sowieso schlecht ist, aber es ist wahrscheinlich die Wirtschaft, die am besten funktioniert, weil sich dort keine Regierung einmischt.
Anthony Wile: Es gibt eine wachsende Bewegung für Lokalwährungen, die in einigen Regionen offenbar Fuß fassen konnte.
Marc Faber: Ja, sicher, das gibt es überall auf der Welt.
Anthony Wile: Haben Sie angesichts des derzeitigen Zustandes der Weltwirtschaft noch andere Bemerkungen?
Marc Faber: Ich würde meine Anlagen diversifizieren. Es ist immer schwierig, treffende Vorhersagen zu machen, aber wenn die Politik interveniert, ist es unmöglich. Heutzutage wird sehr viel in die Wirtschaft eingegriffen. In der gesamten Geschichte der Menschheit, die seit ca. 5.000 Jahren dokumentiert ist, waren die Zinssätze nie so niedrig, wie zur Zeit. Niemals. Und das ist ein Experiment, das von Professoren und Akademikern durchgeführt wird, die nie in ihrem Leben auch nur einen Tag in einem richtigen Beruf gearbeitet haben. Niemand weiß, wie es wirklich ausgehen wird. Ich kann nur sagen, dass das Endresultat negativ sein wird. Da bin ich mir sicher.
Aber wie genau es sich bis dahin entwickeln wird, kann ich nicht sagen. Es könnte sein, dass es erst zur Deflation und danach zur Inflation kommt. Zur Zeit beschränkt sich die Inflation auf die Assetpreise, bei den Konsumgütern haben wir kaum Inflation. Im Dienstleistungsbereich lässt sich dafür durchaus eine gestiegene Inflation beobachten, beispielsweise bei den Gesundheits- und Bildungskosten. Die Krankenversicherungsbeiträge werden für alle Amerikaner um mindestens 30% steigen und für viele Familien ist das eine Menge Geld.
Aber wie genau es enden wird weiß ich nicht. Deswegen sage ich, dass es in dieser ungewissen Situation keinen Sinn hat, sein gesamtes Kapital auf die eine oder andere Art anzulegen. Man sollte unterschiedliche Assets besitzen. Ganz allgemein glaube ich, dass die meisten Investoren besser damit beraten sind, das Haus zu besitzen, in dem sie wohnen, als mit chinesischen Aktien zu spekulieren, von denen sie keine Ahnung haben. Angenommen jemand lebt in einem Dorf mit 20.000 Einwohnern, oder in einer Stadt mit 50.000 Einwohnern. Für ihn ist es ein Leichtes, jeden Tag die Grundstückspreise in der Zeitung oder im Internet nachzuschauen und eine Runde durch den Ort zu fahren, um zu sehen, wie viele Grundstücke wo zum Verkauf stehen. So kann er sich eine begründete Meinung bilden, ohne einen zu großen Aufwand betreiben zu müssen. Sind die Preise gerade hoch oder niedrig? Ist dieses Grundstück hier günstig oder teuer in Vergleich zu dem dort drüben? Am Aktienmarkt fehlt ihm dieses Wissen.
Für viele Privatanleger ist es daher wahrscheinlich besser, in Grundstücke und Immobilien zu investieren, weil sie damit nichts Dummes anstellen. Es sollte sich dabei allerdings nicht um Immobilien handeln, für deren Kauf man einen Kredit über 100% des Wertes aufnehmen muss. Wenn möglich, sollte man gleich den kompletten Preis bezahlen.
Anthony Wile: Eine letzte Frage: Wie wird sich der Goldpreis in diesem Jahr entwickeln?
Marc Faber: Ich denke, dass der Goldpreis steigen wird, aber viele sind der Meinung, dass er fallen wird. Ich glaube vor allem, dass der Goldpreis steigt, weil alle hinsichtlich des US-Dollars so bullisch sind, aber ich denke nicht, dass es für den Dollar noch weit nach oben geht. Aus philosophischer Sicht kann ich eigentlich überhaupt nicht verstehen, warum der Dollar so stark ist, schon gar nicht im Vergleich zu den Edelmetallen.
Die Edelmetallpreise liegen in etwa 40% unter ihren Höchstwerten. Ich denke nicht, dass sie noch viel tiefer fallen. Jetzt wäre also eine gute Gelegenheit, um Edelmetalle zu kaufen. Falls es zu einem deflationären Kollaps kommt, werden natürlich alle Preise fallen. Aber bei den Edelmetallpreisen werden die Verluste vermutlich geringer sein, als bei allen anderen.
Anthony Wile: Vielen Dank.
Schlussgedanken
Ein Schlüsselgedanke, den wir aus diesem Interview für uns herausgezogen haben, ist der folgende: "Es ist die Notenbank, die das Falsche tut, indem sie Geld gedruckt hat, um die Preise aller Assets die Höhe zu treiben. Den Menschen, die schon zuvor kein Geld hatten, hat das nichts genützt, aber die, die bereits reich waren, haben von dieser Politik enorm profitiert."
Mr. Faber glaubt, dass die meisten Menschen sich der Rolle der Zentralbanken in diesem rasend schnell näher kommenden Deflationsdesaster gar nicht richtig bewusst sind. Dabei war es das koordinierte Gelddrucken der Zentralbanken, das die Märkte auf ihre aktuellen, luftigen Höhen anhob und damit den Crash vorprogrammierte, der sich jetzt zusammenbraut.
Faber weist außerdem darauf hin, dass "die Federal Reserve damit praktisch das Wohlstands- und Einkommensgefälle enorm verstärkt hat. Ich will damit nicht sagen, dass nur sie dazu beigetragen hat, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht, aber ich denke, sie hat einen großen Anteil daran."
Damit benennt er die wahren Schuldigen ganz eindeutig. Er hat wohl auch Recht mit der Annahme, dass künftig eine größere Disziplin beim Umgang mit Kapital notwendig sein wird, denn es beginnt eine Zeit mit erhöhter Volatilität.
Es gibt jedoch auch positive Aspekte. Alternative Investments wie Cannabis- und Goldaktien sind nicht zusammen mit den allgemeinen Aktienmärkten in astronomische Höhen gestiegen und Investitionen wie Farmland oder ein zweiter Wohnsitz sind nach wie vor weltweit verfügbar.
Das Risiko einer negativen künftigen Entwicklung ist so hoch, wie schon lange nicht mehr. Unserer Ansicht nach ist die allgemeine Öffentlichkeit wütender als je zuvor. Diese Unzufriedenheit wird sich diesmal möglicherweise nicht gegen die Wall Street, sondern gegen das Zentralbankensystem selbst richten.
Üblicherweise wird zuerst die Wall Street beschuldigt. In Wahrheit jedoch ist das ganze System unendlich korrupt und in der Ära des Internets wurde der Vorhang beiseite geschoben, der den Motor des modernen Wirtschaftssystem verdeckte und die geldpolitischen Mechanismen des Zentralbankensystems kommen ans Licht.
Warten wir ab, wie lange sich dieser Abschwung fortsetzt und welche Konsequenzen er haben wird. Vielleicht kommen die Zentralbanken ja auch eines Tages an den Punkt Null in ihrem Konjunkturzyklus.
© Antony Wile
www.thedailybell.com
Dieser Artikel wurde am 24. Januar 2016 auf www.thedailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.