Gold statt Aktien?
10.02.2016 | Axel Merk
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Die Baisse, die Volckers Zinsanhebungen zu Beginn der 1980er Jahre begleitete, stellt eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man nicht von einer allzu guten Entwicklung des Goldpreises ausgehen sollte, wenn man aktuell eine vergleichbare Geldpolitik erwartet. Wenn wir die Fed jedoch beim Wort nehmen, könnten die Zinssätze auch dann weiterhin vergleichsweise niedrig bleiben, wenn die Inflationsrate und die Beschäftigungsquote sich wieder ihren historischen Durchschnittswerten annähern (so steht es seit dem Frühjahr 2014 im letzten Absatz der Stellungnahmen des Offenmarktausschusses).
In meinen Augen ist das eine Versicherung, dass die Zinsen langsamer steigen werden, als die Inflation. Stan Fisher, der Vizevorsitzende der Fed, hat in einem Interview am Montag, den 1. Februar, sogar offen gesagt, dass er nichts dagegen hätte, wenn die Inflationsrate kurzfristig nach oben ausbräche. All das weist darauf hin, dass die Realzinsen auch künftig niedrig, wenn nicht gar negativ bleiben werden. Es gibt zwar keine Garantie dafür, dass Gold sich vor diesem Hintergrund positiv entwickeln wird, doch meiner Ansicht nach zählen Niedrigzinsen langfristig zu den Schlüsselfaktoren für steigende Goldpreise.
Wenn wir einen Blick auf die nächsten zehn Jahre werfen und die Prognosen zur Höhe der US-Schulden berücksichtigen, kann ich nur schwer erkennen, wie wir uns positive Realzinsen überhaupt leisten können. Für den Goldpreis könnte das Gutes verheißen. Doch wird er sich besser entwickeln, als die Aktienkurse? Angesichts der aktuellen Lage schätze ich die Entwicklung an den Börsen sehr negativ ein. Vor dem plötzlichen Sell-Off im vergangenen August veröffentlichte ich einen Artikel mit dem Titel "Coming Out - As a Bear!" ("Ich oute mich - als Pessimist!").
Die Prämisse dieser Analyse war, dass die Maßnahmen der Federal Reserve zur Verringerung der Risikoprämien geführt hatten, d. h. zum Anstieg der Assetpreise, während gleichzeitig die Angst vor Verlusten abnahm. Jahrelang lenkten die Investoren ihr Kapital in riskante Anlageoptionen wie beispielsweise Aktien, ohne die inhärenten Gefahren ausreichend anzuerkennen. Infolge dieser Entwicklung ist ihr Exposure gegenüber den Aktien jetzt höchstwahrscheinlich zu hoch, da sie die "Kursrücksetzer gekauft" haben, statt ihr Portfolio zu diversifizieren.
Jetzt scheint es, als würde sich die Stimmung allmählich ändern und der Kapitalerhalt wieder stärker in den Vordergrund rücken, d. h. die Investoren gehen dazu über, die "Rallys zu verkaufen". Dieser Prozess wird meiner Einschätzung nach jedoch mindestens mehrere Monate andauern.
Insgesamt erinnert mich die aktuelle Situation viel eher an das Jahr 2000, als die Anleger die Augen noch lange vor der Wahrheit verschlossen, als die Aktienkurse sich schon längst auf Talfahrt befanden. Die Bank of Japan und die Europäische Zentralbank werden diesmal womöglich aggressiver eingreifen. Vielleicht werde ich meine Meinung noch ändern, aber bisher glaube ich dennoch nicht, dass die beiden Notenbanken stark genug sind, sich gegen die hereinbrechende Flut zu stemmen.
Die Fed könnte letztlich auch wieder ins Lager der lockeren Geldpolitik wechseln, aber ich gehe davon aus, dass das erst relativ spät geschieht, weil sie sich zu sehr auf den Arbeitsmarkt konzentriert, der im Allgemeinen als nachlaufender Indikator angesehen wird. Stellen Sie sich vor, die Fed hätte den Deckel von einem Schnellkochtopf heruntergenommen - selbst falls oder wenn sie die Geldpolitik wieder lockert, wird es ihr wahrscheinlich schwerfallen, die Entwicklung der Baisse aufzuhalten. Bleiben Sie also mit einem Abo unseres Newsletters auf dem Laufenden.
Unter den beschriebenen Umständen könnte sich der Goldkurs tatsächlich ziemlich gut entwickeln. Kann ich vorhersagen, ob Gold während der nächsten zehn oder zwanzig Jahre höhere Gewinne verspricht, als Aktieninvestitionen? Nein, denn viele Faktoren können sich ändern. Nichtsdestotrotz habe ich in dem oben erwähnten Artikel geschrieben, dass ich im August letzten Jahres begonnen habe, Aktien zu shorten. Im Dezember habe ich meine Short-Positionen erhöht. Zudem halte ich beträchtliche Goldpositionen, die den geringen Anteil, der zu Diversifikationszwecken oft empfohlen wird, bei Weitem übersteigen.
Ich will damit nicht sagen, dass jeder Investor Aktien shorten sollte - eine solche Strategie birgt zahlreiche Risiken. Aber ich denke, dass der Goldkurs in manchen Zeiten durchaus eine überdurchschnittliche Performance aufweisen kann. Meine Risikotoleranz erlaubt es mir, mein Geld auch so investieren, wie ich es empfehle. Jeder Anleger sollte sich jedoch genau überlegen, wie viel Kapital er in Gold investiert, da der Goldpreis in US-Dollar recht volatil sein kann. Das gleiche trifft übrigens auch auf die Aktienkurse zu.
© Axel G. Merk
Founder, Portfolio Manager at Merk Investments LLC
www.merkfund.com
Dieser Artikel wurde am 03.02.2016 auf www.merkinvestments.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.