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Steuerreform und Bilanzkürzung in den USA: Was bedeutet das für Gold?

20.10.2017  |  Axel Merk
In den letzten Wochen wurde ich mehrfach gefragt, wie die Steuerreform in den Vereinigten Staaten den Goldpreis beeinflussen wird. Wenn man diese Frage beantworten kann, kann man möglicherweise auch erklären, wie sich die Steuerreform auf andere Anlageklassen auswirken wird. Lassen Sie mich das im Folgenden genauer erklären.

Wenn man analysieren möchte, was Änderungen im Steuersystem für bestimmte Assets bedeuten, müssen beide Seiten berücksichtigt werden: die Implikationen der Steuerreform, sowie die Dynamik des jeweiligen Vermögenswerts. Was die Betrachtung von Gold in diesem Zusammenhang einzigartig macht, ist die Tatsache, dass Gold gewissermaßen das "reinste" aller Assets ist. Gold verändert sich nicht. Nur die Welt drumherum verändert sich.

Die Geldpolitik beeinflusst die nominellen Preise, während die Fiskalpolitik die realen Preise beeinflusst. Das bedeutet, dass das Drucken von Geld Auswirkungen auf das Preisniveau haben kann, aber die Finanzpolitik hat einen Einfluss darauf, wo Geld angelegt wird und welche Investitionen getätigt werden. Nicht jeder ist in diesem Punkt der gleichen Meinung. Ein solches vereinfachtes Modell kann jedoch helfen, die Preisdynamiken zu verstehen, selbst wenn Sie mir nicht vollkommen zustimmen.

Wenn Gold in einem Tresor verwahrt und nicht verliehen wird, generiert es keinen Cashflow. Anleger haben die Wahl zwischen sogenannten produktiven Assets, die Kapitalerträge abwerfen, und unproduktiven Vermögenswerten wie z. B. 100-$-Scheinen im Portemonnaie oder Gold. Sicherlich haben die Geldscheine gewisse praktische Vorteile, wenn man etwas kaufen möchte, aber die meisten Menschen würden doch zustimmen, dass es sich lohnt, sie auf ein verzinstes Konto einzuzahlen.

Dabei besteht prinzipiell das Risiko, dass die Gegenpartei zahlungsunfähig wird. Bei normalen Bankkonten wird dieses Risiko durch den Einlagensicherungsfonds gemindert, beim Kauf vom Staatsanleihen durch die Garantie, dass die Regierung den vollen Nennbetrag zurückzahlen wird. Doch auch wenn man der Regierung vollstes Vertrauen entgegenbringt, sind Anleihen nicht risikofrei: Je länger Sie Ihr Geld anlegen, desto höher ist das Zinsrisiko, das Sie dabei eingehen. Der Marktwert längerfristiger Anleihen neigt zu Schwankungen, selbst wenn die Rückzahlung des Nennbetrags nicht in Frage steht.

Außerdem sollte man bedenken, dass eine Regierung zum Ende der Laufzeit zwar die Auszahlung des nominellen Betrags garantiert, aber nicht, dass dieser dann noch die gleiche Kaufkraft hat. Die folgende Grafik illustriert beispielsweise die Kaufkraft des US-Dollars seit Dezember 1970, genauer gesagt die Kaufkraft eines 100-$-Scheins, den Sie zu Hause aufbewahren (und nicht auf ein Konto einzahlen).

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Das zeigt auch, warum der Goldpreis gestiegen ist. Ende 1970 kostete eine Unze Gold weniger als 40 $, aktuell kostet sie mehr als 1.200 $. Das Gold selbst hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert. Nur die Kaufkraft des Dollars hat abgenommen. Tatsächlich hat sich der Goldpreis seit 1970 sogar in stärkerem Maße erhöht, als die Kaufkraft des Dollars gesunken ist. Das deutet darauf hin, dass der Kurs des Edelmetalls auch von anderen Faktoren beeinflusst wird, nicht allein vom Verbraucherpreisindex.

Meiner Einschätzung nach ist die reale Rendite, die sich mit Investments in andere Vermögenswerte erzielen lässt, einer der wichtigsten Preisfaktoren für Gold. Die Referenzwerte dafür sind die sogenannten risikofreien Anlagerenditen der US-Staatsanleihen (zumindest für Anleger in den USA). Die meisten Menschen laufen nicht mit einem ganzen Bündel Hunderter in der Tasche herum, sondern treffen eine bewusste Entscheidung, wie sie ihr Geld anlegen wollen. Wenn Sie für den Besitz von US-Treasuries eine bessere Entschädigung erhalten, könnte sich das negativ auf den Goldpreis auswirken, denn Gold ist hier, wie gesagt, die Konstante.

Wenn man nun der Ansicht ist, dass die realen Renditen infolge der Steuerreform steigen werden, könnte das den Goldpreis sinken lassen (vorausgesetzt, alle anderen Faktoren bleiben gleich). In der Nacht, als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, kam es nach einer kurzen volatilen Phase zum Rückgang des Goldpreises, während die Anleiherenditen kletterten. Ich argumentierte damals, dass der Markt höhere Realzinsen einpreiste. In späteren Monaten verlief sich der "Trump-Trade" nach und nach im Sande, weil der Markt meiner Einschätzung nach eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine bedeutsame Steuerreform einpreiste.


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