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Steuerreform und Bilanzkürzung in den USA: Was bedeutet das für Gold?

20.10.2017  |  Axel Merk
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In den letzten Wochen hat der Goldpreis wieder etwas nachgegeben, während die Kurse der US-Treasuries erneut gesunken sind. Beachten Sie bitte, dass die Korrelation zwischen Anleihen und Gold derzeit erhöht, aber keineswegs immer stabil ist. Aus diesem Grund schrieb ich vorhin auch "vorausgesetzt, alle anderen Faktoren bleiben gleich". Es stellt sich nun die Frage, ob die jüngste Schwäche des Goldpreises eher auf monetäre Faktoren, d. h. auf die Andeutungen der US-Notenbank bezüglich einer weiteren Straffung der Geldpolitik, oder eher auf finanzpolitische Faktoren, d. h. auf die Bekanntgabe der Rahmenstruktur der geplanten Steuerreform durch die US-Regierung, zurückzuführen ist.

Wir wollen uns beides nun ansehen und die Diskussion anschließend etwas ausweiten. Wenn Sie glauben, dass die Änderungsvorschläge zum Steuersystem a) die langfristigen Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft signifikant verbessern und b) auch umgesetzt werden, dann ist es wahrscheinlich, dass der Goldpreis infolgedessen unter Abwärtsdruck geraten würde. Vergessen Sie dabei nicht, dass es einen Unterschied gibt zwischen Steuersenkungen und einer Steuerreform. Niedrigere Steuersätze können kurzfristig stimulierend auf die Wirtschaft wirken, werden das Verhalten der Investoren unter Umständen aber nicht fundamental ändern.

Nehmen wir z. B. die Grundsteuer: Angenommen, die Grundsteuer würde abgeschafft (die Chancen dafür sind eher gering), aber diese Regelung würde nach zehn Jahren auslaufen.

In den USA gelten viele Steuerverordnungen nur für zehn Jahre, da sie in diesem Fall im Senat nur eine einfache Mehrheit benötigen. Falls Sie ein wohlhabender Ausländer wären, der einen Umzug in die Vereinigten Staaten in Betracht zieht und eine Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren hat, würde die vorübergehende Abschaffung der Steuer Ihr Verhalten allerdings kaum beeinflussen. Würde eine Steuerreform dagegen langfristige Anreize für vermögende Personen setzen, sich in den USA anzusiedeln (selbst als Rentner), dann würden diese für den Rest ihres Lebens in ihrer neuen Heimat höchstwahrscheinlich viel Geld ausgeben und damit die US-Wirtschaft unterstützen.

Die Grundsteuer ist ein anschauliches Beispiel, auch wenn ihr gesamtwirtschaftlicher Effekt verhältnismäßig gering ist. Ähnliche Beispiele finden sich jedoch auch in anderen Bereichen des Steuerrechts. Wenn die amerikanischen Unternehmen z. B. eine langfristige Garantie dafür hätten, dass sie ihre im Ausland erwirtschafteten Einnahmen in den USA nicht versteuern müssen, dann könnten sie bei Entscheidungen über die Allokation von Ressourcen danach gehen, wo das Geld am besten angelegt ist, und nicht danach, mit Hilfe welcher Eigenheiten und Schlupflöcher des Steuerrechts sie ihre Gewinne am besten vor dem Finanzamt in Sicherheit bringen können.

Man könnte darüber hinaus auch argumentieren, dass Menschen, die in den USA langfristig Geld anlegen, ein Interesse an einem soliden, finanziell nachhaltigen Haushaltsplan haben. Wenn das Land einen unvernünftigen finanzpolitischen Kurs einschlägt, besteht schließlich die Gefahr, dass die Regierung das Geld eines Tages den Wohlhabenden abknöpft und/oder die Sozialleistungen kürzt. Außerdem wäre sie dann womöglich nicht mehr in der Lage die Infrastruktur instand zu halten usw.

Trotz allem sollte man sich von der Politik nicht zu sehr vereinnahmen lassen. Nicht jeder Vorschlag Ihrer Lieblingspartei ist eine gute Idee und wenn sich eine andere Partei durchsetzt, geht die Welt nicht unter. In den USA werden die meisten Reformvorschläge deutlich entschärft, damit sie durch den Kongress kommen. Tatsächlich hat sich die Regierung in ihrem Rahmenwerk für die Steuerreform viel Spielraum gelassen, was bereits darauf hindeutet, dass das Endergebnis, falls es überhaupt eins geben sollte, der derzeitigen Rhetorik nicht gerecht werden wird.

Das Konzept sieht beispielsweise nicht zwangsläufig die Festlegung auf ein reines territoriales Steuersystem vor. Damit hält man sich die Option offen, im Ausland erwirtschaftete Gewinne weiterhin auf die eine oder andere Art zu besteuern. Auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes für Vielverdiener wird nicht ausgeschlossen. In Anbetracht der gescheiterten Gesundheitsreform ist es zudem nur allzu verständlich, dass der ein oder andere die Erfolgschancen der geplanten Steuerreform eher gering einschätzt.

Ich selbst gehe davon aus, dass vielleicht einige Änderungen am derzeitigen Steuerrecht vorgenommen werden, aber die Chancen auf eine tiefgreifende, strukturelle Reform, die zur Steigerung des realen Wachstums führt, sind gering. An den Märkten habe ich keine Anzeichen entdecken können, die auf etwas anderes hindeuten. Allerdings besitze auch ich keine magische Kristallkugel, daher ist dieser Beitrag vor allem als Denkanstoß gemeint. Vielleicht gelangen Sie selbst ja zu anderen Schlussfolgerungen.

Warum ist der Goldpreis nun gesunken, seit die US-Regierung Details zu ihrer geplanten Steuerreform veröffentlicht hat? Natürlich geschieht nichts in einem Vakuum: Auch die US-Notenbank Fed hielt unterdessen eine Sitzung ab und deutete eine straffere Geldpolitik an. Außerdem fielen verschiedene Wirtschaftsindikatoren positiv aus und ließen die Anleihekurse sinken. Davon abgesehen gab es auch auf globaler Ebene einige Ereignisse, auf die ich hier allerdings nicht weiter eingehen möchte, um die Argumentation nicht zusätzlich zu verkomplizieren.


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