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Die wichtigste Frage fürs Portfolio

28.06.2006  |  Matthias Lorch
Wie ernst ist es den Zentralbanken oder was ist wahrscheinlicher Inflation oder Deflation?

Die Anleger, die von einer Deflation (=ein Schrumpfen der Geldmenge) ausgegangen sind, haben sich in den letzten 5 Jahren um gute Gewinne gebracht. Das Wachsen der Geldmenge hat Energie, Rohstoffe, Edelmetalle, Dividendentitel und Immobilien (zumindest in den USA und England), zu guten Anlagen gemacht. Sollte das auch in Zukunft so sein, werden diese wahrscheinlich mit der Ausnahme von Immobilien es auch weiterhin bleiben. Bonds, festverzinslichen Anleihen und Cash allerdings werden sich in einem deflationären Umfeld besser entwickeln. Bei rückgehender Wirtschaftstätigkeit und langsam steigender Geldmenge, fallen die langfristigen Renditen und die Kurse der festverzinslichen Papiere steigen und umgekehrt.

Eine Deflation ist seit 1929 in den USA und in milder Form in Japan in den 90 Jahren nicht mehr vorgekommen. Die Anhänger der Deflationstheorie lagen also bislang fast immer falsch, die Geldmenge stieg beträchtlich und die Inflationisten hatten fast immer Recht, denn sie hatten mächtige Verbündete - die Zentralbanken. Was bringt die Zukunft? Das ist die 64.000 Dollar Frage.


Der Auftrag der FED

Schon zwei Monate nach Amtsantritt wurde Greenspan mit dem Crash am 19. Oktober des Jahres 1987 konfrontiert: Er machte dann, das was die Zentralbanken am besten können: Liquidität bereitstellen.

Wie Greenspan in seiner Befragung vor dem US Senate Committee on Banking, Housing and Urban Affairs am 2. Februar 1988 erklärte: "The Federal Reserve, consistent with its responsibilities as the nation's central banker, affirmed today its readiness to serve as a source of liquidity to support the economic and financial system..." und "It wasn't a question of whether you would open up the taps or not open up the taps. It was merely how you would do it, not if." (1)

Übersetzung: "Die Federal Reserve Bank, folgerichtig mit ihrer Verantwortung als Zentral Bank, bezeugte heute ihre Bereitschaft als eine Quelle der Liquidität zu dienen um die Wirtschaft und das Finanzsystem zu unterstützen..." und "Es war nicht die Frage, ob die Hähnen zu öffnen sind oder ob nicht. Es war lediglich die Frage wie man es tun sollte, nicht ob."

Seit 1987 blieb das System Greenspans das gleiche. Die neugeschaffene Liquidität hat die Voraussetzungen für folgende Krisen, z.B. die Tequila-Krise 1994/95, die Asienkrise 1997/98 und die New-Economy-Blase im Jahr 2000 erst entstehen lassen. Danach wurden sie immer mit der selben Liquidität bekämpft, da laut Greenspan eine Blase erst nach dem Platzen zu erkennen ist, ist der Job der Fed dann, Liquidität bereitzustellen um das ganze Boot wieder in die andere Richtung zu schaukeln.

Zugegeben, nach dem Jahr 2001 glaubten nur noch wenig, dass das Boot nicht kippen würde, diesmal jedoch könnte es wirklich schwieriger werden. Inflation kommt durch und läst sich bald nicht einmal mehr durch die geschönten Kerninflationsraten wegretuschieren.

So verschieden die beginnende Rezession 2000 zu allen voraus gegangenen war - zurückgehende Wirtschafttätigkeit ohne steigende Zinsen - so katastrophal ist die Ausgangslage der Fed heute: steigende Zinsen trotz zurückgehender Wirtschafttätigkeit. Dazu kommt, dass seit 2001 vieles auf Kredit gekauft wurde. Die Wirtschaft und der Konsument sind sehr zinssensibel. Auf dem unten stehenden Link ist eine Animation über die Zinskurve, darin kann man erkennen, was z.B. im August 2000 passierte, als die Zinsstrukturkurve erst flach wurde und dann nach hinten fiel. (Siehe interaktiven Chart: www.stockcharts.com)

Der S&P stand im August 2000 bei 1.500 Punkten, die kurzfristigen Zinsen standen bei 6,27%, die Zinsen der zehnjährigen US Treasuries 6,02%. In den Monaten vor dem August 2000 kamen die kurzfristigen Zinsen, nach dem die Fed sie bei der LTCM und der Russlandkrise vorübergehend senkte, nur etwas nach oben.

Die Zinsstrukturkurve invertierte und nahm den S&P bis zum April 2003 bis auf 800 Punkte mit nach unten, die kurzfristigen Zinsen standen dann bei 1%. Gut zu erkennen ist, dass die Zinsen rutschten, noch bevor die Wirtschaftdaten richtig nachgaben. Sobald die wichtigen Aktienmärkte einknickten, hat die FED auf Notfallprogramm umgeschaltet. Ende Mai 2006 ist zu erkennen dass mit dem nächsten Zinsschritt die Kurve wieder nach hinten fällt. Panikverkäufe gab es schon und sollte die Geschichte einen Anhaltpunkt geben, dann wird, wenn es ernst wird, die FED die Richtung ändern oder zumindest die Zinserhöhungen stoppen, dann könnte eine Kursexplosion bei Rohstoffen, Metallen und am Aktienmarkt allgemein stattfinden.


Crash speziell bei Rohstoffen?

Auch die Ansicht, dass ein Crash speziell bei Rohstoffen und Edelmetallen stattfand, stimmt so nicht. Alles wurde verkauft, der Grund war, dass die Aussichten für zukünftig bereitgestellte Liquidität eingetrübt sind. Betrachtet man den Goldpreis, so ist bislang nichts Ungewöhnliches passiert. Kurzfristig angelegtes Geld floss hinein und wieder heraus, wie in allen Assetklassen, aber gerade die überbordende Liquidität der letzten 25 Jahre wird die Kursexplosionen für Rohstoffe in Zukunft erst wirklich hochtreiben.

Gold hat im bislang sein wahres Potenzial noch gar nicht gezeigt, da von Stress im Finanzsystem noch gar nicht zu sprechen ist. Die monetären Metalle, Gold und Silber haben sich lediglich wie Rohstoffe entwickelt und im Verhältnis zu Kupfer und anderen Industriemetallen war die Performance eher verhalten. Sollte sich die Weltwirtschaft abkühlen und deshalb panischer Aktionismus bei den Zentralbanken aufkommen, dann wird sich dieses Verhältnis deutlich zu Gunsten der monetären Metalle verschieben.


War der Immobilienboom in den USA vielleicht die letzte Chance der Fed?

Wie schon gesagt, das Senken der Zinsen bzw. das Erhöhen der Geldmenge ist das einzige Mittel der Politik um das Wirtschaftswachstum anzuregen. In Deutschland hatte dieses allerdings schon Mitte der 90 Jahre nicht mehr richtig funktioniert, wir hatten unsere Immobilienblase durch die Liquiditätsschwemme bei der Vereinigung schon hinter uns und diese ist dann gleichzeitig mit dem Ost-Immobilieninvestment geplatzt. Die Zinsrückgänge haben bei uns, genau wie in Japan, also keine neue Verschuldungsbereitschaft (zumindest beim Verbraucher) aufkommen lassen. Die Binnenwirtschaft hat nicht mehr mitgezogen.

Ganz anders war es in den angelsächsischen Ländern. Nach dem Aktienboom kam der Immobilienboom, was an der Preistrenderwartung liegt. Ist diese positiv, dann kaufen die Menschen, um das Erworbene - seien es Aktien, Rohstoffe oder Immobilien - für höhere Preise weiter verkaufen zu können. Um eine Änderung der Preistrenderwartung in den USA nicht einmal in Betracht kommen zu lassen, diesbezüglich keinen Attentismus - also keine abwartende Haltung - zu verursachen, hatte die FED die Geldmenge drastisch erhöht und gleichzeitig die Zinsen auf ein absolutes Notfallniveau gesenkt und unter der Inflationsrate gehalten.

Und dieses hat die FED im Jahre 2001 so schnell getan, dass eben die Spirale der sinkenden Preise mit sinkenden Zinsen und dem daraus resultierenden Aufschub bzw. Rückgang des Konsums in den USA einfach übersprungen wurde. Die Federal Reserve ging die Zinssenkung in den USA deshalb sehr aggressiv an um die Schuldeninflation am Leben zu halten, diese drohte nämlich nach dem Platzen der Aktien-Spekulationsblase in Deflation umzuschlagen.

Die Verantwortlichen wissen zu genau, was eine Deflationsspirale bewirken würde, nämlich dass die Schulden nominal zwar gleich blieben, aber effektiv stiegen. Der Boom in Immobilien war deshalb so wichtig, weil er durch steigende Verschuldung und Konsum das Sparen verhinderte. Aber damit war die Abrechnung nur hinausgeschoben.


Greenspan sagt, der Boom sei vorbei

Nunmehr ist es aber amtlich, dass der Immobilienboom in den USA (in England schon ein Jahr früher) vorbei ist. "The (real estate) boom is over. I think I can safely say that with a strong degree of confidence." Alan Greenspan (now reputed to earn up to $250,000 a speech), 18th May 2006, Bond Market Assoc. Dinner ... he should know, he in large part caused it." Quellen: www.gold-eagle.com, www.businessweek.com

Übersetzung: "Der (Immobilien) Boom ist vorbei. Ich denke, ich kann das sicher mit einem starken Maß an Zuversicht sagen." Alan Greenspan (verdient nun angeblich $250,000 pro Vortrag), 18th May 2006, Bond Market Assoc. Dinner ... er sollte es wissen, zum großen Teil hat er den Boom verursacht.

Schade, ausgerechnet wenn die Wirtschaft die ersten Erlahmungszeichen zeigt, muss Bernanke die Zinsen erhöhen.

Kann es vielleicht sein, dass die Wirtschaft nur deshalb so gut lief, weil
  • a.) die Gewinne durch die Inflation aufgeblasen wurden,
  • b.) alles auf dem Rücken einer Verschuldungsorgie stattfand, die die Welt noch nicht gesehen hatte.

Der Dow hat es trotz der immensen Geldmenge nicht geschafft einen neues Allzeithoch zu erreichen, der Häuserboom geht zurück und - wie nach jedem Immobilienboom - der damit verbundene Hypothekenboom und die Konsumentenausgaben. Zwar können sich die meisten Anhänger der "Alles ist super - Prognose" Inflation nur zusammen mit einer boomenden Wirtschaft vorstellen, was aber macht die Fed, wenn sie die Zinsen immer wieder erhöht und wie in den 70 Jahren die Inflation trotzdem nicht zurückgeht?

Früher oder später werden die Erhöhungen die Wirtschaft erheblich drosseln. Was dann? Die Zinsen senken trotz steigender Inflation? Was passiert dann mit dem Außenhandelswert des Dollars und auch mit den langfristigen Zinsen? Und vor allem, wenn das Boot auf die andere Seite kippt, was für eine neue Blase kann die Fed aufblasen? Wir sind gespannt.




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