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Gerald Celente über die Weltwirtschaft, das Chaos in Europa und Gold

08.04.2016  |  Mike Gleason
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Kommen wir noch einmal zum MSCI-Index zurück und dem Grund, warum an den Schwellenmärkten eine solche Freude darüber herrscht, dass die Zinsen nicht steigen werden. Als die Kredite aufgenommen wurde, waren die Währungskurse der Schwellenländer viel besser und der Dollar war günstig. Sowohl die Unternehmen als auch die Länder der Schwellenmärkte haben sich also billige Dollars geliehen. Ihre eigenen Währungen haben in der Zwischenzeit jedoch in vielen Fällen an Wert verloren.

Wenn die Zinsen in den USA steigen und der Dollar an Stärke gewinnt, müssen sie also viel mehr zurückzahlen, als sie geliehen haben, weil ihre eigenen Währungen nicht mehr so viel wert sind wie noch vor einigen Jahren. Dieser gewaltige Überhang an Schulden, die in US-Dollar beglichen werden müssen, macht eine Anhebung der Zinsen also unmöglich. Wie wollen diese Kreditnehmer ihre Schulden zurückzahlen, wenn der Dollar weiter an Stärke gewinnt? Sie können sie ja noch nicht einmal dann abbezahlen, wenn der Dollar schwach bleibt.

Da ist also zum einen dieses Problem. Dann kommt noch die Lage im Energiesektor dazu. Dort stehen uns weltweit zahlreiche Insolvenzen bevor. Seit Juni 2014 sind die Energiepreise rund 70% gesunken. Bedenken Sie all die Dinge, die damit zusammenhängen, all die Infrastruktur und die Anlagen, die während des Energiebooms zwischen 2009 und 2014 gekauft und ausgebaut wurden. Und dann sehen Sie sich die Zahl der Pleiten an. Hier werden nicht nur Junk-Bonds heruntergestuft, sondern ganze Nationen. Moody's hat die Kreditwürdigkeit von Staaten wie dem Oman und Bahrain herabgesetzt und im Nahen Osten und auf der ganzen Welt werden weitere Herabstufungen folgen. Man muss nur nach Brasilien oder Venezuela blicken. Wir haben es hier mit einer echten Krise zu tun.

Es ist wirklich wichtig, die Kapitalströme zu beobachten. Die Niedrigzinsen schaden den Bankenaktien, denn die Banken können mit der Vergabe von Krediten kein Geld verdienen, wenn die Zinsen negativ, null oder sehr niedrig sind. Schlagen wir jetzt die Brücke zum Energiesektor: Schätzungen zufolge beträgt das Exposure der europäischen Banken gegenüber den Energieunternehmen 20%, in den USA sollen es 10-15% sein. Zudem sind rund 20% der Anleihen aus dem Energie- und Bergbausektor in den USA als Junk-Bonds einzustufen. Die Zinsen müssen also niedrig bleiben.

Um die Zinserhöhung noch einmal in Perspektive zu setzen: Die Fed hat den Zinssatz zum ersten Mal seit fast zehn Jahren angehoben, und zwar auf fast nichts.


Mike Gleason: Es wird jedenfalls ein enormer Wirbel darum gemacht. Es ist schon faszinierend, wie viel über diese winzige Zinserhöhung diskutiert wurde und jetzt scheint die Fed nicht einmal eine weitere Anhebung vornehmen zu wollen. Nun, wir werden sehen.

Ich würde gern für einen Moment auf Europa zu sprechen kommen. Sie haben ein Talent dafür, die Folgen von geopolitischen Umbrüchen vorherzusagen, bevor sie eintreten, und ich würde gern wissen, was Sie über die syrische Flüchtlingskrise und die zunehmende Infiltration Europas mit Dschihadisten denken. Es scheint, als wären die Terroranschläge von Paris und Brüssel nur der Beginn der Gewalttaten. Viele Menschen sind auch aus anderen Gründen wütend, von sexuellen Übergriffen bis hin zu der Belastung für die staatlichen Sozialsysteme. Wie wird sich diese Situation entwickeln? Mit welchen wirtschaftlichen Konsequenzen müssen wir rechnen?


Gerald Celente: Das ist ein sehr wichtiges Thema, Mike. Niemand scheint darüber reden zu wollen, was diese Probleme ausgelöst hat, die Flüchtlingskrise und die Situation in Syrien. Es kann natürlich nicht daran liegen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten und die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton gesagt haben, Assad müsse zurücktreten. Erinnern Sie sich daran? Ja, der Assad da drüben in Syrien musste weg. Und was ist dann passiert?

Das US-Außenministerium, Clinton und Obama haben begonnen, die moderaten Rebellen zu unterstützen. Sie wissen, was moderate Rebellen sind, man hat sie ja überall gesehen. Mörder ist zutreffender - sie haben mehr als 300.000 Menschen in Syrien umgebracht. Das war eine wohlhabende Nation, ein Land, das von Touristen aus der ganzen Welt besucht wurde, die die antiken Kulturschätze bewunderten und den dortigen Lebensstil genossen. Es gab keine Konflikte zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islam. Gab es in Syrien Probleme? Natürlich, wie in jedem Land. Doch jetzt herrscht das blanke Chaos. Es gibt 4 Millionen Flüchtlinge und 11 Millionen Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden.

Libyen sollte man ebenfalls nicht vergessen. Erinnern Sie sich noch an Libyen? Unser Präsident, der Friedensnobelpreisträger, hat gesagt, Gaddafi müsse zurücktreten. Clinton war auch dieser Ansicht. Das hatte die Zerstörung des wohlhabendsten Staates in Afrika zur Folge. Sie können das auch im Trends Journal vom Frühling 2011 nachlesen, in dem wir über die große Migrationsbewegung schrieben. Eine halbe Million Menschen haben damals Libyen verlassen, als die Vereinigten Staaten das Land kaputtbombten und den Weg für die Milizen ebneten, die Gaddafi stürzten und die Macht ergriffen. Wir haben sie dabei unterstützt.

Oh, und ich habe den Irak vergessen. Ja, Sie wissen schon, dieser Krieg. Bush und Cheney haben behauptet, Saddam Hussein hätte Massenvernichtungswaffen. Das hat Millionen von Menschen das Leben gekostet. Dann ist da natürlich noch Afghanistan. Noch eine Million Tote.

Diese Länder wurden völlig zerstört. Wenn Sie dort leben würden, und Ihr Haus, Ihre Nachbarschaft, Ihre Stadt und Ihr ganzes Land in Schutt und Asche lägen, denken Sie, dass Sie dann versuchen würden, dort wegzukommen? Und angenommen Sie wären ein junger Mann, hätten all das als Teenager erlebt, wären jetzt Anfang 20 und alle, die sie geliebt haben, wären umgekommen. Sie haben keine Zukunft, Ihr Heimatland liegt in Trümmern und wird von fremden Mächten okkupiert. Denken Sie nicht, Sie würden vielleicht auch ausrasten und Leuten das Hirn wegpusten wollen?


Mike Gleason: Einige sagen, dass Amerika die Verantwortung für die Destabilisierung des Nahen Ostens trägt. Welche Rolle spielt Europa in diesem Zusammenhang? Trifft die USA die Alleinschuld oder haben auch unsere Verbündeten und der Rest der westlichen Welt einen Teil der Verantwortung für die dortigen Ereignisse zu tragen?


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