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Frühlingserwachen bei Silber

28.04.2016  |  Eugen Weinberg
Der Silberpreis ist im April auf ein 11-Monatshoch gestiegen und wies zuletzt auch eine deutlich bessere Entwicklung auf als der Goldpreis. Wir erachten dies als eine Aufholbewegung, nachdem Silber lange Zeit hinter Gold zurückblieb und gegenüber Gold unterbewertet war.

Neben kräftigen ETF-Zuflüssen wurde der Preisanstieg bei Silber auch durch Käufe spekulativer Finanzanleger begünstigt. Damit hat sich kurzfristig Korrekturpotenzial aufgebaut. In der zweiten Jahreshälfte sollte Silber auch von einer anziehenden Industrienachfrage profitieren. Silber dürfte bis zum Jahresende auf 18 USD je Feinunze steigen und damit auch weiteren Boden gegenüber Gold gutmachen.

Der Silberpreis ist seit Anfang April um knapp 20% gestiegen und hat bei 17,7 USD je Feinunze ein 11-Monatshoch erreicht. Silber stieg dabei auch stärker als Gold, was sich im Rückgang des vielbeachteten Gold/Silber-Verhältnisses bemerkbar macht. Mussten Ende Februar noch fast 84 Silberunzen für eine Goldunze bezahlt werden, so sind es aktuell nur noch 72, sowenig wie zuletzt vor 6½ Monaten (Grafik 1). Noch Anfang April lag das Gold/Silber-Verhältnis bei über 80. Was sind die Gründe für die absolute und relative Stärke von Silber?

Der Preisanstieg ist teilweise der Schwäche des US-Dollar geschuldet. Dieser fiel Mitte April gegenüber dem Euro auf ein 6-Monatstief. Der handelsgewichtete US-Dollar-Index verzeichnete sogar das niedrigste Niveau seit acht Monaten. Hauptgrund hierfür ist die nachlassende Zinsfantasie in den USA.

Die Fed Fund Futures sehen nur noch eine Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 60% für eine Zinserhöhung der US-Notenbank in diesem Jahr. Für eine Zinserhöhung im ersten Halbjahr beträgt die Wahrscheinlichkeit nur 20%. Zu Jahresbeginn galt diese noch als ausgemacht. Im Zuge dieser rapiden Veränderung der Zinserwartungen legte auch der Goldpreis kräftig zu, wovon der Silberpreis zunächst nur unterproportional, zuletzt aber überproportional profitierte.

Durch die unterproportionale Preisentwicklung von Silber gegenüber Gold in den ersten beiden Monaten stieg das Gold/Silber-Verhältnis Ende Februar auf fast 84, was dem höchsten Niveau seit Ende 2008 entsprach. Damals war gerade die globale Finanz- und Wirtschaftskrise ausgebrochen, im Zuge dessen die (industrielle) Silbernachfrage einbrach, während Gold als sicherer Hafen gefragt war.

Da eine derartige Krise als Erklärung diesmal kaum herhalten konnte, war die relative Preisschwäche von Silber übertrieben und Silber gegenüber Gold zu niedrig bewertet. Die seit Anfang März zu beobachtende relative Stärke des Silberpreises war somit eine Aufholbewegung, welche die vorherige Fehlbewertung von Silber verringerte.

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Die unterschiedliche Preisentwicklung von Gold und Silber ging auch mit einer sichtbaren Verschiebung des Anlegerverhaltens einher. In den ersten beiden Monaten des Jahres verzeichneten die Gold-ETFs massive Zuflüsse von 240 Tonnen, davon allein 185 Tonnen im Februar, was dem stärksten Monatszufluss seit sieben Jahren entsprach. Im März kühlte sich das Interesse der ETF-Anleger merklich ab. Es gab nur noch Zuflüsse von 60 Tonnen, wobei diese vornehmlich in die erste Monatshälfte fielen. Seither gab es kaum noch Zuflüsse.

Bei Silber dagegen gab es bis Anfang Februar Abflüsse von fast 320 Tonnen. Danach hat sich die Stimmung merklich aufgehellt und es kommt zu beträchtlichen Zuflüssen. Allein im März flossen fast 1.000 Tonnen in die Silber-ETFs, was dem stärksten Monatszufluss seit Ende 2010 entsprach. Auch im April setzten sich die Zuflüsse bis zuletzt fort. Seit Jahresbeginn sind bislang rund 1.100 Tonnen Silber in die ETFs geflossen (Grafik 2).

Das ist mehr als doppelt so viel wie im gesamten letzten Jahr aus den Silber-ETFs abgeflossen war. Auch die Nachfrage nach Silbermünzen ist sehr robust. Im ersten Quartal meldete die US-Münzanstalt einen rekordhohen Münzabsatz von 14,84 Mio. Unzen (461 Tonnen, Grafik 3). Der Münzabsatz im April hat nach drei Wochen bereits das Niveau des gesamten Vorjahresmonats überschritten.

Der Preisanstieg bei Silber ging allerdings auch mit einem kräftigen Anstieg des spekulativen Interesses einher. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Finanzanleger erreichten Mitte April mit 68 Tsd. Kontrakten ein neues Rekordniveau (Grafik 4). Seit Anfang Februar haben sich die Wetten auf einen steigenden Silberpreis nahezu verdreifacht.

Die aktuellen Netto-Long-Positionen entsprechen umgerechnet fast 10.600 Tonnen Silber. Seit Anfang Februar sind sie um rund 6.700 Tonnen gestiegen. Das ist das 4,6-fache dessen, was im selben Zeitraum in die Silber-ETFs geflossen ist. Damit hat sich aber auch ein beträchtliches Korrekturpotenzial aufgebaut, falls sich die spekulativen Finanzanleger dazu entschließen sollten, Gewinne mitzunehmen und ihre Long-Positionen auflösen.

Der starke Preisanstieg könnte Auswirkungen auf das Silberangebot haben. Die Silberminenproduktion soll in diesem Jahr erstmals seit dem Jahr 2002 fallen (siehe Rohstoffe kompakt Edelmetalle vom 3. März). Denn das niedrige Preisniveau machte die primäre Silberproduktion wenig rentabel. Zudem hatten die Produzenten von Industriemetallen umfangreiche Produktionskürzungen angekündigt, wo Silber als Nebenprodukt anfällt.

Die Primärproduktion von Silber ist bei gegenwärtigen Preisen aber wieder lukrativ geworden. Laut dem auf Edelmetalle spezialisierten Researchunternehmen Metals Focus sind die Gewinnmargen seit Jahresbeginn um 80% gestiegen. Metals Focus beziffert die durchschnittlichen Produktionskosten bei der primären Silberproduktion im 4. Quartal 2015 auf 11,3 USD je Feinunze, wobei die Produktionskosten in den letzten drei Jahren um ca. 30% gesunken sind.

Auch die angekündigten Produktionskürzungen bei Industriemetallen müssen erst noch umgesetzt werden. Die bislang vorliegenden Produktionsdaten für Januar und Februar deuten zumindest noch nicht darauf hin. Ob es wirklich zum erwarteten Rückgang der Silberminenproduktion kommen wird, ist daher fraglich. Auch das Angebot an Altsilber dürfte angesichts des deutlich gestiegen Preisniveaus voraussichtlich höher ausfallen als bislang erwartet. Fällt das Silberangebot höher aus, könnte dies auf dem Silberpreis lasten, sofern dies nicht durch eine höhere Nachfrage ausgeglichen wird.


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