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Gold - Aktien - Inflation

23.05.2016  |  Klaus Singer
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Der weitere Verlauf der Inflation gewinnt eine immer stärkere Bedeutung für die Entwicklung der Finanzmärkte. Platt gesagt, je höher die Verschuldung relativ zum BIP ausfällt, je wichtiger ist Inflation. Sie bedeutet eine reale Entwertung bestehender Schulden, unterstützt also die Schuldner. Vielfach ist erörtert worden, dass in den entwickelten Ländern eine Schuldenquote jenseits von 80 oder 90% des BIP wachstumsbremsend wirkt.

Das liegt u.a. daran, dass dann der Anteil des Schuldendienstes an der jährlich erbrachten Wirtschaftsleistung so hoch wird, dass nicht mehr genügend Mittel für wachstumsfördende Investitionen zur Verfügung stehen. Aus diesem Dilemma gibt es den “Ausweg” immer niedrigerer Zinsen, wie er von den Zentralbanken mit zweifelhaftem Erfolg beschritten wird. Das wäre die Manipulation des Zählers. Die andere Möglichkeit ist die preisbedingte nominale Aufblähung der Wirtschaftsleistung, also des Nenners, damit der Anteil des Schuldendienstes sinkt.

Die erste Möglichkeit hat bisher nicht dazu geführt, dass die Wirtschaft aus den Schulden herauswächst. Nun ist die zweite Möglichkeit dran. Die große Frage ist, ob es Anzeichen gibt, dass ein Ende des Preisverfalls erreicht sein könnte. (Ich klammere den Aspekt der Manipulation der Preisinices durch hedonische Preise und Zusammensetzung der Warenkörbe aus.) Ein Blick auf der Verlauf des CPI zeigt, dass sich eine Abwärtslinie der jährlichen Teuerung von mehr als 14% in 1980 über fast 5% im September 2008 konstruieren lässt, die bis heute nicht überwunden wurde.

Im Gegenteil, seit September 2008 hat sich die Abwärtsdynamik beschleunigt. Eine dort angelegte Abwärtslinie wurde im November 2011 bei 3,5%, sowie im August 2014 bei 1,7% erreicht, aber nicht überschritten. Momantan steht die jährliche Preissteigerung mit 1,1% wieder knapp an dieser Linie.

Ein ähnliches Bild zeigt der PCE-Preisindex (ohne Nahrungsmittel und Energie), dem die Fed besondere Beachtung schenkt. Wie der Chart zeigt, steht der Index aktuell mit 1,6% an einer von 1989 bei 4,5% kommenden Abwärtslinie, die zwischenzeitlich mehrfach von unten getestet wurde (siehe Chart! - unteres Bild!). Würde diese Linie überzeugend überwunden, wäre das wohl als wichtiges Signal zu werten, dass nun eine Zeit steigender Preise anbricht.

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Wieder nachhaltig steigende Preise werden allgemein herbeigesehnt. Wenn das eintritt, wird es richtig spannend. Denn wenn die Fed ihren Auftrag stabiler Preise (=jährliche Preissteigerungen bei 2%) ernst nimmt, müsste sie dann alsbald mit steigenden Zinsen gegensteuern. Steigende Zinsen sind nur durchzusetzen, wenn die Geldmenge schrumpft (eine gewisse Elastizität vorausgesetzt).

Eine schrumpfende Geldmenge ist aber nicht gerade das, was sich die liquiditätssüchtigen Finanzmärkte wünschen. Andererseits gibt es durchaus Signale von Fed-Offiziellen, die ein zeitweiliges Überschreiten der 2%-Marke bei der Inflation aus den oben geschilderten Gründen tolerieren würden (oder es sich sogar wünschen). Durchaus denkbar, dass Aktionäre das zunächst begrüßen würden. Die sogenannte Inflationsillusion führt in der Regel dazu, dass auf eine anziehende Inflation zunächst mit steigenden Kursen reagiert wird. Gold könnte hierauf, möglicherweise mit Verzögerung, ebenfalls mit Preissteigerungen antworten.

Das ist denn auch der Scheideweg, den ich mittelfristig sehe: Die Inflation schafft wieder keinen Ausbruch, die drohende Deflation erschüttert das Vertrauen in die Stabilität des Geldsystems. Das hätte für Aktienkurse negative, für den Goldpreis positive Implikationen. Oder: Die Inflation kehrt zurück (UND die Fed schaut tatenlos zu, vielleicht mit ein paar Feigenblatt-Aktionen).

Dann gäbe das Aktienkursen zunächst eine gewisse Unterstützung, Gold würde wohl in der aufkommenden Euphorie zunächst abverkauft. Insbesondere dann, wenn die Inflation überraschende Dynamik gewinnt, dürfte aber alsbald neues Interesse an Gold aufkommen. Schlägt die Inflationsillusion schließlich in Enttäuschung um, würden die Aktienkurse (heftig) kontrahieren.

Beide Szenarien dürften für die Entwicklung des Goldpreises mittelfristig ein günstiges Umfeld bieten. Bis in die zweite Jahreshälfte hinein würde ich allerdings noch mit einer volatilen Seitwärtsbewegung bei Gold rechnen.

Bei den beiden Szenarien spielt die Entwicklung der Ölpreise eine bedeutende Rolle. Der Ölpreis der Nordseesorte Brent könnte durchaus noch bis 53 oder 55 Dollar steigen - mehr Potenzial sehr ich mittelfristig nicht. Einerseits haben die Preise für Energie natürlich einen direkten Einfluss auf den breiten CPI. Andererseits würden steigende Ölpreise wie eine Sondersteuer auf den Konsum wirken und so über eine Deckelung der Nachfrage indirekt den PCE-Preisindex ohne Nahrungsmittel und Energie drücken.


Fazit:

Der Goldpreis konsolidiert nach einem starken Anstieg seit Jahresbeginn. Mittelfristig spricht einiges dafür, dass er weiter steigt. Dabei könnten sowohl inflationäre, wie deflationäre Effekte Unterstützung für ein solches Szenario bieten.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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