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Donald Trump, der Freihandel und die Wertschöpfung

25.07.2016  |  Klaus Singer
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Die ist beileibe keine vollständige Analyse. Aber es wird bestätigt, dass die entwickelten Länder im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung offenbar einen höheren Anteil an der Wertschöpfung auf sich verbuchen können als weniger entwickelte Länder. Damit untermauern diese Zahlen weniger den Segen des Freihandels, wie von den beiden Organisationen beabsichtigt, sondern zeigen eher, wer davon besonders profitiert.

Nur wenn die Wertschöpfung insgesamt größer wird, wächst der zu verteilende Kuchen. Dann besteht die Chance, dass auch nicht so entwickelte Länder daran partizipieren, wenn schon nicht in der Relation zu ihren Handelspartnern, dann zumindest in absoluten Beträgen. Umgekehrt wid auch ein Schuh daraus - insbesondere vor dem Hintergrund eines nachlassenden Wachstumstempos der Weltwirtschaft.

Das Wertschöpfungspotenzial steigt gewöhnlich mit der Komplexität der Güter. Insofern ist China ein gutes Beispiel für ein Land, das sich auf IT-Güter spezialisiert und in der globalen Supply Chain vom hinteren Ende her ein Stuck weit vorgearbeitet hat und so einen steigenden Anteil an der Wertschöpfung bei sich verbuchen kann.

Stichwort "IT-Güter“ - genau hier liegt die Crux! Wenn es stimmt, dass wir uns in der letzten Phase des laufenden, von Elektronik bestimmten Kondratieff-Zyklus befinden, so ist dafür auch typisch, dass hier keine wirklich großen Entwicklungssprünge mehr zu erwarten sind. Stattdessen geht es darum, die Produkte immer breiter einsetzbar zu machen, was bedeutet, dass sie immer billiger, immer effizienter hergestellt und gleichzeitig immer leichter handhabbar werden müssen.

Also ist es um die Entwicklung des Wertschöpfungspotenzials nicht allzu üppig bestellt. Der Freihandel wird in einem solchen Umfeld schnell zu einem Kriegsschauplatz, bei dem es um die Verteilung des zumindest nicht größer, wahrscheinlich eher kleiner werdenden Wertschöpfungskuchens geht - zumal beim nachlassenden Wachstumstempo der Weltwirtschaft.

Um damit an den Anfang zurück zu kommen: Wenn bei Trump bisher überhaupt irgendetwas an durchgängiger politischer Linie deutlich geworden ist, dann ist es das Versprechen, Arbeitsplätze ins Land zurückzuholen, um den eigenen Anteil an der globalen Wertschöpfung zu steigern. Freihandel ist für ihn kein Wert an sich mehr.

Der Mann liegt damit genau im Trend - hatten wir bisher schon einen Währungskrieg, den die Zentralbanken angezettelt haben, um die einheimische Realwirtschaft durch Währungs-Bashing zu stützen, sollten wir uns nun allmählich auf die zweite Stufe des Verteilungskampfes einstellen. Selbst wenn Trump nicht zum nächsten US-Präsidenten werden sollte – die Tendenz zu immer offenerer "beggar thy neighbour“-Politik geht weiter.

Je mehr sich herauskristallisiert, wie begrenzt die Wirkung von Währungsmanipulationen durch Geldflutung ist, je eher wird zu offeneren Methoden gegriffen, um die einheimische Wirtschaft zu stützen. Zollschranken, Handelshemmnisse und dergleichen sind dann die Mittel der Wahl - Trump hin oder Brexit oder Le Pen her. (Achten Sie in diesem Zusammenhang auf die Sitzung der BoJ in der nächsten Woche!)

Wenn diese Situationsbeschreibung so stimmt, erscheinen Freihandelsabkommen wieTTIP (Link) in einem neuen Licht. Man kann sie dann auch als Versuch ansehen, sich gegen die Tendenzen zur Rückabwicklung der in den 1970er Jahren etablierten Freihandels-Globalisierung zu stemmen und den Status quo zu zementieren, bevor es zu spät ist.


Fazit:

Trump ist offiziell zum US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner gekürt worden. Er steht für eine politische Linie, die letztlich den Freihandel der im Zuge der in den 1970er Jahren etablierten Globalisierung infrage stellt. Er steht damit nicht alleine, die Tendenz kann auch in Europa, etwa im Brexit, festgemacht werden. Die globale Wachtumsschwäche und die untauglichen Mittel der Geldflutung, die die Zentralbanken dagegen setzen, verstärken sie letzten Endes.


Ergänzung:

In diesem Zusammenhang ist eine Personalie interessant: Paul Romer soll neuer Chefvolkswirt der Entwicklungsbank werden (Link). Er hat die Theorie des endogenen Wachstums mit begründet, mit der erklärt werden soll, wie Wissen und Innovationen als Hauptwachstumstreiber entstehen. Romer macht sich für sogenannte Charter-Cities stark. Diese sind, nach dem Vorbild Hongkongs, eine extreme Form der Freihandelszone.

Entwicklungsländer sollen bestimmte Gebiete an entwickelte Länder verpachten. Als Ausgleich für den Verlust an Souveränität und demokratischer Mitbestimmung verspricht Romer wirtschaftlichen Wohlstand für die verpachteten Regionen und ihre Einwohner, ganz ohne Entwicklungshilfegelder. Gewichtige Stimmen bezeichnen die Idee als "neo-kolonialistisch“. Auch diese Personalie lässt sich einordnen als Reaktion "Freihandel - jetzt erst recht“.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de


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