Roland Leuschel über die weitreichenden Folgen des Brexit, die Zukunft Europas und Gold
06.08.2016 | Claus Vogt
Frage: Herr Leuschel, Sie leben als Deutscher bereits seit 1963 in Belgien und haben einen zweiten Wohnsitz in Portugal. Sie sind so etwas wie ein Europäer der ersten Stunde. Denn Sie sind damals, also 1963, als junger Finanzanalyst nach Belgien gegangen, um beim Aufbau des ersten europäischen Analystenteams mitzuwirken, das über die Ländergrenzen hinausschauen und eine europäische Ausrichtung haben sollte. Wie denken Sie über Europa?
Leuschel: Zunächst finde ich es auch heute noch sehr bemerkenswert, dass die europäischen Zweige der Rothschilds in der frühen Nachkriegszeit die Weitsicht hatten, über die Ländergrenzen Europas hinwegzuschauen, um tatkräftig die Europäisierung im Finanzsektor voranzutreiben. Die Idee, den gefährlichen Nationalismus mit Hilfe einer Freihandelszone und enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu überwinden, war richtig und wichtig. Auch ich und meine deutsche Frau, die ich erst in Brüssel kennengelernt habe, wurden damals von einer regelrechten Europa-Euphorie erfasst, die allerdings sehr gut begründet war, da es ja um einen nicht nur ökonomisch sinnvollen Plan ging, dessen Umsetzung eine bessere Zukunft versprach – was eine Zeit lang ja auch tatsächlich eingetreten ist.
Frage: Wie beurteilen Sie den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union?
Leuschel: Eigentlich bin ich überrascht, dass die Briten mit ihrer Freiheitsliebe und ihrer großen marktwirtschaftlichen und demokratischen Tradition der EU nicht schon viel früher die rote Karte gezeigt haben. Der Austritt GBs ist eine gute Entwicklung für Europa und die ganze Welt, weil er für jedermann sichtbar macht, dass sich die EU in eine falsche Richtung entwickelt hat.
Die ursprüngliche sehr gute Idee einer Kerngemeinschaft mit assoziierten Mitgliedern wurde aufgegeben zugunsten eines von Größenwahn und ökonomischer Unkenntnis zeugenden Drangs nach purer Größe und Zentralisation. Es sollte zusammengezwungen werden, was ökonomisch nicht zusammen passt. Das kann und wird nicht funktionieren.
Frage: Die Europäische Union wird inzwischen von vielen Menschen als undemokratischer bürokratischer Moloch wahrgenommen, der mehr Schaden anrichtet als Nutzen zu stiften. Was ist bei der EU falschgelaufen.
Leuschel: Der Austritt Großbritanniens ist ein Schuss vor den Bug selbstherrlich gewordener EU-Politiker, die das Leben, die Wünsche und die Sorgen der Menschen aus den Augen verloren haben bzw. als Berufspolitiker gar nicht mehr kennen. Ich hoffe sehr, dass dieser Warnschuss erhört wird. Nach der bisherigen Reaktion der Junckers und Schulzes bin ich diesbezüglich aber nicht gerade optimistisch gestimmt.
Frage: Sie haben gerade gesagt, dass mit der EU etwas zusammengezwungen werden soll(te), was ökonomisch nicht zusammen passt. Was genau meinen Sie damit?
Leuschel: Ich sehe in der Osterweiterung der EU einen Kardinalfehler, der politischem Wunschdenken entsprungen ist. Großbritannien hat seine Grenzen damals ohne Übergangsregelung geöffnet. Das hat dazu geführt, dass seit 2004 genauso viele osteuropäische Einwanderer nach Großbritannien gekommen sind wie aus dem gesamten Commonwealth.
Allein die polnische Gemeinde ist auf über eine Million Menschen angewachsen. So sehr ich die Polen auch schätze, Einwanderungswellen dieser Dimension erzeugen Ängste und schaffen in großen Teilen der Bevölkerung Unmut. Man mag das bedauern, aber es ist die Realität, die man eben nicht ungestraft ignorieren kann. Der Alleingang von Kanzlerin Merkel in der Flüchtlingsfrage war dann wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
(…)
Frage: Sie sind bereits in Ihrem Buch "Das Greenspan Dossier" sehr scharf mit den Zentralbanken ins Gericht gegangen. Wie Recht Sie mit der darin formulierten Kritik damals hatten, kann man eigentlich erst heute ermessen. Wie sehen Sie die Lage jetzt?
Leuschel: "Das Greenspan Dossier" war uns, das heißt Claus Vogt und mir, eine echte Herzensangelegenheit. Wir brannten regelrecht darauf, dieses Buch zu schreiben, weil wir uns sicher waren, dass der eingeschlagene geld- und staatsschuldenpolitische Weg in die Katastrophe führen wird. Inzwischen hat die finanzielle Repression, das heißt die Enteignung der Sparer längst begonnen, und an den Finanzmärkten wurde eine weitere Spekulationsblase erzeugt, deren Dimension noch sehr viel größer ist als in 2007 oder in 2000, weil dieses Mal neben den Aktienmärkten und einigen Immobilienmärkten vor allem die Rentenmärkte betroffen sind.
Frage: Wie wird es geldpolitisch weitergehen?
Leuschel: Zunächst finde ich es auch heute noch sehr bemerkenswert, dass die europäischen Zweige der Rothschilds in der frühen Nachkriegszeit die Weitsicht hatten, über die Ländergrenzen Europas hinwegzuschauen, um tatkräftig die Europäisierung im Finanzsektor voranzutreiben. Die Idee, den gefährlichen Nationalismus mit Hilfe einer Freihandelszone und enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu überwinden, war richtig und wichtig. Auch ich und meine deutsche Frau, die ich erst in Brüssel kennengelernt habe, wurden damals von einer regelrechten Europa-Euphorie erfasst, die allerdings sehr gut begründet war, da es ja um einen nicht nur ökonomisch sinnvollen Plan ging, dessen Umsetzung eine bessere Zukunft versprach – was eine Zeit lang ja auch tatsächlich eingetreten ist.
Frage: Wie beurteilen Sie den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union?
Leuschel: Eigentlich bin ich überrascht, dass die Briten mit ihrer Freiheitsliebe und ihrer großen marktwirtschaftlichen und demokratischen Tradition der EU nicht schon viel früher die rote Karte gezeigt haben. Der Austritt GBs ist eine gute Entwicklung für Europa und die ganze Welt, weil er für jedermann sichtbar macht, dass sich die EU in eine falsche Richtung entwickelt hat.
Die ursprüngliche sehr gute Idee einer Kerngemeinschaft mit assoziierten Mitgliedern wurde aufgegeben zugunsten eines von Größenwahn und ökonomischer Unkenntnis zeugenden Drangs nach purer Größe und Zentralisation. Es sollte zusammengezwungen werden, was ökonomisch nicht zusammen passt. Das kann und wird nicht funktionieren.
Frage: Die Europäische Union wird inzwischen von vielen Menschen als undemokratischer bürokratischer Moloch wahrgenommen, der mehr Schaden anrichtet als Nutzen zu stiften. Was ist bei der EU falschgelaufen.
Leuschel: Der Austritt Großbritanniens ist ein Schuss vor den Bug selbstherrlich gewordener EU-Politiker, die das Leben, die Wünsche und die Sorgen der Menschen aus den Augen verloren haben bzw. als Berufspolitiker gar nicht mehr kennen. Ich hoffe sehr, dass dieser Warnschuss erhört wird. Nach der bisherigen Reaktion der Junckers und Schulzes bin ich diesbezüglich aber nicht gerade optimistisch gestimmt.
Frage: Sie haben gerade gesagt, dass mit der EU etwas zusammengezwungen werden soll(te), was ökonomisch nicht zusammen passt. Was genau meinen Sie damit?
Leuschel: Ich sehe in der Osterweiterung der EU einen Kardinalfehler, der politischem Wunschdenken entsprungen ist. Großbritannien hat seine Grenzen damals ohne Übergangsregelung geöffnet. Das hat dazu geführt, dass seit 2004 genauso viele osteuropäische Einwanderer nach Großbritannien gekommen sind wie aus dem gesamten Commonwealth.
Allein die polnische Gemeinde ist auf über eine Million Menschen angewachsen. So sehr ich die Polen auch schätze, Einwanderungswellen dieser Dimension erzeugen Ängste und schaffen in großen Teilen der Bevölkerung Unmut. Man mag das bedauern, aber es ist die Realität, die man eben nicht ungestraft ignorieren kann. Der Alleingang von Kanzlerin Merkel in der Flüchtlingsfrage war dann wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
(…)
Frage: Sie sind bereits in Ihrem Buch "Das Greenspan Dossier" sehr scharf mit den Zentralbanken ins Gericht gegangen. Wie Recht Sie mit der darin formulierten Kritik damals hatten, kann man eigentlich erst heute ermessen. Wie sehen Sie die Lage jetzt?
Leuschel: "Das Greenspan Dossier" war uns, das heißt Claus Vogt und mir, eine echte Herzensangelegenheit. Wir brannten regelrecht darauf, dieses Buch zu schreiben, weil wir uns sicher waren, dass der eingeschlagene geld- und staatsschuldenpolitische Weg in die Katastrophe führen wird. Inzwischen hat die finanzielle Repression, das heißt die Enteignung der Sparer längst begonnen, und an den Finanzmärkten wurde eine weitere Spekulationsblase erzeugt, deren Dimension noch sehr viel größer ist als in 2007 oder in 2000, weil dieses Mal neben den Aktienmärkten und einigen Immobilienmärkten vor allem die Rentenmärkte betroffen sind.
Frage: Wie wird es geldpolitisch weitergehen?