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US-Wirtschaft: Schwaches Wirtschafts-Momentum

05.09.2016  |  Klaus Singer
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Winter warnt, dass Dividendenaktien in einer Korrekturphase besonders stark an Wert verlieren dürften. Wenn tatsächlich das Ende des Kreditzyklus naht, kommt diese Aktiengruppe aus mehreren Richtungen unter Beschuss: Einerseits ist sie besonders hoch bewertet, andererseits kann sie ihre kreditfinanzierte Dividendenpolitik dann nicht mehr im selben Umfang fortsetzen. Und da ihr Marktgewicht hoch ist, tangiert das dann auch den S&P 500 in besonderer Weise.

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Um das systemische Risiko abzuschätzen, benutzt Winter einen Ansatz von Robert Engle, die „S-Risk methodology“. Mit deren Hilfe wird ermittelt, wie viel Kapital Finanz-Institutionen benötigen, wenn eine neue Finanzkrise ausbricht. Parameter sind dabei Marktkapitalisierung, Schuldenhebel und Volatilität. Ohne West-Europa ist das Ergebnis auf gleicher Höhe wie etwa Mitte 2014, mit West-Europa war Mitte 2012 ein lokales Hoch erreicht. Danach ist das isolierte S-Risiko in West-Europa zurück gegangen, seit Ende 2015 steigt es wieder an.

Um abzuschätzen, wie es um das Makro-Risiko aus dem Zustand der Realwirtschaft bestellt ist, ist folgende Überlegung hilfreich: Korreliert man wichtige US-Makrodaten miteinander, so weisen negative Korrelationskoeffizienten auf "Reibungsverluste“ in der Realwirtschaft hin. Im folgenden Chart wird das Ergebnis für die Zeitreihen PCE (persönlicher Konsum), PAYEMS (Zahl der Arbeitsplätze), INDPRO (Industrieproduktion) und DSPIC (verfügbares persönliches Einkommen) dargestellt.

Drei der sechs Korrelationen sind negativ, die anderen positiv. Im Vorfeld, erst recht in Rezessionen werden immer mehr Korrelationsergebnisse negativ. Der aktuelle Stand zeigt zumindest, dass die US-Wirtschaft keineswegs "reibungslos“ funktioniert. Die gleiche Aussage macht der aus den genannten Datenreihen gebildete Diffusionsindex, der gegenwärtig bei 38% notiert. Er zeigt in der historischen Betrachtung vor Rezessionen Tempoverlust und sinkt dann zeitnah zu deren Beginn jeweils in den Bereich unter 50%.

Die Aussage, die man zur Verfassung der US-Wirtschaft als der weltweit tonangebenden machen kann, ist die, dass sich ihre Dynamik weiter verringert. Das deckt sich auch mit der Entwicklung des Arbeitsmarktes, wie zuvor besprochen. In Zeiten geringer Wachstumsraten, überbordender Verschuldung und geringer Wachstumsraten steigt die Anfälligkeit von Real- und Finanzwirtschaft für externe Schocks.

Der S&P 500 (Chartquelle) bewegt sich seit Mitte Juli in einer engen Handelspanne zwischen 2157 und 2190 (violette Linien). Der VIX, der "Angstmesser“ an Wall Street, war gleichzeitig bis in den tiefsten Bereich seit der Finanzkrise abgesunken. Davon ist er weiterhin nicht weit entfernt. Auch hier ist die Schwankungsbereitschaft eingeschlafen. Üblicherweise folgt auf eine solche Phase ein Volatilitätsausbruch, der in der Regel mit schwächeren Kursen einher geht.

Andererseits sind schmale Rechtecke Ausdruck einer Konsolidierung, die meist in Richtung des vorherigen Trends aufgelöst wird. Das sind sich widersprechende Signale. Psychologisch bedeutsam ist "2200“ im S&P 500, ein Pegel, der beim aktuellen Stand von 2180 leicht erreichbar scheint. Darüber liegt die Oberseite des Aufwärtskanals aus 2009 (aktuell ca. 2050) - ein schon deutlich ehrgeizigeres Ziel, das mit einer Fortsetzung der Konsolidierung in immer weitere Ferne rückt.

Bei der aktuellen Chart-Situation des S&P 500 sollte man die Möglichkeit eines Fehlausbruchs über die etablierte Handelsspanne in Betracht ziehen, dem eine stärkere Korrektur folgt. Das würde auch in das saisonale Bild passen, nach dem der September häufig ein schlechter Aktienmonat ist.


Fazit:

Die US-Arbeitsmarktdaten für August geben das gewohnte Bild ab - die Dynamik beim Aufbau neuer Stellen lässt weiter nach. Auch ansonsten zeigt sich die wirtschaftliche Entwicklung eher anemisch. Insbesondere Aktien niedriger Volatilität sind mittlerweile hoch bewertet, eine Folge der niedrigen Bond-Renditen. Hier baut sich Korrekturpotenzial auf, das wegen des hohen Marktgewichts dieser Aktien auch den S&P 500 insgesamt stark tangieren kann. Der Aktienindex läuft in einer ungewohnt lange andauernden, engen Handelsspanne, die bald aufgelöst werden dürfte.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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