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Gordon Chang: Der Kollaps des Papiertigers China und seine Folgen

24.10.2016  |  Mike Gleason
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Mike Gleason: Die Informationen, die die chinesische Regierung veröffentlicht, sind ohne Zweifel stark kontrolliert. Ich glaube, ich habe erst kürzlich davon gehört, dass man in China mit einer Gefängnisstrafe oder zumindest mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen muss, wenn man die Regierungsstatistiken anzweifelt. Das steht in krassem Gegensatz zum Konzept eines freien Marktes. Was denken Sie darüber? Ich weiß, dass das schon seit geraumer Zeit so ist, aber Andersdenkende sind dort nicht gerade geschätzt, oder Gordon?

Gordon Chang: Nein, mit Sicherheit nicht. Laut dem Bericht des Wall Street Journals, auf den Sie sich gerade bezogen haben, versucht man den chinesischen Analysten auf diese Weise ein wenig positive Energie einzuflößen. Wie wir alle wissen, wurden im Juli letzten Jahres zahlreiche Formen des Tradings kriminalisiert. Sie haben viel unternommen, um den Finanzinstitutionen den Verkauf ihrer Assets zu untersagen. Sie versuchen, Marktteilnehmer und Analysten einzuschüchtern - das ist so etwas wie die letzte Zuflucht der Technokraten. Meiner Meinung nach deutet das darauf hin, dass das Ende nah ist. Ihnen gehen einfach die Lösungen aus.

Die Geld- und Währungspolitik hat nicht funktioniert. Die finanziellen Impulse verstärken das Schuldenproblem zusätzlich. Sie probieren all diese Maßnahmen aus, aber die großen Kapitalabflüsse können sie damit nicht stoppen. Diese beliefen sich Bloomberg zufolge in letzten Jahr auf bis zu 1 Billion US-Dollar. Ich glaube, die Technokraten und Führungskräfte sind verzweifelt, wissen nicht mehr, was sie tun sollen, und spielen nur noch auf Zeit. Damit machen sie die Lage nur noch schlimmer.

Im März haben wir einen enormen Anstieg des Kreditvolumens beobachtet, aber auf die Wirtschaft hatte das keinen nennenswerten Effekt. Das ist ein "Dead Panda Bounce". Ich glaube, sie wissen einfach nicht, was sie sonst mit den Leuten machen sollen, denen zum wirtschaftlichen Potential Chinas nichts Positives einfällt, also versucht die Regierung, sie ins Gefängnis zu stecken.


Mike Gleason: Ich bin neugierig: Wie sehen die Chinesen das politische System in Amerika insgesamt und was denken sie über die Regierung von Obama? Und was halten sie Ihrer Ansicht nach von Hillary Clinton und Donald Trump, da einer der beiden Kandidaten in diesem Jahr wohl die Präsidentschaftsnachfolge antreten wird? Wie ist die allgemeine Stimmung in China hinsichtlich der US-Politik?

Gordon Chang: Nun, es gibt sehr viele Chinesen, also gibt es vielleicht keine allgemeine Sichtweise. Die Kommunistische Partei steht allem Amerikanischem natürlich äußerst negativ gegenüber. Von einem autoritären System wie dem chinesischen werden sie nichts Nettes über das US-amerikanische politische System hören. Die chinesischen Menschen haben allerdings großes Interesse an den Vereinigten Staaten und sie haben Mittel und Wege, sich Informationen zu beschaffen.

Sie wissen, wie man über sie sogenannte Große Firewall klettert. Es gibt zu jeder Zeit lebhafte Diskussionen über die politischen Entwicklungen in den USA. Im Moment spricht man, wie Sie angedeutet haben, vor allem über Hillary Clinton und Donald Trump, und es scheint, als wären die Chinesen in der Frage, wen von beiden sie als nächsten Präsidenten bevorzugen würde, ziemlich gleichmäßig auf beide Lager verteilt.

Donald Trump hat in China zahlreiche Kritiker, wie man das erwarten würde, aber auch viele Unterstützer. Anfang 2008 fuhr ich mit meiner Frau in die Heimatstadt meines Vaters, weil ich wissen wollte, wie die Chinesen zu den Olympischen Spielen stehen. Aber darüber wollten sie mit uns gar nicht sprechen, sondern verspotteten diese stattdessen als "Regierungsspiele", was mich wirklich überrascht hat.

Sie wollten viel lieber über John McCain und Obama reden, und, was besonders überraschend war, darüber, wie das Prinzip der "Balance of Power", des Gleichgewichts der Kräfte, in der Verfassung der USA funktioniert. Die Menschen dort interessieren sich also wirklich für die Vereinigten Staaten als alternatives Model zum chinesischen System. Die Kommunistische Partei würde das natürlich niemals befürworten, aber ich denke, dass sich die Menschen dennoch ein größeres Mitspracherecht wünschen, und dass sie bereit sind, von anderen zu lernen. Das ist ein wichtiges Anzeichen für eine lebendige, dynamische Gesellschaft.


Mike Gleason: Die chinesische Regierung scheint ihre Bürger zum Kauf von Gold und Silber als persönliche Absicherung zu ermuntern. Findet das in der Bevölkerung Anklang? Kaufen Privatpersonen Edelmetalle, weil eine allgemeine gesellschaftliche Affinität für Gold und Silber besteht, oder richten sie sich nach den Hinweisen der Regierung? Wie schätzen Sie das ein?

Gordon Chang: Ja, ich denke die Chinesen kaufen durchaus Edelmetalle, vor allem Gold. Allerdings nicht, weil die Regierung sie dazu anhält. Meiner Ansicht nach tun sie das, weil es hinsichtlich der Währung, der Wirtschaft und auch aufgrund von Anzeichen für Konflikte innerhalb des politischen Systems viele Bedenken gibt. Also kaufen die Leute Gold. Das ist in Grunde genommen eine unproblematische Form der Kapitalflucht, denn die Chinesen können beispielsweise nicht einfach ein Unternehmen in einer Steueroase wie Panama gründen. Der Kauf von Hard Asstes ist dagegen eine Möglichkeit, wie sie ihr Vermögen schützen können, also kaufen sie Gold.

Die Chinesen haben natürlich schon seit Jahrhunderten eine gewisse Affinität für Gold, aber ich schätze, dass die Nachfrage heute viel höher ist. In China werden wirklich große Mengen Gold gekauft. Einen Teil davon erwirbt die Zentralbank, aber ein großer Teil des Goldes wird meiner Meinung nach auch von Einzelpersonen aufgekauft, die sich Sorgen darüber machen, in welche Richtung sich die Wirtschaft und das ganze Land entwickeln.


Mike Gleason: Sollten wir den Berichten der Chinesischen Volksbank über ihre Goldkäufe Glauben schenken, Gordon? Und wenn nicht, sind die offiziellen Zahlen Ihrer Ansicht nach dann eher übertrieben oder untertrieben? Wie stehen Sie zu den chinesischen Goldreserven und den Angaben, die das Land offiziell gegenüber dem Rest der Welt macht?

Gordon Chang: Die Chinesische Volksbank hat sehr lange behauptet, dass es bei den Goldbeständen des Landes keine Veränderung gab. Dann hat sie vor etwa einem Jahr plötzlich diesen enormen Anstieg gemeldet. Die Berichterstattung ist also offensichtlich ungenau und unzuverlässig. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich habe das Gefühl, dass die Regierung ihre Goldkäufe untertreibt. Ich kann Ihnen dafür keine Belege anbieten - meine Einschätzung beruht ganz einfach auf dem Eindruck, den ich vom politischen Kurs der Regierung habe. Zu welchen Zweck das geschieht, weiß ich nicht.


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