Gordon Chang: Der Kollaps des Papiertigers China und seine Folgen
24.10.2016 | Mike Gleason
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Die Leute sprechen darüber, dass der Renminbi eines Tages mit Gold gedeckt werden könnte. Ich glaube nicht, dass das wirklich zur Debatte steht, aber als der Goldpreis fiel, haben die Chinesen dennoch eine Kaufgelegenheit erkannt und ihre Goldreserven deutlich erhöht. Wir können davon ausgehen, dass das auch in Zukunft so sein wird, wenn der Goldpreis nachgibt. Unter dem Goldpreis befindet sich also praktisch ein chinesisches Auffangnetz, insbesondere aufgrund der Käufe der Zentralbank. Aber wie gesagt, auch chinesische Privatpersonen werden an den Goldmarkt strömen, wenn sie sehen, dass des gelbe Metall günstig zu haben ist.Mike Gleason: Mit der Eröffnung der Edelmetallbörse Shanghai Gold and Silber Exchange wurde eine Alternative zur New Yorker COMEX und anderen westlichen Handelsplätzen geschaffen. Letzteren wird oft vorgeworfen, dass sie viel zu stark auf Fremdfinanzierung beruhen würden, und dass die Großbanken, von denen einige in letzter Zeit Preismanipulationen eingestanden haben, zu große Kontrolle über die Märkte hätten. Investoren sollten allerdings nicht leichtsinnig davon ausgehen, dass die Shanghai Exchange nicht ihre eigenen Probleme haben wird.
Welche Folgen werden sich aus der Eröffnung der neuen Börse Ihrer Ansicht nach für die Edelmetallmärkte ergeben und was könnte die chinesische Regierung dazu bewogen haben, diesen konkurrierenden Handelsplatz einzurichten?
Gordon Chang: Ich denke, die Entscheidung für die Eröffnung der Shanghai Exchange hängt mit den Punkten zusammen, die wir vorhin bereits diskutiert haben, d. h. es handelt sich um einen allgemeinen Versuch den Renminbi zu internationalisieren und den Einfluss Chinas auf die Märkte auszuweiten. Ich bin mir wie gesagt nicht sicher, wie lange die Regierung diese Initiative weiter vorantreiben kann, weil sie ernste Probleme mit ihrer eigenen Wirtschaft hat, aber wie Sie schon sagen - die Chinesen sind langfristig denkende Strategen, also versuchen sie es trotzdem.
Meiner Meinung nach ist aktuell wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür, daher nimmt die Volatilität des Währungskurses und der Märkte auch zu. Strategisch gesehen war die Entscheidung also möglicherweise gut, taktisch gesehen kam sie allerdings exakt zur falschen Zeit.
Mike Gleason: Was ist die wichtigste Erkenntnis oder Schlussfolgerung aus all dem, Gordon? Ich weiß, dass Sie nicht nur den Zusammenbruch der chinesischen Wirtschaft und der derzeitigen Lebensweise der Chinesen, sondern einen wirklich gewaltigen Kollaps erwarten. China zählt heute zu den wichtigsten Akteuren der Weltwirtschaft, aber wenn die Blase auf eine so zerstörerische Weise platzt, wie Sie erwarten, mit welchen Folgen wäre dann zu rechnen? Und - was für unsere Leser und Zuhörer noch wichtiger ist - wie würde sich ein solcher Kollaps auf die westliche Welt und die globalen Finanzmärkte auswirken?
Gordon Chang: Im August letzten Jahres haben wir beispielsweise erlebt, wie eigentlich unwichtige Nachrichten zur chinesischen Wirtschaft, genauer gesagt die Ergebnisse einer privaten Erhebung zum Herstellungssektor, beim Dow Jones innerhalb von sechs Handelstagen zu einem Wertverlust von 2,1 Billionen Dollar führten. Sie können sich also in etwa vorstellen, wie es aussehen würde, wenn ein großer Crash in China das globale Finanzsystem und die Weltwirtschaft überrollt. China ist in Wirklichkeit nicht ganz so wichtig für die Welt, wie die meisten glauben, aber da es als so groß und bedeutend angesehen wird, wird es nichtsdestotrotz fast alles andere mit in den Abgrund reißen.
Das Wichtigste ist meiner Ansicht nach zu verstehen, welche Rolle China für die Weltwirtschaft spielt, damit wir vorbereitet sind, wenn es soweit ist. Wir wissen beispielsweise, dass der chinesische Schuldenberg mindestens viermal schneller wächst als das nominelle Bruttoinlandsprodukt - und in Wirklichkeit wahrscheinlich noch deutlich schneller als das. Das ist in keiner Weise nachhaltig. Es wird zwangsläufig eine Krise geben. Wir wissen nicht, wann das geschieht, aber eines Tages wird China nicht mehr das sein, was es heute ist.
Mike Gleason: Wie steht es um die Zukunft der Kommunistischem Partei Chinas? Ich glaube, ich habe irgendwo gelesen, dass Sie in Zukunft Massenaufstände usw. erwarten. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Gordon Chang: Ich denke nicht, dass die Kommunistische Partei die kommende Wirtschaftskrise überleben wird, da sie in den letzten 35 Jahren hauptsächlich durch die kontinuierliche Erhöhung des gesellschaftlichen Wohlstands legitimiert wurde. Ohne diesen Erfolg wird es für die Partei schwer werden. Im Moment scheinen die chinesischen Technokraten in dieser Hinsicht keine besonders gute Arbeit zu leisten. Wir erleben Auseinandersetzungen zwischen Xi Jinping, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei bzw. dem Staatsoberhaupt, und dem Ministerpräsidenten Li Keqiang, der so etwas wie der Oberbefehlshaber über die Wirtschaft sein sollte.
Das ist meiner Einschätzung nach ein Anzeichen dafür, wie sich die Dinge entwickeln könnten, wenn es in der Wirtschaft weiter bergab geht, was unvermeidlich ist. Die chinesischen Technokraten können die Gesetze der Ökonomie vielleicht vorläufig aussetzen, aber nicht abschaffen. Gewisse Anpassungen werden daher notwendig sein. Angesichts der riesigen Ungleichgewichte in China werden diese Anpassungen tiefgreifend und umfassend sein müssen und aus diesem Grund glaube ich nicht an das Überleben der Kommunistischen Partei in der nächsten Krise.
Mike Gleason: Es wird auf jeden Fall spannend sein, die weiteren Entwicklungen zu verfolgen. China bekommt, wie Sie schon sagten, viel internationale Aufmerksamkeit und falls die Wirtschaft des Landes tatsächlich in sich zusammenfällt, würde das sicherlich Schockwellen rund um den gesamten Globus senden.
Gordon, das war ein wirklich faszinierendes Gespräch. Wir haben die Entwicklungen und Ereignisse in China in letzter Zeit oft thematisiert und es war großartig, sie mit einem Experten wie Ihnen diskutieren zu können. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Buch und würden uns freuen, Sie in Zukunft erneut als Gast für ein Interview begrüßen zu dürfen. Nochmals vielen Dank und ein wunderbares Wochenende!
Gordon Chang: Vielen Dank Michael.
© Mike Gleason
Money Metals Exchange
Der Artikel wurde am 14. Oktober 2016 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.