Der Einfluss der Globalisierung auf die Inflationsrate
20.08.2006 | Robert Rethfeld
Die Aussage "Globalisierung dämpft die Inflationsrate", ist eine weit verbreitete Ansicht. Harte Fakten dafür sind jedoch selten zu bekommen. Der Ende Mai ausgeschiedene EZB-Direktor Otmar Issing wird in einem Bericht der "Zeit" vom 1. Juni dafür kritisiert, dass er dem Einfluss der Globalisierung auf die Inflation zu wenig Bedeutung beigemessen hat.
Und auch FED Governeur Kohn hat in einer am 16. Juni gehaltenen Rede zugeben müssen, dass die Einflüsse der Globalisierung noch zu wenig erforscht sind. Kohn macht in seiner Rede wenigstens den Versuch, diese Auswirkungen zu erfassen. Er geht davon aus, dass die US-Importpreise durch den Effekt der Globalisierung seit Mitte der 90er Jahre um 1 bis 1,5 Prozent geringer gewachsen sind als die US-Kerninflationsrate. Damit sei die US-Kerninflationsrate um ein halbes bis ein Prozent geringer gestiegen, als das ohne Globalisierung der Fall gewesen wäre. Kohn bezieht sich deshalb auf die Kerninflationsrate (Normale Inflationsrate ohne Lebensmittel und Energie), weil sie nach Meinung der FED den realen Einfluss der Inflation auf die US-Wirtschaft besser widerspiegelt als die normale Inflationsrate.
Die Kerninflationsrate beträgt in den USA derzeit 2,6 Prozent. Rechnet man den Einfluss der Globalisierung heraus, käme man auf 3,1 bis 3,6 Prozent. Rechnet man dann noch den vom US-Büro für Arbeitsmarktstatistiken seit Ende der 90er Jahre verwendeten so genannten „hedonistischen“ Faktor heraus (Inflationsverringerung aufgrund von angeblichen Qualitätssteigerungen), so sollte sich die Kerninflationsrate aktuell zwischen 3,6 und 4,1 Prozent bewegen. Der hedonistische Faktor reduziert die offizielle US-Inflationsrate schätzungsweise um etwa 1 Prozent (siehe u.a. Schätzungen von Bill Gross von Pimco). Unter Herausrechnung beider Effekte würde sich die Kerninflationsrate auf einem Niveau befinden, das den Level von Ende der 80er/ Anfang der 90er Jahre widerspiegelt (blauer Kreis nächster Chart).
Doch ist diese Schlussfolgerung nicht rein hypothetisch? Schließlich ist die Globalisierung nicht wegzudiskutieren. Und doch lässt sich daraus eine wichtige Erkenntnis ableiten: Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Inflationsspitzen, die sich an den Märkten zur Mitte und zum Ende der 70er Jahre gebildet hatten, sich in diesem Jahrzehnt in gleichem Maße in den Charts reflektieren.
Dieser Effekt erklärt auch, warum der Goldpreis um so viel stärker gestiegen ist als die offizielle US-Inflationsrate.
Im Umkehrschluss ergibt sich das folgende Szenario: Die Inflationsrate scheint (bereinigt durch den dämpfenden Einfluss der Globalisierung und des hedonistischen Effekts) durchaus einen Punkt erreicht zu haben, der einen Inflationspeak zum jetzigen Zeitpunkt rechtfertigt. Eine Abschwächung der Inflationsrate von jetzt an dürfte angesichts der negativen US-Zinsstrukturkurve mit der Erwartung einer Rezession in den USA spätestens im Jahr 2007 verbunden sein.
Insgesamt hat sich die „Inflationsspanne“ durch diese Einflüsse deutlich nach unten verlagert. Damit steigt die Gefahr, dass es in einer Rezession zu einer deutlicheren Deflation kommt, als das bei früheren Rezessionen der Fall war.
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.
Und auch FED Governeur Kohn hat in einer am 16. Juni gehaltenen Rede zugeben müssen, dass die Einflüsse der Globalisierung noch zu wenig erforscht sind. Kohn macht in seiner Rede wenigstens den Versuch, diese Auswirkungen zu erfassen. Er geht davon aus, dass die US-Importpreise durch den Effekt der Globalisierung seit Mitte der 90er Jahre um 1 bis 1,5 Prozent geringer gewachsen sind als die US-Kerninflationsrate. Damit sei die US-Kerninflationsrate um ein halbes bis ein Prozent geringer gestiegen, als das ohne Globalisierung der Fall gewesen wäre. Kohn bezieht sich deshalb auf die Kerninflationsrate (Normale Inflationsrate ohne Lebensmittel und Energie), weil sie nach Meinung der FED den realen Einfluss der Inflation auf die US-Wirtschaft besser widerspiegelt als die normale Inflationsrate.
Die Kerninflationsrate beträgt in den USA derzeit 2,6 Prozent. Rechnet man den Einfluss der Globalisierung heraus, käme man auf 3,1 bis 3,6 Prozent. Rechnet man dann noch den vom US-Büro für Arbeitsmarktstatistiken seit Ende der 90er Jahre verwendeten so genannten „hedonistischen“ Faktor heraus (Inflationsverringerung aufgrund von angeblichen Qualitätssteigerungen), so sollte sich die Kerninflationsrate aktuell zwischen 3,6 und 4,1 Prozent bewegen. Der hedonistische Faktor reduziert die offizielle US-Inflationsrate schätzungsweise um etwa 1 Prozent (siehe u.a. Schätzungen von Bill Gross von Pimco). Unter Herausrechnung beider Effekte würde sich die Kerninflationsrate auf einem Niveau befinden, das den Level von Ende der 80er/ Anfang der 90er Jahre widerspiegelt (blauer Kreis nächster Chart).
Doch ist diese Schlussfolgerung nicht rein hypothetisch? Schließlich ist die Globalisierung nicht wegzudiskutieren. Und doch lässt sich daraus eine wichtige Erkenntnis ableiten: Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Inflationsspitzen, die sich an den Märkten zur Mitte und zum Ende der 70er Jahre gebildet hatten, sich in diesem Jahrzehnt in gleichem Maße in den Charts reflektieren.
Dieser Effekt erklärt auch, warum der Goldpreis um so viel stärker gestiegen ist als die offizielle US-Inflationsrate.
Im Umkehrschluss ergibt sich das folgende Szenario: Die Inflationsrate scheint (bereinigt durch den dämpfenden Einfluss der Globalisierung und des hedonistischen Effekts) durchaus einen Punkt erreicht zu haben, der einen Inflationspeak zum jetzigen Zeitpunkt rechtfertigt. Eine Abschwächung der Inflationsrate von jetzt an dürfte angesichts der negativen US-Zinsstrukturkurve mit der Erwartung einer Rezession in den USA spätestens im Jahr 2007 verbunden sein.
Insgesamt hat sich die „Inflationsspanne“ durch diese Einflüsse deutlich nach unten verlagert. Damit steigt die Gefahr, dass es in einer Rezession zu einer deutlicheren Deflation kommt, als das bei früheren Rezessionen der Fall war.
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