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Aktien-Absturz - aber warum?

06.11.2016  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Die Profitmargen sinken seit dem zweiten Quartal 2015. Im vierten Quartal 2015 erreichte der Sinkflug im Jahresvergleich eine Abnahme der Margen um 20%. Dieser Pegel wurde auch vor früheren Rezessionen erreicht, bei den drei jüngsten dauerte es von diesem Punkt aus jeweils sechs bis neun Monate bis zum Start (Chartquelle, h/t Colin Twiggs).

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Überhaupt ist schwer vorstellbar, wie sich das KGV bei sinkenden Margen auf dem erreichten Niveau halten kann. Die folgende Gegenüberstellung zeigt, dass in den zurückliegenden 30 Jahren jedesmal dann im Kontext einer Rezession ein starker Kurseinbruch drohte, wenn die Profitmarge (nach vorstehendem Chart) und der Gewinn je Aktie (Earnings per Share nach Shiller - CAPE) zu lange und zu weit auseinanderdrifteten.

Besonders ausgeprägt war das zwischen Ende 1996 und 2000 der Fall, aber auch ab Mitte 2006 ging die Schere ziemlich plötzlich auf. In der Rezession von 1990 blieb der Spread hingegen relativ gering, die Kursreaktion war ebenfalls verhalten. Seit 2015 divergieren beide Zeitreihen erneut, ihr Abstand ist jetzt etwa so groß wie Ende 2007.

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Dies mag ein weiterer Baustein in der Erkenntnis sein, dass der Bull-Run in die Jahre kommt und die wirtschaftliche Entwicklung weder die Masse, noch die Marge an Profiten abwirft, die nötig wären, um das erreichte Kursniveau bei Aktien auf Dauer zu rechtfertigen.

Der aktuelle US-Arbeitsmarktbericht unterstreicht, dass die Schaffung neuer Jobs erlahmt. Zwar gab es für die Vormonate noch eine markante Aufwärtsrevision, aber die Zahl der neuen Arbeitsplätze im non-farm-Bereich kam für Oktober unter den Erwartungen herein. Im Jahresvergleich betrug der Zuwachs 1,7%, was hinsichtlich des längerfristigen Trends neutral ist, aber auch noch einen deutlichen Sicherheitsabstand gegenüber der Marke von 1% ausweist, bei der die jüngsten drei Rezessionen jeweils begannen.

Die Stundenlöhne im privaten Sektor stiegen um 2,8%, das ist der höchste Wert seit der jüngsten Rezession. Das ist gut und schlecht zugleich. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, tangiert das einerseits über steigende Lohnkosten die Profitmargen der Unternehmen. Andererseits schafft das mehr kaufkräftige Nachfrage, was über die Umsätze der Unternehmen die Profitmasse steigern kann. Gelingt es den Firmen dann auch noch, die Preise anzuheben, würde das auch den sinkenden Margen entgegenwirken.

Die Spekulation auf ein Ende der Gewinn-Rezession ist abgeschlossen, die Neuigkeit ist verkauft worden. Jetzt muss eine neue Spekulations-Sau durchs Dorf getrieben werden (wenn es noch eine gibt…).

Damit wäre ich wieder bei dem zeitweiligen Ausweg aus der Klemme eines in die Jahre gekommenden Konjunkturzyklus: Inflation. Die Fed gab sich zuletzt in dieser Hinsicht zuversichtlich. Dann kann die Inflationsillusion ja kommen, aber nur, wenn die Rohstoffpreise und insbesondere die Ölpreise erneut die Richtung nach oben favorisieren. Und dann dürften auch die Aktienkurse noch einmal Aufwind bekommen - Trump hin, Clinton her.


Fazit.

Wenn Aktien-Bullen im in die Jahre gekommenen Bull-Run noch eine Chance haben, dann die Spekulation auf Inflation. Das ist mit einigen "wenn und aber“ behaftet, ich weiß. Aber mir scheint ein solches Szenario, getragen von einer Echo-Bubble bei Rohstoffen und insbesondere bei Öl zurzeit noch am wahrscheinlichsten. Der zuletzt gesehene Kurseinbruch bei Aktien wäre dann ein Sprungbrett und nicht schon die Kellertür.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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