Gold: Warum Fundamentaldaten wichtiger sind als kurzfristige Profite
09.11.2016 | Claudio Grass
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Nun, nach Angaben der Citigroup würde "ein Sieg von Trump einen Anstieg der Volatilität an den Gold- und Devisenmärkten mit sich bringen." Für diesen Fall beschreiben die Analysten ein bullisches Szenario, im dem der Goldkurs im vierten Quartal 2016 bis auf 1.425 USD steigt. Wenn der Basisfall eines Wahlsieges von Hillary Clinton eintritt, könnte das bedeuten, dass die Fed mehr Unterstützung für eine Straffung der Geldpolitik erhält, oder dass der Status Quo zumindest bestehen bleibt. Beide Szenarien sind mittel- bis langfristig positiv für Gold.Abgesehen von der Wahl in den USA drohen in diesem Jahr noch weitere potentielle Risiken, auch wenn diese es nicht bis in die internationalen Überschriften der Mainstreampresse schaffen. Russland beispielsweise strebt eine Abkehr vom US-Dollar an und hat beschlossen, sich durch die Einführung einer unabhängigen nationalen Währung vom Dollar-basierten Währungssystem zu lösen. Auf diese Weise soll die strauchelnde russische Wirtschaft gestützt und die Nachfrage nach dem Rubel angekurbelt werden.
Russland geht diesen Schritt mit der Unterstützung Chinas, dessen Währung am 1. Oktober in den Währungskorb des Sonderziehungsrechts (SZR) des Internationalen Währungsfonds aufgenommen wurde. Durch den Aufstieg des Yuan in die Reihen der Reservewährungen steht die chinesische Währung nun auf einer Stufe mit dem US-Dollar, dem Euro, dem Yen und dem britischen Pfund. Für China ist dieses Ereignis ein Meilenstein: Zum einen wird das Land damit als Weltwirtschaftsmacht anerkannt, zum anderen werden auch die Zentralbanken beginnen, ihren Reserven die in Yuan ausgegeben Anleihen hinzuzufügen, die China nun emittieren wird.
Da verschiedene Alternativen mittlerweile an den internationalen Märkten verfügbar sind, könnte es sein, dass die Nachfrage nach Dollaranleihen künftig schwindet. Infolgedessen werden die Dollars selbst nicht mehr aus den Vereinigten Staaten herausfließen und stattdessen dort einen Anstieg der Inflationsrate verursachen. Im Zuge dieser Entwicklungen wird der Druck auf die US-Währung letztlich zunehmen und die Federal Reserve wird sich den Luxus, nach Gutdünken Geld zu drucken, nicht mehr leisten können.
Ein schwächerer Dollar wäre zudem ein Auslöser für den Anstieg der Edelmetallnachfrage, welche wiederum der Goldhausse weiteren Auftrieb geben würde. Jüngste Daten deuten zwar auf Kursgewinne des Dollars und einen dementsprechenden, leichten Rückgang der Goldpreise hin, doch wir sollten uns nicht auf kurzfristige Schwankungen dieser Art konzentrieren, sondern den Blick weiter in die Zukunft richten und den langfristigen Trend im Auge behalten.
Peak-Gold bis zum Jahr 2019
Wenn wir über Gold und die Nachfrage nach dem Edelmetall sprechen, müssen wir auch die andere Seite der Gleichung betrachten - das Angebot. Die Goldbranche leidet seit einiger Zeit unter Versorgungsengpässen. Das Fördermaximum der Goldproduktion könnte durchaus schon in naher Zukunft erreicht werden. Nach Angaben von Mark Bristow, dem CEO des Bergbauunternehmens Randgold Resources, wird die Goldproduktion womöglich schon innerhalb der nächsten drei Jahre ihr absolutes Maximum erreichen, da es den Minengesellschaften nicht gelingt, ihre Reserven zu erneuern.
Wie der folgende Chart zeigt, sind die Engpässe das Ergebnis von Budgeteinsparungen in der Bergbaubranche und einem Mangel an neuen Entdeckungen. Zudem sind viele Unternehmen dazu übergegangen, zuerst das Rohmaterial mit den höchsten Edelmetallgehalten zu fördern, um kurzfristig höhere Gewinne zu erzielen. Dies kann Bristow zufolge jedoch dazu führen, dass sich die Lebensdauer einer Mine verkürzt. Barrick Gold Corp., der weltweit größte Goldproduzent, hat im zweiten Quartal 2016 7% weniger Gold gewonnen als Vorjahr. Auch AngloGold Ashanti Ltd., das drittgrößte Goldunternehmen, musste im ersten Halbjahr 2016 verglichen mit 2015 einen Rückgang der Produktionsleistung um 12% verzeichnen.
Das große Ganze: Gold als Notfallplan
Meiner Ansicht nach könnte das Bild nicht eindeutiger sein: Wir sind im Teufelskreis einer Geldpolitik gefangen, die nicht zu den gewünschten Ergebnissen führt. Wenn man sich mit den Marktfaktoren, der geopolitischen Lage und dem Goldangebot beschäftigt, kommt unweigerlich die Frage auf, warum die Entscheidungsträger dieser Abwärtsspirale kein Ende setzen. Die einfache Antwort lautet: um die Kontrolle zu behalten. Wie sonst könnten die Zentralbanken die "Notwendigkeit" niedriger Zinsen und des Druckens von immer mehr Geld rechtfertigen?