Sanfte oder harte Landung?
27.08.2006 | Robert Rethfeld
Eine der großen Fragen, die Analysten derzeit bewegt, ist die nach einer sanften oder harten Landung der US-Wirtschaft. Eine harte Landung wäre gleichbedeutend mit einer Rezession, eine sanfte Landung würde lediglich zu einer temporären Abkühlung des Wirtschaftswachstums führen. Die Debatten darüber werden lauter. Eine gute Zusammenfassung der derzeitigen Situation ist hier nachzulesen: www.businesscycle.com
In den Jahren 1997 bis 2000 proklamierten die "New-Economy"-Protagonisten den Tod des Konjunkturzyklus und auch die Inflation schien für ewig von der Bildfläche verschwunden zu sein. Mit der Rezession in 2001 sowie dem anschließenden Anstieg der Rohstoffpreise wurden sie in beiden Fällen eines besseren belehrt.
Aktuell setzt Merrill Lynch die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA auf 40 Prozent. Zu keinem Zeitpunkt seit der letzten Rezession waren die Merrill Lynch-Analysten derart pessimistisch. Die Analysten vom "Economic Cycle Research Institute (ECRI)", die die Rezessionen 1990/91 und 2001 korrekt vorausgesagt hatten, wollen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen.
Wir bei Wellenreiter-Invest interessieren uns in erster Linie für die potentiellen Reaktionen der Börsen auf eine Rezession, nicht so sehr für die Rezession selbst. Die letzten beiden Rezessionen in den USA fanden 1990/91 und 2001 statt. Damals wurden die Aktienmärkte deutlich in Mitleidenschaft gezogen. Während es 1990 zu einer kurzen, aber schmerzhaften Reaktion kam, die preislich, nicht aber zeitlich als Bärenmarkt bezeichnet werden kann, war die Reaktion in 2001 und auch noch in 2002 weitaus größer. Über den Daumen gepeilt lässt sich sagen, dass harte Landungen in den USA regelmäßig mit einem Verlust an den Aktienmärkten von zwanzig Prozent oder mehr verbunden sind.
Der Faktor mit dem aktuell höchsten Aufmerksamkeitsgrad gilt dem "Platzen" der US-Immobilienblase. Der folgende Chart zeigt die Anzahl der privaten US-Baugenehmigungen seit dem Jahr 1970.
Man erkennt, dass der Hausbaumarkt bis 1990 ein zyklischer Markt war. Aufgrund der seit 15 Jahren andauernden Expansion (schwarzer Pfeil) hätte man auch hier zu dem Schluss kommen können, dass der Konjunkturzyklus für den US-Immobilienmarkt tot ist. Die jüngsten Zahlen legen jedoch nahe, dass die Expansion Ende 2005 geendet hat. Die Heftigkeit des Rückgangs der Zahl der Baugenehmigungen lässt auf ein Mehrjahrestop im US-Immobilienmarkt schliessen.
Wie wirkt sich ein solcher Rückgang üblicherweise auf den US-Aktienmarkt aus? Der nächste Chart zeigt, dass der Aktienmarkt 1973/74 in Übereinstimmung mit dem Immobilienmarkt fiel.
Von Mitte 1978 bis Mitte 1982 kontrahierte der Immobilienmarkt, während der Dow Jones Index seitwärts/abwärts lief. Eine positive Ausnahme bildete der Zeitraum von 1986 bis 1989. Hier stieg der Dow Jones Index nominal, obwohl die Zahl der Baugenehmigungen fiel. In diesen Zeitraum fiel allerdings der Crash von 1987. (Anmerkung: Den inflationsbereinigten Chart habe ich allein wegen der besseren Darstellbarkeit gewählt).
Man kann demnach mit Fug und Recht behaupten, dass ein fallender US-Immobilienmarkt die US-Aktienmärkte regelmäßig vor Probleme stellt. Wir nehmen an, dass die nächsten 15 Monate raue Wellenbewegungen an den Aktienmärkten bringen werden. Dies zeigt auch ein Chart, den ich am vergangenen Donnerstag in der ARD-Sendung "Börse im Ersten" kurz vor der 20:00h Tagesschau vorgestellt habe.
Danach werden in der ersten Dekade eines Jahrhunderts Euphorien, die vor einer Jahrhundertwende entstanden sind, ausgeglichen. Dieser Ausgleichsprozess geschieht auf ähnliche Art und Weise: Die Dekade beginnt schwach und steigt dann vom 2er- bzw. 3er-Jahr bis zum 6er-Jahr an. Anschließend kommt es zu einem heftigen Rückschlag, der Ende des 7er-/ Anfang des 8er-Jahres zu einer großen Kaufgelegenheit führt.
Interessant ist auch die folgende Aussage, die sich ebenfalls auf den Dow Jones Index bezieht: Die Dekade von 2000 bis 2010 notiert in der Performance-Rangfolge aller Dekaden seit 1900 aktuell an vorletzter Stelle (gleichauf mit der Dekade von 1910 bis 1920 und nur noch unterboten von der Depressions-Dekade der 30er Jahre). Wir haben es demnach mit einer stark unterdurchschnittlichen Dekade zu tun. Aus einer solchen Position heraus hat es bisher keine Dekade geschafft, sich zum Ende hin noch auf vordere Plätze zu schieben. Die bisher besten Dekaden (die 20er, 50er, 80er und 90er Jahre) waren in ihrem 6er-Jahr bereits deutlich weiter als die aktuelle Dekade im Jahr 2006.
Fazit: Wir gehen davon aus, dass den US-Aktienmärkten unabhängig davon, ob sich tatsächlich eine Rezession einstellt oder nicht, in den kommenden 15 Monaten eine ruppige Zeit mit steilen Abwärtsbewegungen, aber auch hektischen Erholungsphasen bevorsteht. Die Tendenz sollte jedoch mehr abwärts als seitwärts sein. Eine ruhige, längerfristige Aufwärtsphase sollte sich erst Ende 2007/ Anfang 2008 einstellen.
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.
In den Jahren 1997 bis 2000 proklamierten die "New-Economy"-Protagonisten den Tod des Konjunkturzyklus und auch die Inflation schien für ewig von der Bildfläche verschwunden zu sein. Mit der Rezession in 2001 sowie dem anschließenden Anstieg der Rohstoffpreise wurden sie in beiden Fällen eines besseren belehrt.
Aktuell setzt Merrill Lynch die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA auf 40 Prozent. Zu keinem Zeitpunkt seit der letzten Rezession waren die Merrill Lynch-Analysten derart pessimistisch. Die Analysten vom "Economic Cycle Research Institute (ECRI)", die die Rezessionen 1990/91 und 2001 korrekt vorausgesagt hatten, wollen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festlegen.
Wir bei Wellenreiter-Invest interessieren uns in erster Linie für die potentiellen Reaktionen der Börsen auf eine Rezession, nicht so sehr für die Rezession selbst. Die letzten beiden Rezessionen in den USA fanden 1990/91 und 2001 statt. Damals wurden die Aktienmärkte deutlich in Mitleidenschaft gezogen. Während es 1990 zu einer kurzen, aber schmerzhaften Reaktion kam, die preislich, nicht aber zeitlich als Bärenmarkt bezeichnet werden kann, war die Reaktion in 2001 und auch noch in 2002 weitaus größer. Über den Daumen gepeilt lässt sich sagen, dass harte Landungen in den USA regelmäßig mit einem Verlust an den Aktienmärkten von zwanzig Prozent oder mehr verbunden sind.
Der Faktor mit dem aktuell höchsten Aufmerksamkeitsgrad gilt dem "Platzen" der US-Immobilienblase. Der folgende Chart zeigt die Anzahl der privaten US-Baugenehmigungen seit dem Jahr 1970.
Man erkennt, dass der Hausbaumarkt bis 1990 ein zyklischer Markt war. Aufgrund der seit 15 Jahren andauernden Expansion (schwarzer Pfeil) hätte man auch hier zu dem Schluss kommen können, dass der Konjunkturzyklus für den US-Immobilienmarkt tot ist. Die jüngsten Zahlen legen jedoch nahe, dass die Expansion Ende 2005 geendet hat. Die Heftigkeit des Rückgangs der Zahl der Baugenehmigungen lässt auf ein Mehrjahrestop im US-Immobilienmarkt schliessen.
Wie wirkt sich ein solcher Rückgang üblicherweise auf den US-Aktienmarkt aus? Der nächste Chart zeigt, dass der Aktienmarkt 1973/74 in Übereinstimmung mit dem Immobilienmarkt fiel.
Von Mitte 1978 bis Mitte 1982 kontrahierte der Immobilienmarkt, während der Dow Jones Index seitwärts/abwärts lief. Eine positive Ausnahme bildete der Zeitraum von 1986 bis 1989. Hier stieg der Dow Jones Index nominal, obwohl die Zahl der Baugenehmigungen fiel. In diesen Zeitraum fiel allerdings der Crash von 1987. (Anmerkung: Den inflationsbereinigten Chart habe ich allein wegen der besseren Darstellbarkeit gewählt).
Man kann demnach mit Fug und Recht behaupten, dass ein fallender US-Immobilienmarkt die US-Aktienmärkte regelmäßig vor Probleme stellt. Wir nehmen an, dass die nächsten 15 Monate raue Wellenbewegungen an den Aktienmärkten bringen werden. Dies zeigt auch ein Chart, den ich am vergangenen Donnerstag in der ARD-Sendung "Börse im Ersten" kurz vor der 20:00h Tagesschau vorgestellt habe.
Danach werden in der ersten Dekade eines Jahrhunderts Euphorien, die vor einer Jahrhundertwende entstanden sind, ausgeglichen. Dieser Ausgleichsprozess geschieht auf ähnliche Art und Weise: Die Dekade beginnt schwach und steigt dann vom 2er- bzw. 3er-Jahr bis zum 6er-Jahr an. Anschließend kommt es zu einem heftigen Rückschlag, der Ende des 7er-/ Anfang des 8er-Jahres zu einer großen Kaufgelegenheit führt.
Interessant ist auch die folgende Aussage, die sich ebenfalls auf den Dow Jones Index bezieht: Die Dekade von 2000 bis 2010 notiert in der Performance-Rangfolge aller Dekaden seit 1900 aktuell an vorletzter Stelle (gleichauf mit der Dekade von 1910 bis 1920 und nur noch unterboten von der Depressions-Dekade der 30er Jahre). Wir haben es demnach mit einer stark unterdurchschnittlichen Dekade zu tun. Aus einer solchen Position heraus hat es bisher keine Dekade geschafft, sich zum Ende hin noch auf vordere Plätze zu schieben. Die bisher besten Dekaden (die 20er, 50er, 80er und 90er Jahre) waren in ihrem 6er-Jahr bereits deutlich weiter als die aktuelle Dekade im Jahr 2006.
Fazit: Wir gehen davon aus, dass den US-Aktienmärkten unabhängig davon, ob sich tatsächlich eine Rezession einstellt oder nicht, in den kommenden 15 Monaten eine ruppige Zeit mit steilen Abwärtsbewegungen, aber auch hektischen Erholungsphasen bevorsteht. Die Tendenz sollte jedoch mehr abwärts als seitwärts sein. Eine ruhige, längerfristige Aufwärtsphase sollte sich erst Ende 2007/ Anfang 2008 einstellen.
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.