Der Stinkefinger-Trade
24.11.2016 | Smart Investor
Indische "Bargeldreform“ - Regierung erklärt eigenes Geld für ungültig
Die indische "Bargeldreform“, die entsprechend der Theorie des Bombenwurfs durchgeführt wurde - schlagartig und ohne jede Vorankündigung.
Tatsächlich blieb auch kaum ein Stein auf dem anderen, als die beiden größten Geldscheine, der 500-Rupien- und der 1.000-Rupien-Schein, über Nacht für ungültig erklärt wurden - wir sprechen über Geldscheine im Wert von knapp sieben bzw. knapp 14 Euro. Der indische Premier Modi rechtfertigte diesen Handstreich mit einem "Krieg gegen Schwarzgeld“.
Erst gestern bekräftigte er, dass weitere Maßnahmen folgen werden. Nun ist die indische Volkswirtschaft eine Bargeldwirtschaft. Weit über 95% der Bezahlvorgänge werden bar abgewickelt. Die Maßnahme traf also nicht eine kleine Minderheit finsterer Gesellen, sondern die indische Gesellschaft in voller Breite.
Gerade auf dem Land ist Bargeld schon deshalb alternativlos, weil das Bankenfilialnetz dünn ist und viele Landbewohner entsprechend gar kein Bankkonto haben. Sollten also wirklich nur einige wenige getroffen werden, dann war die Sache unglaublich dilettantisch gemacht. Zwar ist die Mischung aus Macht und Dilettantismus historisch belegbar explosiv, andererseits sollte man auch andere, nicht ganz so offensichtliche Erklärungen nicht vorschnell ausschließen.
Plan oder Kollateralschaden?
Natürlich sollte die indische Regierung die Eckdaten ihrer Wirtschaft kennen. Und wie wohl man die Notwendigkeit der Maßnahme mit "dem „Krieg gegen Schwarzgeld“ begründete, könnten die Kollateralschäden gar nicht so unbeabsichtigt sein, wie das jetzt kommuniziert wird.
Bislang geben in Indien nämlich nur unter 5% der Bevölkerung überhaupt eine Steuererklärung ab. Das ist für jene ein Problem, die auf die eine oder andere Art von Steuergeldern leben - beispielsweise die Politik. Auch, dass nun diejenigen, die gar keine Kontoverbindung haben, erst einmal gebissen sind, kann durchaus gewollt sein. Denn nur über ein Konto kann man die für ungültig erklärten Geldscheine doch noch in Guthaben tauschen - vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um "Schwarzgeld“.
Möglicherweise soll die indische Wirtschaft, die bislang in weiten Teilen eine reine Bargeldwirtschaft ist, also brachial zu einer Kontenwirtschaft umgeformt werden. Vielleicht werden also auch bald die Inder mit einem "Recht“ auf ein eigenes Bankkonto beglückt werden?!
Dass der Hass der vielen tatsächlich Betroffenen aus der armen Landbevölkerung gegen die "reichen Schwarzgeldbesitzer“ gelenkt wird, entspricht dem Prinzip "Teile und Herrsche“, dessen sich die Politik ja weltweit bedient. Zumindest fügt sich dieser Versuchsballon nahtlos in den globalen "War on Cash“. Nun also auch Indien.
Was der Großvater noch wusste
Denn auch das Beharren der Regierung auf der "Reform“ geht weit über die übliche Halsstarrigkeit von Politikern hinaus. Denn die Maßnahme an sich ist bereits hoch riskant. Papiergeld beruht alleine auf dem Vertrauen der Geldnutzer. Wie könnte man dieses Vertrauen nachhaltiger zerstören, als dadurch, dass man dieses Geld in einer Nacht- und Nebelaktion für ungültig erklärt?!
Jeder, der hierbei Verluste erlitten hat - und es gibt in vielen Ländern für hochanständige Bürger viele gute Gründe Bargeld zu halten -, wird nach Möglichkeiten und Wegen suchen, dass ihm das Gleiche zumindest nicht noch einmal passiert. Vertrauen kann buchstäblich in einer Nacht zerstört werden. Besonders ein Vertrauen, das ohnehin nicht gerechtfertigt ist, wie dasjenige in Papiergeld oder dasjenige in eine Regierung.
Eine Demokratie lebt ja geradezu davon, dass die Schritte der Regierung mit Argusaugen verfolgt werden, auch wenn Regierungen selbst das gerne anders sehen wollen. Man kann also davon ausgehen, dass diese Willkürmaßnahme noch mindestens eine Generation im kollektiven Gedächtnis der Inder präsent bleiben wird. Womöglich werden das die heute junge Menschen später einmal als Großeltern noch ihren Enkeln erzählen - und natürlich spätestens dann ungläubiges Staunen ernten: "Mei, der Opa halt.“
Ein neuer Trade wird geboren
An dieser Stelle kommt Gold ins Spiel. Im Moment, da die Inder erst einmal eines Großteils ihrer Barschaft beraubt wurden, fehlen ihnen wohl die Mittel, um kräftig Gold zu kaufen, was auch eine Erklärung für den Einbruch der Feinunze sein könnte. Dennoch sind die Inder dem gelben Metall traditionell zugetan. Besonders zur Hochzeitssaison steigt die Nachfrage, wofür sich der hübsche Begriff des "Love Trades“ etabliert hat. Im Westen dagegen wird Gold vor allem als Absicherung gegen befürchtete Krisen gesehen - der "Fear Trade“.
Nach der kalten Bargeldenteignung könnte in Indien allerdings ein neues Motiv hinzukommen, das wir einfach mal den "Stinkefinger-Trade“ nennen. Menschen sind lernfähige Wesen und das könnte im Falle Indiens heißen, dass man künftig vorzugsweise nur noch kleine Geldscheine hält und überschüssige Liquidität rasch in Gold tauschen wird. Die Nachfrage könnte also perspektivisch sogar höher werden als vor der Maßnahme. Wasser fließt eben nach unten, egal was die Partei sagt.
Die indische "Bargeldreform“, die entsprechend der Theorie des Bombenwurfs durchgeführt wurde - schlagartig und ohne jede Vorankündigung.
Tatsächlich blieb auch kaum ein Stein auf dem anderen, als die beiden größten Geldscheine, der 500-Rupien- und der 1.000-Rupien-Schein, über Nacht für ungültig erklärt wurden - wir sprechen über Geldscheine im Wert von knapp sieben bzw. knapp 14 Euro. Der indische Premier Modi rechtfertigte diesen Handstreich mit einem "Krieg gegen Schwarzgeld“.
Erst gestern bekräftigte er, dass weitere Maßnahmen folgen werden. Nun ist die indische Volkswirtschaft eine Bargeldwirtschaft. Weit über 95% der Bezahlvorgänge werden bar abgewickelt. Die Maßnahme traf also nicht eine kleine Minderheit finsterer Gesellen, sondern die indische Gesellschaft in voller Breite.
Gerade auf dem Land ist Bargeld schon deshalb alternativlos, weil das Bankenfilialnetz dünn ist und viele Landbewohner entsprechend gar kein Bankkonto haben. Sollten also wirklich nur einige wenige getroffen werden, dann war die Sache unglaublich dilettantisch gemacht. Zwar ist die Mischung aus Macht und Dilettantismus historisch belegbar explosiv, andererseits sollte man auch andere, nicht ganz so offensichtliche Erklärungen nicht vorschnell ausschließen.
Plan oder Kollateralschaden?
Natürlich sollte die indische Regierung die Eckdaten ihrer Wirtschaft kennen. Und wie wohl man die Notwendigkeit der Maßnahme mit "dem „Krieg gegen Schwarzgeld“ begründete, könnten die Kollateralschäden gar nicht so unbeabsichtigt sein, wie das jetzt kommuniziert wird.
Bislang geben in Indien nämlich nur unter 5% der Bevölkerung überhaupt eine Steuererklärung ab. Das ist für jene ein Problem, die auf die eine oder andere Art von Steuergeldern leben - beispielsweise die Politik. Auch, dass nun diejenigen, die gar keine Kontoverbindung haben, erst einmal gebissen sind, kann durchaus gewollt sein. Denn nur über ein Konto kann man die für ungültig erklärten Geldscheine doch noch in Guthaben tauschen - vorausgesetzt, es handelt sich dabei nicht um "Schwarzgeld“.
Möglicherweise soll die indische Wirtschaft, die bislang in weiten Teilen eine reine Bargeldwirtschaft ist, also brachial zu einer Kontenwirtschaft umgeformt werden. Vielleicht werden also auch bald die Inder mit einem "Recht“ auf ein eigenes Bankkonto beglückt werden?!
Dass der Hass der vielen tatsächlich Betroffenen aus der armen Landbevölkerung gegen die "reichen Schwarzgeldbesitzer“ gelenkt wird, entspricht dem Prinzip "Teile und Herrsche“, dessen sich die Politik ja weltweit bedient. Zumindest fügt sich dieser Versuchsballon nahtlos in den globalen "War on Cash“. Nun also auch Indien.
Was der Großvater noch wusste
Denn auch das Beharren der Regierung auf der "Reform“ geht weit über die übliche Halsstarrigkeit von Politikern hinaus. Denn die Maßnahme an sich ist bereits hoch riskant. Papiergeld beruht alleine auf dem Vertrauen der Geldnutzer. Wie könnte man dieses Vertrauen nachhaltiger zerstören, als dadurch, dass man dieses Geld in einer Nacht- und Nebelaktion für ungültig erklärt?!
Jeder, der hierbei Verluste erlitten hat - und es gibt in vielen Ländern für hochanständige Bürger viele gute Gründe Bargeld zu halten -, wird nach Möglichkeiten und Wegen suchen, dass ihm das Gleiche zumindest nicht noch einmal passiert. Vertrauen kann buchstäblich in einer Nacht zerstört werden. Besonders ein Vertrauen, das ohnehin nicht gerechtfertigt ist, wie dasjenige in Papiergeld oder dasjenige in eine Regierung.
Eine Demokratie lebt ja geradezu davon, dass die Schritte der Regierung mit Argusaugen verfolgt werden, auch wenn Regierungen selbst das gerne anders sehen wollen. Man kann also davon ausgehen, dass diese Willkürmaßnahme noch mindestens eine Generation im kollektiven Gedächtnis der Inder präsent bleiben wird. Womöglich werden das die heute junge Menschen später einmal als Großeltern noch ihren Enkeln erzählen - und natürlich spätestens dann ungläubiges Staunen ernten: "Mei, der Opa halt.“
Ein neuer Trade wird geboren
An dieser Stelle kommt Gold ins Spiel. Im Moment, da die Inder erst einmal eines Großteils ihrer Barschaft beraubt wurden, fehlen ihnen wohl die Mittel, um kräftig Gold zu kaufen, was auch eine Erklärung für den Einbruch der Feinunze sein könnte. Dennoch sind die Inder dem gelben Metall traditionell zugetan. Besonders zur Hochzeitssaison steigt die Nachfrage, wofür sich der hübsche Begriff des "Love Trades“ etabliert hat. Im Westen dagegen wird Gold vor allem als Absicherung gegen befürchtete Krisen gesehen - der "Fear Trade“.
Nach der kalten Bargeldenteignung könnte in Indien allerdings ein neues Motiv hinzukommen, das wir einfach mal den "Stinkefinger-Trade“ nennen. Menschen sind lernfähige Wesen und das könnte im Falle Indiens heißen, dass man künftig vorzugsweise nur noch kleine Geldscheine hält und überschüssige Liquidität rasch in Gold tauschen wird. Die Nachfrage könnte also perspektivisch sogar höher werden als vor der Maßnahme. Wasser fließt eben nach unten, egal was die Partei sagt.