Wohin gehst Du, bella Italia…
10.12.2016 | Dr. Dietmar Siebholz
Die italienische Bevölkerung hat entschieden, aber über was und mit welchen Ergebnissen und Folgen?
Der gute Matteo Renzi hat mit der Drohung mit seinem Rücktritt Druck machen wollen und nun steht er vor der Entscheidung, macht er nun seine Drohung wahr oder nicht. Keine ideale Ausgangsposition für die italienische Politik. Wenn man seine Reformvorstellungen von außen betrachtet, sehen diese ganz vernünftig aus. Mein Gesprächspartner in Italien (Dr. Dietmar B.) mag mir verzeihen, aber ich fand diese Gedanken nicht falsch, in dem völlig verkrusteten italienischen Politikgebäude etwas Ordnung zu machen, Ineffizientes zu entfernen oder zu teils ersetzen.
Er hat nur den falschen Zeitpunkt gewählt, so wie es auch der unglückliche Mr. Cameron getan hatte. Denn Italien ist müde, von der Korruption ermattet, von Bankenkrisen und deren direkten Folgen bei den Bankkunden wie Selbstmorde bei den durch die Bankpleiten verarmten Sparer erschüttert. Und da fordert der Ministerpräsident zur Reform des Systems ein Ja und droht mit dem Rücktritt.
Hätte er den Mut gehabt, die Italien wirklich quälenden Strukturen anzugreifen, wären ihm mehr Italiener gefolgt. Nun bleibt ihm die Qual der Wahl, sein Gesichts zu verlieren oder halbherzig seinen Auftrag weiterzuführen; allerdings mit der festen Aussicht, zu verlieren. Zynisch gesehen könnte man ihm raten, doch bald zurückzutreten, denn es warten ja nicht nur die hohen Pensionen, sondern sicherlich auch irgendwelche Lobbyaufträge von der korrupten Kastenordnung Italiens auf ihn.
Was aber heißt das für Europa und für Deutschland? Lassen Sie erst einmal zu Europa Stellung nehmen.
Nehmen wir als Antwort auf diese Frage doch die Handlungen der Brüsseler Eliten. Denn man soll ja (nach den Erfahrungen mit Nixon und seinem inzwischen weltbekannten Satz "Read my lips“ - besser war es ja immer, eher auf die Hände als auf die Lippen zu sehen) mehr das Handeln als das Sprechen bei einer Bewertung oder Entscheidung zu berücksichtigen. Einige haben offenbar gar nichts mitbekommen, also "Business as usual“ oder besser gesagt "Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf“.
Wichtiger ist jedoch, dass man das Verhalten von Herrn Junckers und Herrn Schulz analysiert und das gibt Hoffnung; denn beide tun etwas, was ich nicht von Ihnen erwartet hätte: Sie bemühen sich um neue Freunde oder um neue Jobs. Die Hoffnung kann nur darin bestehen, dass dann die alte Nomenklatura verschwindet und neue Kräfte in die oberen Etagen einziehen. Das kann aber nur geschehen, wenn es erdrutschartige Entwicklungen gibt und die sind erst in 2017 zu erwarten; also verschieben wir erst einmal die Hoffnungen bis zu den kommenden Wahlen.
Ich habe ja einige Zeit in Australien verbracht und da konnte ich meine dortigen Partner immer mit dem Hinweis verblüffen, manchmal auch verärgern, dass die dortige Bevölkerung nachweislich zu mehr als 20 % von den von England ausgangs des 18. Jahrhunderts nach dem damals noch Neu-Holland genannten Australien deportierten Strafgefangenen abstammt. Anders als in Australien, wo auf diesen historischen Wurzeln fußend, ein selbstbewusstes, aktives und offenes Volk entstanden ist, haben die nach Brüssel deportierten Politiker es meiner Meinung nach nicht geschafft, was die Australier realisiert haben. Schade. Nun suchen Sie eine neue Wirkungsstätte. Wie gut, dass ich das schon vor einiger Zeit erahnt habe.
Nach bekannten physikalischen Gesetzen behält ja ein sich in Bewegung befindlicher Körper seine Bewegung solange bei, bis ihn eine stärkere Kraft an der Fortsetzung hindert. Kurz gesagt, es muss schon eine starke Kraft kommen, um hier ein Ausmisten des Augiasstalls Brüssel zu erreichen. Oder um es netter zu sagen (nach Wilhelm Busch): "von des Armes Muskelkraft wird Pater Filuzio wirbelartig fortgeschafft“. Bei dem Sitzfleisch der dortigen Bürokraten sollte diese Kraft besonders nachhaltig sein. Ich glaube nicht daran, aber wir werden es ja sehen.
Ein kurzer Rückgriff in meine Historie sei erlaubt. Ich habe nur zwei Erfahrungen mit Brüssel gemacht und die dürften - wenn man sie verallgemeinern kann (ich meine ja) - aufklärend sein.
1. Bei unserem 44-jährigen Abiturtreffen in Berlin im Jahre 2005 trafen wir einen lieben und angenehmen Klassenkameraden, der das Abitur nicht mehr erreicht hatte und der berichtete, er habe eine sehr gut dotierte Position in Brüssel, die er trotz fehlenden Abis und auch ohne Studium erreichen konnte. Er brüstete sich mit der Erklärung, seine Nettobezüge seien im Vergleich zu Deutschland etwa bei dem 2,2-Fachen gelegen, er sei seit dem 60.ten Lebensjahr pensioniert und könne nur mit Mitleid auf seine alten Klassenkumpels herabsehen. Gut, das konnte ein bisschen Prahlen gewesen sein. Das Argument Nummer 2 bestätigt aber genau diese Fakten.
2. Ich habe in den Jahren 1994 bis 2002 einige Patentanträge sowohl für Deutschland als auch für die EU gestellt. Beide Patentämter (also das Deutsche und das Europäische Patentamt) befinden sich in München. Das Europäische war immer wesentlich schneller. Auf die Frage bei den deutschen Kollegen wurde mir die Antwort zuteil: "Kein Wunder, von uns gehen vielen Fachleute mit fliegenden Fahnen ins Europäische, wir sind völlig unterbesetzt, denn dort wird fast das Doppelte wie beim Deutschen Patentamt bezahlt“.
Muss ich Ihnen erklären, wie sich Brüssel seine treuen Ausführenden sichert? Und wie es seine Rechtsposition gegen die Nationen, die Brüssel finanzieren, ausspielt? Warten wir ab, wie Brüssel das Jahr 2017 überlebt. Ich habe meine Hoffnungen noch nicht begraben, dass diese schöne Stadt einmal viel weniger Bürokraten beheimaten wird.
Nun zurück zu Deutschland. Sind wir uns eigentlich im Klaren darüber, was das Referendum in Italien für uns bedeuten kann? Denken wir einmal drei Schritte voraus.
Schritt 1. Renzi ist zurückgetreten; es wird eine (im Prinzip handlungsunfähige) Zwischenlösung geben. Dadurch wird die Lage in Italien selbst nur noch verschlimmert.
Schritt 2: Ob diese Zwischenlösung die virulenten Bankenprobleme lösen kann, wage ich zu bezweifeln, weil ja die alten Strukturen nicht entmachtet wurden, die das System dort darstellen.
Schritt 3: Es kommt zu Neuwahlen und eine Koalition von "5-Sterne-Bewegung", Lega Nord" und anderen Kräften, die unter anderem auch einen Ausstieg aus dem Euro fordern, übernimmt das Ruder.
Der gute Matteo Renzi hat mit der Drohung mit seinem Rücktritt Druck machen wollen und nun steht er vor der Entscheidung, macht er nun seine Drohung wahr oder nicht. Keine ideale Ausgangsposition für die italienische Politik. Wenn man seine Reformvorstellungen von außen betrachtet, sehen diese ganz vernünftig aus. Mein Gesprächspartner in Italien (Dr. Dietmar B.) mag mir verzeihen, aber ich fand diese Gedanken nicht falsch, in dem völlig verkrusteten italienischen Politikgebäude etwas Ordnung zu machen, Ineffizientes zu entfernen oder zu teils ersetzen.
Er hat nur den falschen Zeitpunkt gewählt, so wie es auch der unglückliche Mr. Cameron getan hatte. Denn Italien ist müde, von der Korruption ermattet, von Bankenkrisen und deren direkten Folgen bei den Bankkunden wie Selbstmorde bei den durch die Bankpleiten verarmten Sparer erschüttert. Und da fordert der Ministerpräsident zur Reform des Systems ein Ja und droht mit dem Rücktritt.
Hätte er den Mut gehabt, die Italien wirklich quälenden Strukturen anzugreifen, wären ihm mehr Italiener gefolgt. Nun bleibt ihm die Qual der Wahl, sein Gesichts zu verlieren oder halbherzig seinen Auftrag weiterzuführen; allerdings mit der festen Aussicht, zu verlieren. Zynisch gesehen könnte man ihm raten, doch bald zurückzutreten, denn es warten ja nicht nur die hohen Pensionen, sondern sicherlich auch irgendwelche Lobbyaufträge von der korrupten Kastenordnung Italiens auf ihn.
Was aber heißt das für Europa und für Deutschland? Lassen Sie erst einmal zu Europa Stellung nehmen.
Nehmen wir als Antwort auf diese Frage doch die Handlungen der Brüsseler Eliten. Denn man soll ja (nach den Erfahrungen mit Nixon und seinem inzwischen weltbekannten Satz "Read my lips“ - besser war es ja immer, eher auf die Hände als auf die Lippen zu sehen) mehr das Handeln als das Sprechen bei einer Bewertung oder Entscheidung zu berücksichtigen. Einige haben offenbar gar nichts mitbekommen, also "Business as usual“ oder besser gesagt "Den Sozialismus in seinem Lauf, halten weder Ochs noch Esel auf“.
Wichtiger ist jedoch, dass man das Verhalten von Herrn Junckers und Herrn Schulz analysiert und das gibt Hoffnung; denn beide tun etwas, was ich nicht von Ihnen erwartet hätte: Sie bemühen sich um neue Freunde oder um neue Jobs. Die Hoffnung kann nur darin bestehen, dass dann die alte Nomenklatura verschwindet und neue Kräfte in die oberen Etagen einziehen. Das kann aber nur geschehen, wenn es erdrutschartige Entwicklungen gibt und die sind erst in 2017 zu erwarten; also verschieben wir erst einmal die Hoffnungen bis zu den kommenden Wahlen.
Ich habe ja einige Zeit in Australien verbracht und da konnte ich meine dortigen Partner immer mit dem Hinweis verblüffen, manchmal auch verärgern, dass die dortige Bevölkerung nachweislich zu mehr als 20 % von den von England ausgangs des 18. Jahrhunderts nach dem damals noch Neu-Holland genannten Australien deportierten Strafgefangenen abstammt. Anders als in Australien, wo auf diesen historischen Wurzeln fußend, ein selbstbewusstes, aktives und offenes Volk entstanden ist, haben die nach Brüssel deportierten Politiker es meiner Meinung nach nicht geschafft, was die Australier realisiert haben. Schade. Nun suchen Sie eine neue Wirkungsstätte. Wie gut, dass ich das schon vor einiger Zeit erahnt habe.
Nach bekannten physikalischen Gesetzen behält ja ein sich in Bewegung befindlicher Körper seine Bewegung solange bei, bis ihn eine stärkere Kraft an der Fortsetzung hindert. Kurz gesagt, es muss schon eine starke Kraft kommen, um hier ein Ausmisten des Augiasstalls Brüssel zu erreichen. Oder um es netter zu sagen (nach Wilhelm Busch): "von des Armes Muskelkraft wird Pater Filuzio wirbelartig fortgeschafft“. Bei dem Sitzfleisch der dortigen Bürokraten sollte diese Kraft besonders nachhaltig sein. Ich glaube nicht daran, aber wir werden es ja sehen.
Ein kurzer Rückgriff in meine Historie sei erlaubt. Ich habe nur zwei Erfahrungen mit Brüssel gemacht und die dürften - wenn man sie verallgemeinern kann (ich meine ja) - aufklärend sein.
1. Bei unserem 44-jährigen Abiturtreffen in Berlin im Jahre 2005 trafen wir einen lieben und angenehmen Klassenkameraden, der das Abitur nicht mehr erreicht hatte und der berichtete, er habe eine sehr gut dotierte Position in Brüssel, die er trotz fehlenden Abis und auch ohne Studium erreichen konnte. Er brüstete sich mit der Erklärung, seine Nettobezüge seien im Vergleich zu Deutschland etwa bei dem 2,2-Fachen gelegen, er sei seit dem 60.ten Lebensjahr pensioniert und könne nur mit Mitleid auf seine alten Klassenkumpels herabsehen. Gut, das konnte ein bisschen Prahlen gewesen sein. Das Argument Nummer 2 bestätigt aber genau diese Fakten.
2. Ich habe in den Jahren 1994 bis 2002 einige Patentanträge sowohl für Deutschland als auch für die EU gestellt. Beide Patentämter (also das Deutsche und das Europäische Patentamt) befinden sich in München. Das Europäische war immer wesentlich schneller. Auf die Frage bei den deutschen Kollegen wurde mir die Antwort zuteil: "Kein Wunder, von uns gehen vielen Fachleute mit fliegenden Fahnen ins Europäische, wir sind völlig unterbesetzt, denn dort wird fast das Doppelte wie beim Deutschen Patentamt bezahlt“.
Muss ich Ihnen erklären, wie sich Brüssel seine treuen Ausführenden sichert? Und wie es seine Rechtsposition gegen die Nationen, die Brüssel finanzieren, ausspielt? Warten wir ab, wie Brüssel das Jahr 2017 überlebt. Ich habe meine Hoffnungen noch nicht begraben, dass diese schöne Stadt einmal viel weniger Bürokraten beheimaten wird.
Nun zurück zu Deutschland. Sind wir uns eigentlich im Klaren darüber, was das Referendum in Italien für uns bedeuten kann? Denken wir einmal drei Schritte voraus.
Schritt 1. Renzi ist zurückgetreten; es wird eine (im Prinzip handlungsunfähige) Zwischenlösung geben. Dadurch wird die Lage in Italien selbst nur noch verschlimmert.
Schritt 2: Ob diese Zwischenlösung die virulenten Bankenprobleme lösen kann, wage ich zu bezweifeln, weil ja die alten Strukturen nicht entmachtet wurden, die das System dort darstellen.
Schritt 3: Es kommt zu Neuwahlen und eine Koalition von "5-Sterne-Bewegung", Lega Nord" und anderen Kräften, die unter anderem auch einen Ausstieg aus dem Euro fordern, übernimmt das Ruder.