Edelmetallprognose 2017
11.01.2017 | Martina Fischer
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Zum einen wird das politische Klima weiterhin für hohe Nachfrage nach "sicheren Häfen" sorgen. So dauern zahlreiche geopolitische Krisen an, es gibt Wahlen in mindestens zwei Kernländern der EU, sowie Brexit Verhandlungen und ungelöste Schuldenprobleme. Auch die Innen- und Außenpolitik Trumps ist sicherlich für negative Überraschungen gut. Insbesondere das Erreichen der Schuldenobergrenze und hohe Budgetdefizit in den USA, haben das Potenzial dem US-Dollar wieder Vertrauen zu entziehen und die Metalle zu beflügeln, ähnlich wie in 2011 als die Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagenturen herabgestuft wurde und Silber bis auf 49 $/oz stieg. Zum anderen dürfte die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen durch die Federal Reserve Bank (Fed) mit zwei bis drei Erhöhungen moderat bleiben und die Inflation gemäß Markterwartungen deutlich anziehen. Daraus ergibt sich ein positives Gesamtumfeld für Metalle im Allgemeinen und für industriell genutzte Edelmetalle wie Silber im Speziellen. Der physische Markt befand sich im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge im Defizit und wird dieses voraussichtlich auch in 2017 beibehalten. Die Ausbringung aus Minen verringerte sich vergangenes Jahr erstmals seit 12 Jahren und wird sich voraussichtlich noch weiter reduzieren. Dies geht auf Minenschließungen und Förderreduktionen zurück, bedingt durch niedrige Basismetallpreise und Unwirtschaftlichkeit. Die Recyclingmengen werden vermutlich aufgrund des immer noch relativ niedrigen Preises auf reduziertem Vorjahresniveau bleiben.
Auf der Nachfrageseite erwarten wir wie in 2016 weiter solide Zuflüsse in ETFs. Im Gegensatz zur europäischen Nachfrage (+14%), verringerte sich jedoch die globale Nachfrage nach Barren, Münzen und Schmuck in 2016. Im Hinblick auf die guten Konjunkturerwartungen in den USA, das optimistische Verbrauchervertrauen in China und die wertorientierte Nachfrage in Indien, dürfte diese aber wieder in 2017 anziehen. Die industrielle Nachfrage im Photovoltaik Bereich erreichte einen neuen Rekordstand in 2016 und wird aufgrund des weltweiten Ausbaus an erneuerbaren Energien auch im neuen Jahr weiter steigen und den Silberpreis unterstützen, selbst wenn sich die US-Nachfrage unter Trump reduzieren sollte.
Charttechnisch erwarten wir spätestens im zweiten Halbjahr den Ausbruch nach oben aus dem seit Juli 2016 währenden Abwärtstrend und eine Handelsspanne zwischen 15 $/oz und 23 $/oz.
Platin mit Angebotsüberhang
Nach dem 7-Jahres-Tief im Januar konnte Platin im vergangenen Jahr temporär eine deutliche Erholung verzeichnen. Nach Preisen von unter 900 $/oz wurde im August ein Jahreshöchstwert von 1.193 $/oz erreicht. Die Goldpreisentwicklung, sowie der starke US-Dollar, die im Dezember den Preis bis auf nahe 900 $/oz absinken ließen, dürften auch im laufenden Jahr über die Angebots- und Nachfrageseite hinaus prägende Treiber sein.
Der Emissionsskandal sowie Diskussionen über die Zukunft des Verbrennungsmotors hatten im abgelaufenen Jahr nur wenig bis keine Auswirkung auf die Platinnachfrage aus der Automobilindustrie. Dies dürfte sich aber ändern. Im wichtigen europäischen Markt ist der Dieselanteil bei den Neuzulassungen bereits 2016 unter 50% gefallen - Tendenz weiter fallend. Das CAR Institut (Center Automotive Research) geht mittlerweile von einem Diesel Marktanteil von unter 40% Ende des Jahres 2017 aus. Diskussionen über die eingeschränkte Nutzung von Dieselfahrzeugen in großen Städten verstärken diesen Trend.
Die zweite wichtige Nachfragesäule für Platin, die Schmuckindustrie, gibt derzeit auch wenig Anlass zu Optimismus. Im wichtigsten Markt China ist die Nachfrage 2016 um ca. 20% gefallen. Die weiter wachsende Nachfrage aus dem indischen Schmuckmarkt konnte den Rückgang nicht kompensieren. Die globale Nachfrage aus dem Schmuckbereich dürfte sich auf dem nun tieferen Niveau allerdings stabilisieren und ab 2017 und in den Folgejahren wieder im einstelligen% Bereich wachsen.
Der Verbrauch in den anderen industriellen Anwendungen, der sich über die Chemie- und Petrochemie, sowie die Elektro-, Glas- und Medizinindustrie erstreckt, verzeichnete kaum Veränderungen. Die einzelnen Segmente in diesem Bereich sind zu unbedeutend, um entscheidende Impulse auf die Preisentwicklung zu geben.
Auf der Angebotsseite haben mehrjährige Verträge bei den Lohnverhandlungen in der südafrikanischen Platinindustrie das Risiko möglicher Versorgungsengpässe durch Streiks in 2017 praktisch ausgeschaltet. Beim gegenwärtigen Preisniveau von zwischen 900 und 1.000 $/oz sind mehr als 30 t (ca. 1 Mio. ozs) von insgesamt ca. 135 t (ca. 4,4 Mio. ozs) der primären Platinproduktion in Südafrika nicht mehr profitabel. Insgesamt dürfte daher im laufenden Jahr mit einer leicht sinkenden Platinproduktion in Südafrika zu rechnen sein, was mittelfristig den Preis wieder stützen könnte. Der hohe Dieselanteil beim europäischen Fahrzeugbestand, der nun zum Ende des Lebenszyklus kommt, wird zu einem weiteren Zuwachs von Recyclingmengen führen.
Die Erwartungen auf eine weitere Abwertung des Südafrikanischen Rand und den damit verbunden höheren Verkaufspreisen für die Produzenten sind eher mittelfristig orientiert und kommen in unserem Prognosezeitraum eher nicht zum Tragen. Den Einfluss von Investoren sehen wir begrenzt. Die fundamentalen Daten geben zum einen kaum Anreiz für neue Engagements, während zum anderen die Liquidation von Longpositionen beim gegenwärtigen Preisniveau wenig attraktiv erscheint.
Insgesamt ist bei einem stabilen Angebot und einer sinkenden Nachfrage für 2017 erneut ein leichter Angebotsüberhang zu erwarten. Bei der Einschätzung des Platinpreises müssen wir den Blick zusätzlich auf die Entwicklung des Goldpreises sowie den aktuell erstarkten US-Dollar richten und erwarten daher für Platin eine Bandbreite von 820 $/oz bis 1.050 $/oz, bei einem Durchschnitt von 950 $/oz.
Palladium: Hohes Preisniveau muss 2017 verteidigt werden
Das von uns bereits in der vergangenen Prognose erwartete Preispotenzial von Palladium hat sich früher als erwartet eingestellt. Nach einer enttäuschenden Entwicklung in 2015 startete Palladium in 2016 mit Preisen von unter 500 $/oz. Umso beachtlicher war dann der Aufstieg des Edelmetalls mit einem deutlichen Wertzuwachs, der in der Spitze $ 780/oz Ende November erreichte. In mehreren Wellen arbeitete sich Palladium nach oben: Zunächst im Frühjahr bis rund 640 $/oz, nach einer Pause im Sommer dann auf etwa 700 $/oz. Der temporäre Abwärtstrend im Herbst wurde dann mit dem Trump-Sieg bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen beendet und einen vorübergehenden Aufschwung bis fast 780 $/oz initiiert. Ob dieses Niveau in 2017 gehalten werden kann, hängt von diversen Einflussfaktoren ab.